Deutsche Bahn und Lufthansa Wie erkläre ich meinen Kunden Preisaufschläge, ohne sie zu vergraulen?

Die bekanntesten deutschen Reiseunternehmen erhöhen ihre Preise. Quelle: imago images

Der Management-Moment der Woche und was sich daraus lernen lässt: Lufthansa und Deutsche Bahn verlangen schon bald mehr Geld von Reisenden – und verweisen auf Kostensteigerungen. Nehmen die Kunden ihnen die Begründungen ab?

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Das ist passiert

Zug- und Flugreisen werden teurer. Der Lufthansa-Konzern hat angekündigt, seine Ticketpreise ab 2025 deutlich anzuheben. Und auch bei der Deutschen Bahn ist das wohl unumgänglich. Beide Konzerne begründen dies damit, dass sie steigende Kosten an die Verbraucher weitergeben müssten. Die Fluggesellschaft muss investieren, um Umweltauflagen der EU einzuhalten. Ein Langstreckenflug kostet bald 72 Euro mehr. Kostentreiber für die Bahn sind die Trassenpreise, die bezahlen muss, wer die Gleise nutzt. Und da diese Preise wohl weiter anziehen, bekommen das die Reisenden zu spüren.

Das können Sie daraus lernen

Wie sie die teureren Tickets rechtfertigen, müssen sich Unternehmen wie die Lufthansa oder die Bahn gut überlegen. Die Grundvoraussetzungen sind aus Alexander Dyskins Sicht Transparenz, Offenheit – und eine nachvollziehbare Begründung. So haben „alle Industrien die Inflation genutzt, um Erhöhungen durchzusetzen“, sagt der Reiseexperte der Unternehmensberatung Simon-Kucher. Das erscheint Verbrauchern logisch – und lässt Unternehmen sogar noch Spielraum, die Preise stärker anzuheben als notwendig.

Doch nicht immer sind die Gründe für Preiserhöhungen so naheliegend. Auf drei Punkte kommt es bei der richtigen Kommunikation an.

1. Persönlichen Nutzen für den Kunden betonen

Ein Produkt muss seinen Zweck erfüllen. Ein Flugzeug soll die Passagiere pünktlich von A nach B bringen, der Zug von B nach C. Wenn der Kunde versteht, ein Produkt kostet jetzt mehr, aber es bringt ihm etwas, ist er laut Dyskin eher bereit, die Erhöhung mitzutragen. Ein überarbeitetes Produkt könnte etwa Zeit sparen.

Cornelia Schön ist Managementprofessorin an der Universität Mannheim und verweist auf ein Beispiel aus den USA: Die Autoversicherung Root bietet besseren Fahrern bessere Raten. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten differenziert die Versicherung ihre Preise nicht nach demografischen Daten, Bildung oder Beruf. Stattdessen bietet es den Fahrern eine Smartphone-App, die ihr tägliches Verhalten am Steuer misst. Basierend darauf wird ein individueller Sicherheitswert berechnet, aus dem die jeweilige Prämie entsteht. „Dieser Preisansatz signalisiert: Jeder Kunde hat es selbst in der Hand, wie teuer seine Versicherung wird“, betont Schön.



Ein Preis hängt jedoch von vielen Faktoren ab – und manchmal bleibt der Kundennutzen dabei auf der Strecke: Kosten, Konkurrenzangebote, Kapazitätsbeschränkungen – Schön sagt: „Aufgrund der Komplexität, die hinter Preisentscheidungen stecken kann, ist es nicht immer einfach, sie Außenstehenden gut zu erklären.“ Unternehmen sollten also hervorheben, was ein bestimmter Preis den Kunden bringt.

2. Vorsicht mit dem Öko-Argument

„Niemand kauft eine Tafel Schokolade mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen von Landwirten an der Elfenbeinküste zu verbessern“, schreiben Frédéric Dalsace und Goutham Challagalla vom International Institute for Management Development in Lausanne in einem gerade veröffentlichten Beitrag im „Harvard Business Manager“. Menschen hätten schlicht Lust auf etwas Süßes, so die Autoren. Viele Unternehmen überschätzten, wie groß der Wunsch von Kunden nach nachhaltigen Produkten wirklich ist.

In einer noch unveröffentlichten Umfrage von Simon-Kucher über Reisetrends 2024 kam heraus, dass zwar 68 Prozent über Nachhaltigkeit nachdenken, aber nur 18 Prozent dieses Kriterium für entscheidungsrelevant bei der Reiseplanung halten. Die Lufthansa hat in ihrem Buchungssystem eine freiwillige Klimaabgabe integriert, die Reisende zahlen können. Doch nur vier Prozent der Passagiere nutzen sie auch.

Dalsace und Challagalla empfehlen, genau zu schauen, wer für das Öko-Argument empfänglich ist und Kunden in Gruppen einzuteilen: in die Überzeugten, die Agnostiker und die Ungläubigen. Die Überzeugten legen Wert auf Nachhaltigkeit, sind womöglich sogar bereit, Abstriche bei der Leistung zu machen – und mehr zu bezahlen. Die Agnostiker legen schon einen gewissen Wert auf Nachhaltigkeit, greifen allerdings nur dann zu nachhaltigen Produkten, wenn sie keine (großen) Abstriche bei Leistung oder Preis machen müssen. Den Ungläubigen ist Nachhaltigkeit egal. Vielleicht sind sie ihr gegenüber sogar skeptisch eingestellt.

Laut Ifo-Institut planten zuletzt mehr Firmen Preiserhöhungen. Die Inflationsrate sinkt aber. Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Es hängt also sehr stark davon ab, wen man eigentlich anspricht. Dalsace und Challagalla arbeiten mit dem deutschen Industriekonzern Gea: Europäische Abnehmer zahlen eher höhere Preise für nachhaltigere Anlagen als asiatische und amerikanische, die weniger Wert auf Nachhaltigkeit legen. Und in Asien und Amerika keine Kunden zu verprellen, zielt Geas Botschaft dort stärker darauf ab, wie kosteneffizient etwa der geringere Energie- und Wasserverbrauch ist.

Wenn sich ein neuer Nachhaltigkeitsvorteil auf einfache Weise mit einem herkömmlichen Produktvorteil verbinden lässt, akzeptieren Konsumenten höhere Preise eher. Ein reines ökologisches Gewissen reicht als Anreiz meist nicht aus.

3. Die Preise nicht komplett dem Computer überlassen

Gerade in der Reisebranche verändern sich Preise dauernd, je nach Tageszeit, Nachfrage, Wetter. Das Manko der Algorithmen, die dies austarieren: Sie haben kein Gefühl für Maß und Mitte. Unternehmen, sagt Cornelia Schön von der Universität Mannheim, sollten „bestrebt sein, dass die Preiswahrnehmung fair bleibt“.

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Eines der bekanntesten Beispiele für so eine Preisübertreibung ist Uber. Während eines Terroranschlags auf der London Bridge vor gut sieben Jahren sorgten Algorithmen des Fahrdienstvermittlers dafür, dass er unmittelbar nach den Anschlägen ein Vielfaches seiner Standardtarife verlangte. Die Nachfrage durch Menschen, die vom Tatort fliehen wollten, war wesentlich größer als die Anzahl der verfügbaren Autos. „Solche Preissteigerungen werden natürlich zurecht als sehr unfair empfunden und müssen kontrolliert werden“, betont Schön.

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