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Bildung Konkurrenz an der Uni

Bücher versteckt, falsche Klausuren-Tipps – So toxisch geht es unter Studenten zu

University Students Attending Lecture University Students Attending Lecture
Quelle: Getty Images/Tom Werner
An der Universität sehen sich Studenten untereinander in permanenter Konkurrenz – um bessere Noten und paradoxerweise sogar die späteren Jobs. Das führt teilweise zu Missgunst in kuriosem Ausmaß. Dabei könnten Studenten dem Wettbewerb eigentlich etwas Positives abgewinnen.
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Hausarbeiten gelöscht, Bücher versteckt, Seiten herausgerissen, Zeilen geschwärzt: Beinahe an jeder Universität und Hochschule erzählen sich Studierende solche Geschichten. Dahinter steckten missgünstige Studierende, die die Leistung anderer herunterziehen möchten, um selbst besser dazustehen, heißt es.

Besonders im Jurastudium ist die empfundene Konkurrenz seit jeher groß. Das zeigten Umfragen des Studierendensurveys 2016. 57 Prozent der befragten Jurastudenten gaben damals an, dass Konkurrenz als Beschreibung auf ihren Studiengang voll zutraf. In anderen Fächern berichteten nur zwischen sechs und 21 Prozent der Studenten ähnliches. Neuere vergleichbare Umfrageergebnisse gibt es zwar nicht, hört man sich aber unter Studenten um, hat sich an ihrer Situation offenbar wenig geändert. Aber geben diese Gruselergebnisse die harte Realität wieder oder sind es nur Märchen?

Ganz eindeutig ist das nicht. Die Universität zu Köln etwa bestätigt, dass es vor einigen Jahren Beschwerden über verschwundene Bücher gegeben habe. Jedoch gehe man nicht unbedingt davon aus, dass diese aus missgünstigen Motiven anderen Studenten vorenthalten wurden. „Schlichte Bequemlichkeit oder Unwissenheit könnten auch Motive sein“, teilt die Universität mit. Zudem sei die Zahl der Beschwerden stark zurückgegangen.

Emilia De Rosa, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands rechtswissenschaftlicher Fachschaften, hört auch heute noch von ähnlichen Vorkommnissen aus Jura-Fachschaften in ganz Deutschland. Neben versteckten Büchern komme es häufig vor, dass Studenten falsche Hinweise vor Klausuren geben, sagt sie.

Da es an manchen Fakultäten keine klaren Erwartungshorizonte für Klausuren gebe, würden dort Noten relativ zu den Leistungen anderer vergeben. Falsche Hinweisgeber versprechen sich von dem schlechteren Abschneiden anderer also eine bessere Note.

Unterschwelliges Konkurrenzgefühl unter Studenten

Diese Fälle sind jedoch seltener. Viel häufiger als ein direkt und offen ausgetragener Wettbewerb sei vielmehr ein unterschwelliges Konkurrenzgefühl, berichten Studenten. „Subtilere Formen eines Konkurrenzgefühls oder sozialen Vergleichs kommen am häufigsten vor“, bestätigt Christina Kuhlmann, psychologische Studienberaterin an der Ruhr-Universität Bochum.

Doch woher kommt die empfundene Konkurrenz mit anderen Studenten? Wettbewerb entsteht für gewöhnlich dort, wo ein Mangel an Ressourcen herrscht. Also ein Mangel an Jobs, guten Noten oder Aufmerksamkeit von Professoren.

Zumindest die Knappheit an guten Jobs belastete Studenten jahrzehntelang. Doch mittlerweile ist der Trend umgekehrt. Geburtenschwache Jahrgänge treten in den Arbeitsmarkt ein, während geburtenstarke Jahrgänge wie die Babyboomer in Rente gehen. Für Uni-Absolventen sind die Einstiegschancen deshalb eigentlich so gut wie nie.

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Für eine Konkurrenz um Arbeitsplätze gibt es also objektiv wenig Grund: „Wir haben die paradoxe Situation, dass auf dem Arbeitsmarkt junge Menschen gesucht werden wie nie, aber die Angst bei Studierenden, nicht gut unterzukommen, trotzdem da ist“, sagt Kuhlmann: „Aus meiner Sicht ist Konkurrenz ein ganz großes Thema.“

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Vieles deutet darauf hin, dass Konkurrenz vor allem von der Wahrnehmung der Studenten abhängt. Diese werde aber auch wesentlich vom Umfeld der Studenten beeinflusst, erklärt Kuhlmann. Finanzieller Druck und Stress könnten sie verstärken, genauso wie sozialer Vergleich mit anderen.

Ansprachen von Lehrkräften, die Druck erzeugen

Diesen Eindruck bestätigt Marko Lüftenegger, Bildungspsychologe an der Universität Wien. Er führt das vor allem auf eines zurück: „Wenn ich mich mit anderen vergleiche, entstehen negative soziale Emotionen wie Neid“, sagt er. „Neid ist verbunden mit einer Art von Schmerz: einem Gefühl, den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden.“ Das könne beflügeln oder dazu verleiten, negativ auf sich und andere zu blicken.

