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Mit dieser Rakete will Europa Elon Musk einholen

Ariane 6 Ariane 6
Die Ariane 6 wartet auf ihren ersten Start
Quelle: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow
Der erste Flug für Ariane 6: Die europäische Trägerrakete soll so viele Satelliten wie nie zuvor ins All bringen, sogar die neue Mondstation bestücken können. Doch um damit Elon Musks Raketen den Rang streitig zu machen, fehlt noch ein wichtiges Detail.
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Die griechische Prinzessin Ariadne war eine kluge Frau. Sie nahm ein Wollknäuel mit in den Irrgarten des ungeheuren, menschenfressenden Minotaurus. So konnte ihr Geliebter Theseus sie auf Kreta finden und retten. An dieser Geschichte aus der Antike hatten sich die Westeuropäer ein Beispiel genommen, als sie ihre neueste Weltraumrakete 1979 „Ariane“ nannten, die neugriechische Form von Ariadne. Die Labyrinth-Bezwingerin von heute sollte Europa aus dem Irrgarten retten, in das es sich mit seinen erfolglosen Raketenprogrammen zuvor manövriert hatte. Am Weihnachtsabend 1979 machte sich Europa zum ersten Mal auf in den Weltraum, die erste Ariane hob ab.

254 erfolgreiche Starts von insgesamt fünf Ariane-Baureihen folgten. Währenddessen wandelten sich die romantisch verklärten Expeditionen von Eroberern in ein knallhartes Geschäft. Bis 2032 werden laut dem Beratungsunternehmen Novaspace 822 Milliarden Dollar – etwa 770 Milliarden Euro – für Trägerraketen, Satelliten und andere Teile der Raumfahrtindustrie ausgegeben werden. Vergangenes Jahr waren es noch 508 Milliarden Dollar. Und damit es mithalten kann, braucht Europa eine ganz neue Ariane. Am Dienstag soll die Neue, Ariane 6, von Kourou in Französisch-Guayana zu ihrem Jungfernflug starten – vier Jahre später als ursprünglich geplant.

Der Start ist um 15 Uhr Ortszeit, also 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit geplant. Die Europäische Weltraumorganisation Esa ist zuversichtlich, dass der Start reibungslos verlaufen wird. „Es lief sehr gut, wie ein Schweizer Uhrwerk“, sagt Toni Tolker-Nielsen, Esa-Direktor für Raumtransport, mit Blick auf den Probelauf. „Es gibt keinen kritischen Punkt, der das Startdatum infrage stellt.“

Turbulenzen am Raumfahrtmarkt

Damit hätte die europäische Raumfahrt dann wieder einen eigenständigen Zugang zum Weltraum. Und der ist anders als je zuvor. Das Vorgängermodell der Rakete, Ariane 5, war im Juni 2023 zum letzten Mal nach 27 Jahren im Einsatz gestartet. Seither konnten die Europäer nicht mehr eigenständig Satelliten in die Umlaufbahn bringen, ihnen fehlt seit der Invasion in der Ukraine der Zugang zur russischen Trägerrakete Sojus, die zuvor zehn Jahre lang von Französisch-Guayana aus gestartet war. Die Verzögerung des eigentlich für 2020 geplanten Jungfernflugs der Ariane 6 verschärfte die Krise.

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„Das war wirklich eine sehr erfolgreiche Rakete“, findet Julio Monreal, der für Europas Weltraumbehörde Esa in Paris für Startsysteme zuständig ist und Ariane 5 hörbar vermisst. „Aber der Markt des Weltraumtransports ist brutal geworden und erforderte ein anderes Trägerkonzept.“ Durcheinandergewirbelt hat ihn vor allem der südafrikanisch-US-amerikanische Techunternehmer Elon Musk. Er verfolgt die derzeit ehrgeizigsten Raumfahrer-Pläne und hat mit seinen „Falcon“-Raketen mehr als zehnmal so oft mit Nutzlasten ins All geschossen wie die Europäer mit der Ariane 5. Mittlerweile hat Musks Firma SpaceX einen Anteil von fast 90 Prozent am weltweiten Satellitenmarkt.

Quelle: Infografik WELT

Dem soll nun die neue Ariane 6 etwas Neues entgegensetzen – auch wenn sie sich äußerlich gar nicht so sehr von ihrer Vorgängerin unterscheidet. „Sie sieht fast genauso aus“, gibt Mathieu Chaize zu. Er arbeitet als Institutional Relations Manager bei der ArianeGroup, einem Gemeinschaftsunternehmen der Airbus Group und des französischen Konzerns Safran, das für die Entwicklung des Nachfolgemodells verantwortlich zeichnet.

Ariane 6 kann alles, was Ariane 5 konnte, sogar der Durchmesser der Tanks ist identisch. Die Verbesserungen liegen in einem anderen Bereich: ihrer oberen Stufe. Dieser Teil des Fluggeräts kann im All besser manövrieren, und vor allem soll es Satelliten auf unterschiedlichen Umlaufbahnen aussetzen können, nacheinander, während eines einzigen Fluges. Wenn sie eine Nutzlast in einem Orbit deponiert hat, zündet sie jeweils ihr Triebwerk erneut und fliegt weiter, zur nächsten Umlaufbahn.

