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Börsenwoche 456: Editorial Aktien aus Schwellenländern bleiben ein Problemfall

China schwächelt und Indien ist teuer. Auch der Rest birgt große Risiken. Anleger sollten besser wenig von Schwellenländeraktien erwarten. Ein Kommentar.

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Auf den Schwellenländern lagen einst die Hoffnungen vieler Anleger. Im Jahr 2007 konnte mit Aktien aus sogenannten „Emerging Markets“ viel Optimismus verbreitet werden. Der meistbeachtete Index für Schwellenländeraktien, der MSCI Emerging Markets, hatte sich innerhalb von vier Jahren im Wert verfünffacht. Nach der Finanzkrise war dann das Vertrauen in die Märkte der Industrieländer kaputt – und die Zukunft sollte erst recht den Schwellenländern gehören. Die BRIC-Staaten waren in aller Munde: Brasilien, Russland, Indien und China.

Beliebt waren auch die Thesen von David F. Swensen, der erfolgreich mehrere Jahrzehnte das milliardenschwere Stiftungsvermögen der angesehenen Yale Universität verwaltete. Seine guten Ergebnisse führte er in seinem Bestseller „Erfolgreich investieren“ auch auf seine Vorliebe für Schwellenländeraktien zurück.

Herzstück der BörsenWoche sind zwei Musterdepots, bei denen die Geldanlage auf eigene Faust im Vordergrund steht.

Bloß geht diese Strategie schon lange nicht mehr auf. Der MSCI Emerging Markets ist heute ein Viertel weniger wert als 2007. Auch wenn in den nächsten Jahren die Renditen passabel ausfallen, sind bald zwei Jahrzehnte Stagnation die derzeitige Zwischenbilanz der Schwellenländeraktien. In den letzten 30 Jahren hat sich der Index gerade einmal verdoppelt. Der amerikanische Aktienmarkt ist im selben Zeitraum zehnmal wertvoller geworden.

Zeit für ein Comeback? Tatsächlich sind die Schwellenländer vergleichsweise günstig. Ihre Aktienmärkte haben ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 16 und bieten drei Prozent Dividendenrendite. Industrieländer hingegen stehen bei einem KGV von 22 und werfen nur zwei Prozent Dividendenrendite ab.

Schneller schlau: Diese Bilanzbegriffe sollten Sie kennen

Eine Wette auf Schwellenländer ist trotzdem mit großer Vorsicht zu genießen. Es gibt gute Gründe, auch in Zukunft mit mageren Renditen zu rechnen.



Die Probleme zeigen sich beim genaueren Blick auf den Index. Er besteht zu fast zwei Dritteln aus Aktien dreier Länder: China, Indien und Taiwan. Südkorea fällt noch mit 13 Prozent ins Gewicht. Alle weiteren Länder sind kaum von Bedeutung.

Die Risiken in Nordostasien sind schnell erklärt. China ist eine unberechenbare Diktatur. Der Aktienmarkt ist zwar günstig (siehe Grafik), aber das völlig zu recht. Dabei hat das Land einige interessante Unternehmen zu bieten, auch aus der Technologiebranche. Bloß kann niemand vorhersehen, welche Geschäftsmodelle und Unternehmenslenker der Kommunistischen Partei in Zukunft missfallen könnten.

Taiwan wiederum leidet unter seinem großen Nachbarn. Peking macht keinen Hehl daraus, dass es die Insel langfristig wieder für sich haben will. In Südkorea bleibt die Angst vor dem kommunistischen Norden und die Unternehmen haben oft komplexe Familienstrukturen. Dafür sind die Börsen in Taiwan und Südkorea nicht einmal günstig.

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Der einzige Hoffnungsträger in der Runde ist Indien, das mittlerweile bevölkerungsreichste Land der Welt. Die Wirtschaft wächst schnell und an der Börse in Mumbai gibt es einige spannende Unternehmen. Bloß ist das bereits vielen aufgefallen. Das KGV des MSCI India, ein Index des indischen Aktienmarkts, beträgt aktuell üppige 26. All das führt zu dem Schluss: Von Schwellenländeraktien sollten sich Anleger auch in Zukunft keine Wunder erwarten. Die Börsen sind dort entweder sehr riskant oder schon teuer.

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