Leon, der Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln studierte, berichtet, dass sozialer Druck und die Geschichten über die Missgunst unter Studenten die Wahrnehmung von vielen stark geprägt habe: „Ich kenne Leute, die das Gefühl, mithalten zu müssen, stark beschäftigt hat.“

Dieses Gefühl werde durch Lehrkräfte angefacht. In einer seiner ersten Vorlesungen habe der Professor etwa gesagt: „Schauen Sie links, schauen Sie rechts: Einer ihre Sitznachbarn wird das Studium abbrechen.“ Solche Ansprachen erzeugten aber auch das Gefühl, zu einer elitären Gruppe zu gehören.

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Ähnlichen Konkurrenzdruck gibt es allerdings auch in anderen Studiengängen. „Bei uns wird das Konkurrenzdenken von den Professoren gefördert“, sagt Dana, die Architektur studiert. Etwa dadurch, dass Projekte und Arbeiten vor großen Gruppen präsentiert und besprochen würden. „Die Lehrkräfte sind da sehr direkt, können hart sein, aber auch sehr viel loben“, berichtet sie. Man merke, dass einige Professoren Lieblinge hätten. Das schüre die Konkurrenz umso mehr.

Es gebe zudem unter den Studenten das Gefühl, dass Noten im direkten Vergleich gemacht würden. „Das führt dazu, immer besser als andere sein zu müssen, um eine gute Note zu erreichen“, sagt Dana. Mittlerweile sei es nicht möglich, Abgaben und Projekte alleine fertigzustellen. Wer keine Hilfe bekomme, stehe dann als faul da, obwohl er Tag und Nacht an einem Projekt gearbeitet habe.

Konkurrenz unter Studenten kann auch motivieren

„Insbesondere Lehrende können soziale Vergleiche und damit die Konkurrenz fördern“, erklärt Psychologe Lüftenegger. Studenten hätten schon früh das Gefühl, später mit anderen konkurrieren zu müssen, auch wenn sich nur wenige bereits früh konkrete Gedanken über den späteren Job machen.

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Konkurrenz muss aber nicht nur negative Folgen haben. Eine Studentin, die nicht namentlich genannt werden möchte, berichtet aus einem Studium an einer privaten Hochschule, dass sich Kommilitonen untereinander verglichen. Man habe „offen über Noten und Leistungen gesprochen“.

Auch hätten ihnen je nach Leistung „Dozenten mehr oder weniger Beachtung geschenkt“. Diesen Wettbewerb habe sie aber nicht als Belastung wahrgenommen: „Ich war immer am frühesten mit den Aufgaben fertig und schon für die nächste Vorlesung vorbereitet.“

��Im Studium können ein gewisser Neid oder multiple Zielorientierungen durchaus gut sei“, erklärt Lüftenegger. „Wer leistungsbezogene Ziele hat, den spornt Konkurrenz eher an.“ Wer sich aber nur über den Vergleich mit anderen definiere, fühle sich nie sicher.

Diese Unsicherheit könne auch überhandnehmen: „Wer viel Zeit mit dem Vergleich mit anderen verbringt und dies als Belastung wahrnimmt, der sollte daran unbedingt etwas ändern“, rät Lüftenegger. Nur zu sagen, „du musst dich nicht mit anderen vergleichen“, werde aber nicht helfen. Ein guter erster Schritt sei, sich professionelle Hilfe durch ein Beratungsgespräch zu suchen. Es gebe unterschiedliche Ansätze und Strategien, um mit diesen negativen Emotionen umzugehen.

Kontakt zu anderen Studenten baut Konkurrenzdenken ab

Und wie verhindert man, dass Konkurrenzdenken toxisch wird? Lüftenegger sagt, dass sich negative Gefühle zu anderen Studenten mit persönlichem Kontakt relativierten. „Kontakt führt immer dazu, dass Vorurteile und Konkurrenzdenken abgebaut werden“, sagt er. Außerdem könne man viel von Mitstudenten lernen, besonders wenn diese gute Leistung zeigten.

Wer gute Noten haben wolle, sei auf Kooperation mit anderen Studenten und Lerngruppen angewiesen, sagt auch der ehemalige Jurastudent Leon: „Du kannst da nicht alleine durch.“ Natürlich müsse man dafür aktiv auf andere Studenten zugehen.

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Emilia De Rosa glaubt, dass auch die nicht vorhandene Gruppenarbeit im Jurastudium den Konkurrenzkampf verstärkt. Zusammenarbeit vermehrt in den Studienplan einzubauen, könnte dem Gefühl, mit anderen konkurrieren zu müssen, entgegenwirken. Christina Kuhlmann von der Ruhr-Uni-Bochum sieht das ähnlich: „Wir würden in diesem Fall für mehr Gruppenarbeit plädieren, auch in den Rechtswissenschaften“, sagt sie.

„Die Vereinzelung von Studierenden ist ein Problem.“ Es sei zwar schwierig, dem Impuls zu widerstehen, sich mit anderen zu vergleichen und sie als Konkurrenz wahrzunehmen, jedoch solle man versuchen, sich für andere zu öffnen. Das helfe nicht nur, gegen diese Impulse anzugehen, sondern auch den eigenen Lernfortschritten.

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