Bis zu dreimal pro Flug kann die neue Rakete ihr Triebwerk abschalten und wieder neu zünden. Das macht es viel kostengünstiger, Satelliten an ihren Bestimmungsort zu bringen. „Das dürfte ein entscheidender Gamechanger für uns werden“, hofft Chaize. „Wir können künftig Zusammenstellungen von 80 oder 90 kleinen Satelliten auf einmal in den Weltraum befördern.“

Die Ariane 6 für den Jungefernflug wird verpackt
Vorbereitung für die Reise zur Raketenbasis
Quelle: picture alliance/abaca/ABACA

Bei ihrem ersten Start wird die neue Trägerrakete 18 „Passagiere“ an Bord haben: Mikrosatelliten von Universitäten und wissenschaftliche Experimente, darunter auch einige aus Deutschland. Einige Satelliten werden Gammastrahlung messen, andere die Wanderwege von Tieren beobachten; einige werden mit der Rakete verbunden bleiben, andere sich in verschiedenen Höhen von der Oberstufe lösen und zwei von ihnen sollen sogar wieder auf der Erde landen. Es gibt Satelliten, die in hundert Kilometern Höhe bleiben sollen, andere sind für eine geostationäre Umlaufbahn in 36.000 Kilometern Höhe bestimmt.

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Der erste kommerzielle Flug von Ariane 6 soll Ende des Jahres stattfinden. Im Erfolgsfall hofft Europa, mit seinem neuen Vorzeigeprojekt der privaten Konkurrenz aus den USA ein paar Kunden abjagen zu können und für den europäischen Markt zurückzugewinnen.

Elon Musks Raketen können mehr

Ein Problem waren die neuen, günstigen Preise, die Elon Musk im Angebot hatte. „Der Wettbewerb wurde in den vergangenen Jahren immer härter“, klagt Chaize. „Wir mussten die Kosten unserer ‚Ariane‘-Starts senken.“ Ein weiterer Vorteil ist Arianes neue Kraft: Sie hat zugelegt, ist schubstärker und kann damit schwerere Lasten als zuvor auf eine Umlaufbahn befördern.

Ariane 6 kann nun ganz andere Missionen bewältigen, auch mehr Aufträge annehmen. Den technischen Stand der Raketen von SpaceX mit allen wirtschaftlichen Vorteilen hat sie dennoch nicht eingeholt. Denn diese Fluggeräte sind wiederverwendbar. Nach jedem Start fliegt die erste Stufe einer Falcon 9 zurück zum Startplatz und wird auf ein neues Startmodul befestigt. Ariane 6 dagegen ist eine Wegwerfrakete: „Ihre Booster fallen ziemlich steil in die Atmosphäre, werden dann plötzlich durch die dichtere Atmosphäre relativ schnell verzögert und brechen schließlich auseinander“, erklärt Martin Sippel, der Leiter der Systemanalyse Raumtransport beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Das hält die Kosten hoch, aber so muss es ja nicht bleiben. Bereits heute würden die Europäer für die Zeit nach der Ariane 6 planen, so Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher: „Wir werden in den 2030er-Jahren etwas Neues brauchen, die Entscheidungen dafür müssen heute getroffen werden.“ Eine Möglichkeit wäre, ausgebrannte Stufen künftig nicht landen zu lassen, sondern sie in der Luft zu fangen.

Ein Flugzeug könnte die abstürzenden Raketenteile während ihres freien Falls zurück zur Erde einsammeln. Dazu würden die Raketenstufen an den Seiten mit kleinen Flügeln versehen, unten, am Heck. Sie liefern Auftrieb – wie bei einem Flugzeug – und bremsen dabei nicht nur den Fall, vor allem machen ihn kontrollierbar. Eine Rakete mit Flügelchen taumelt nicht, und sie dreht sich nicht um die eigene Achse.

Etwa acht Kilometer über dem Boden wäre die Raketenstufe stark genug abgebremst worden, dass sie mit weniger als Schallgeschwindigkeit fällt. Und dann kommt das Schleppflugzeug ins Spiel. In etwa zehn Kilometer Höhe könnte es sich der fallenden Schleppstufe von oben langsam nähern und eine Art Abschleppseil mit Haken auswerfen, ähnlich dem Betanken von Flugzeugen in der Luft. In den Abschlepphaken der ausgebrannten Raketenstufe müsste sich die Vorrichtung des Flugzeuges einhängen. „Das wird Präzisionsarbeit werden“, betont Martin Sippel vom DLR.

Einmal eingehakt, würde die Raketenstufe bis in die Nähe des Startplatzes gezogen, kurz davor wieder ausgeklinkt werden und dann wie ein Segelflugzeug landen: gleitend auf einem Runway aufsetzen und ausrollen.

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„Wir machen hier die Grundlagenforschung, um zu verstehen, ob es sinnvoll wäre, dieses Konzept umzusetzen“, erklärt Ansgar Marwege vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Über- und Hyperschalltechnologien. Was dann später die Industrie oder das Management in Europa daraus mache, sei dann deren Entscheidung. „Letztendlich muss sich dann in Europa ein gemeinsamer Nenner finden, ob, wann und wie man das umsetzen will.“ Einiges, nicht zuletzt die wirtschaftliche Notwendigkeit, spricht jedoch dafür, dass der nächste Nachfolger – die Ariane 7 – diesen Konstruktionsplänen folgen wird.

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Doch bis es so weit ist, ist hoffentlich die Ariane 6 voll im Geschäft – und hat wohl auch schon den Mond erreicht. Denn auch das soll sie bewerkstelligen können: Europäische Bauteile der künftigen Raumstation Gateway auf eine Mondumlaufbahn schießen. Sie kann zwar nicht landen, aber das Auftragsbuch für den neuen Lastenträger ist trotzdem schon voll.

mit dpa

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