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Wissenschaft Arktisforschung

Riesenviren auf Grönlandeis könnten die Eisschmelze aufhalten

Redakteurin im Ressort Wissen
Arktiseis mit schwarzen Verfärbungen Arktiseis mit schwarzen Verfärbungen
Die Mikroalgen machen das Arktiseis schwarz. Die Riesenviren sind auch da, aber unsichtbar
Quelle: Shunan Feng
Forscher haben auf dem Grönländischen Eisschild einem skurrilen Fund gemacht: Viren, die größer als Bakterien sind. Kaum entdeckt gelten die Viren als Hoffnung gegen die große Schmelze. Denn: Sie könnten einem anderen Eisbewohner schaden.
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Die Pressemitteilung der Aarhus-Universität beginnt ungewöhnlich poetisch: „Jedes Frühjahr, wenn die Sonne in der Arktis nach Monaten der Dunkelheit aufgeht, kehrt das Leben zurück. Die Eisbären tauchen aus ihren Winterhöhlen auf, die Küstenseeschwalbe kehrt von ihrer langen Reise nach Süden zurück und die Moschusochsen waten nach Norden. Aber die Tiere sind nicht das einzige Leben, das von der Frühlingssonne wiedererweckt wird. Algen, die auf dem Eis schlummern, beginnen im Frühjahr zu blühen.“

Das ist ein bisschen perfide. Denn was da so romantisch klingt, ist eigentlich hochgradig beunruhigend. Die „blühenden“ Algen überziehen das weiße Eis mit einem schwarzen Film. Das führt dazu, dass die Wärmestrahlung des Sonnenlichts, die von der Fläche eigentlich reflektiert werden könnte, plötzlich aufgenommen wird. Je mehr dieser pigmentierten Mikroalgen wachsen, desto wärmer wird der Eisschild, desto schneller schmilzt er ab.

Was die dänischen Umweltforscher um die Postdoktorandin Laura Perini vom Department of Environmental Science der Universität Aarhus nun entdeckt haben, könnte den Klimawandel-Teufelskreis ausbremsen helfen: Offenbar leben auf dem Eis auch riesige Viren. Und die könnte man so verändern, dass sie den Schneealgen schaden. Die Forscher bringen die Idee ins Spiel, die Eisschmelze mit den Riesenviren als „Biowaffe“ abzumildern.

Perini vermutet in der Arbeit, die gerade im Fachmagazin „Microbiome“ erschien, dass sich die Viren von den Schneealgen ernähren. „Wie effizient sie wären, um die Schmelze zu lindern, wissen wir bisher nicht. Aber indem wir die Viren weiter erforschen, hoffen wir, einige dieser Fragen zu beantworten“, sagt sie.

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Riesenviren wurden erstmals 1981 beschrieben. Ein Zufallsfund: Forscher aus Nebraska entdeckten sie, als sie in Florida gesammelte Grünalgen im Labor wachsen lassen wollten. Das funktionierte nicht, und unter dem Mikroskop wurde klar, warum: In den Algen wohnten ungewöhnlich große Viren.

Riesenviren verstecken sich in Immunzellen

Viren messen normalerweise zwischen 20 und 200 Nanometer, sind also zehn- bis hundertmal kleiner als Bakterien. Riesenviren dagegen können mit den einzelligen Erregern mithalten: Sie sind etwa genauso groß, erreichen einen Durchmesser von 2,5 Mikrometern. Ihre DNA ist gigantisch, besteht aus 2,5 Millionen Bausteinen. Damit können die meisten Bakterien nicht mithalten.

Inzwischen sind Riesenviren für Wissenschaftler einigermaßen alltäglich, auch im Meeresboden sind sie zu finden, in der Erde an Land und manchmal auch bei Menschen: Die Art Acanthamoeba polyphaga mimivirus (APMV), die sich eigentlich in Amöben vermehrt, kann es sich auch in menschlichen Immunzellen vom Phagozytentyp gemütlich machen – sie stammt von Amöben ab.

Was die von Riesenviren befallenen Phagozyten gesundheitlich bedeuten, ist nicht verstanden: Diskutiert wird, ob sie atypische Lungenentzündungen verursachen. Auf jeden Fall agieren die Erreger geschickt mit dem Immunsystem: schläfern einen Teil der Immunantwort ein, sodass sie von Abwehrzellen nicht entdeckt werden.

Andere sind für Menschen nützlich als Waffen gegen gefährliche Krankheitserreger. So fanden Forscher aus Wien in einer Kläranlage ein Riesenvirus, das die einzelligen Amöben der Art Naegleria fowleri infiziert und eine Wasserprobe binnen Stunden amöbenrein machen kann. Diese Amöbe lebt in Wasser, das über 30 Grad Celsius warm ist, und gilt als einer der tödlichsten Parasiten für den Menschen, weil sie bei Badenden und Naturwassertrinkern eine lebensgefährliche Hirnentzündung verursacht.

Einzeller, die Algen fressen

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Die Arbeit aus Aarhus ist die erste, die diese rätselhaften Viren auf Eis und Schnee nachweist. Auch hier fielen sie zufällig auf, bei einer DNA-Breitbandanalyse. „Sowohl im dunklen Eis als auch im roten Schnee fanden wir Signaturen aktiver Riesenviren“, sagt Perini. Dabei wurde klar, dass sie vor allem dort zu finden waren, wo es die pigmentierten Mikroalgen gab. „Es gibt ein ganzes Ökosystem, das diese Algen umgibt. Neben Bakterien, Fadenpilzen und Hefen gibt es auch Einzeller, die die Algen fressen, verschiedene Pilzarten, die als Algen-Parasiten leben – und die riesigen Viren. Sie infizieren auch die Algen.“

Um sicherzustellen, dass die virale DNA nicht von längst abgestorbenen Viruspartikeln übrig geblieben ist, suchten sie in den Proben auch nach Stoffen, die in den befallenen Zellen aus den Bauvorlagen der Virengene entstehen. Auch die konnte sie nachweisen, also war klar, dass es sich um aktiven Riesenviren handeln muss.

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Aber es geht nicht nur um eine Art, es geht um viele verschiedene, die zu mindestens drei Gruppen von Riesenviren gehören. Eine Sorte kann die Mikroalgen infizieren, aber wie schädlich das ist und welche Rolle dabei die anderen Riesenviren spielen, ist noch unklar. Perini muss jetzt erst einmal ins Labor zurück und viele weitere Versuchsreihen machen, um das alles genau zu untersuchen. Danach kann sie sich dann überlegen, wie sich die Viren als „Biowaffe“ gegen die Eisschmelze einsetzen lassen könnten.

Riesenviren haben über 1000 aktive Gene, darunter auch solche, die ihre eigene DNA reparieren und kopieren. Ansatzpunkte, um sie „waffenfähig“ im Kampf gegen Mikroalgen zu machen, gibt es also viele. Möglichkeiten, wie das in der nächsten ökologischen Katastrophe endet, auch.

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