Krankmeldungen Jeder zweite Chef findet Blaumachen okay

Phänomen Blaumachen – reine Faulheit oder strukturelles Problem? Quelle: Getty Images

Ausgerechnet Führungskräfte melden sich besonders oft grundlos krank – und finden das in Ordnung, wie eine Umfrage zeigt. Die gibt auch Hinweise darauf, warum die Chefs im Recht sein könnten. 

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Mehr als ein Drittel der Beschäftigten hat schon einmal blaugemacht. Das zeigt eine aktuelle Befragung des E-Learning-Anbieters Pinktum unter mehr als 1000 Beschäftigten in Deutschland. Dabei sind es keineswegs nur die einfachen Angestellten, die sich der Arbeit entziehen – bei ihnen liegt der Anteil der Blaumacher bei 28 Prozent. Dagegen geben mehr als 40 Prozent der Führungskräfte an, sich schon einmal krankgemeldet zu haben, obwohl sie arbeitsfähig gewesen wären.

Die meisten tun dies offenbar ohne schlechtes Gewissen: Knapp 50 Prozent der Befragten mit Führungsverantwortung findet Blaumachen okay. Von den Mitarbeitern sagt das nicht einmal jeder Dritte. Auch beim Gang zum Arzt sind die Chefs besonders entspannt: Nur gut die Hälfte von ihnen kostet es Überwindung, sich krankschreiben zu lassen. Und rund 40 Prozent geben an, dass ihre Bereitschaft gestiegen sei, sich bereits bei leichten Beschwerden krankschreiben zu lassen. Auch in dieser Hinsicht sind einfache Beschäftigte laut der Umfrage deutlich strenger mit sich selbst.

Aber woran liegt es, dass Blaumachen vor allem Chefsache ist? Laut der Umfrage jedenfalls nicht an der Belastung: Der Anteil der Befragten, die ihre Arbeit als hart empfinden, ist bei Beschäftigten mit und ohne Führungsverantwortung etwa gleich hoch. Die einfachen Mitarbeiter fühlen sich sogar stärker ausgelaugt: Mehr als 60 Prozent von ihnen gibt an, heute weniger Kraft zu haben als noch vor drei Jahren. Und gut die Hälfte fühlt sich generell erschöpft – beide Werte sind bei den Chefs niedriger. 

Viele Chefs finden Blaumachen fair

Stattdessen legt die Umfrage für Pinktum-Chef Joachim Pawlik einen anderen Schluss nahe: In den Krisen der vergangenen vier Jahre habe das Topmanagement in vielen Firmen den Ton angegeben – und dabei die mittlere Führungsebene aus den Augen verloren, meint Pawlik. „Das mittlere Management hat die geringsten Freiheitsgrade und den höchsten Druck.“ Während sich viele Unternehmen bemühten, die einfachen Angestellten zu motivieren, denke über die Führungskräfte kaum einer nach.

Die Umfrageergebnisse passen zu dieser Interpretation: Der Aussage: „Ob ich da bin oder nicht, macht bei der Arbeit sowieso wenig Unterschied“ stimmten 36 Prozent der Führungskräfte zu – von den übrigen Beschäftigten gerade einmal 17 Prozent. Ebenfalls 36 Prozent der Chefs fanden sich in folgendem Satz wieder: „Ich frage mich oft, wofür soll ich noch zur Arbeit gehen, wenn doch sowieso alles bergab geht.“ Zugleich fühlen sich viele Führungskräfte offenbar nicht gut genug bezahlt: Rund die Hälfte von ihnen findet es im Hinblick auf ihren Verdienst fair, sich gelegentlich eine Auszeit zu nehmen.

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Pinktum-Chef Joachim Pawlik ist angesichts der Ergebnisse alarmiert – und glaubt, dass die Umfrage unter den Führungskräften beim nächsten Mal noch schlimmer ausfallen könnte, wenn Unternehmen nichts dagegen unternähmen. „Wenn sich Führungskräfte häufig krankmelden, müssen Unternehmen das als Hilferuf annehmen und offen thematisieren.“ Die Antwort könne aber nicht in moralischen Appellen oder gar Sanktionen bestehen, sondern nur in einer Veränderung der Unternehmenskultur: „Nach Jahren der Krise müssen Unternehmen jetzt wieder in den Normalmodus finden und die Gemeinschaft im Management stärken.“

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