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Karriere Die perfekte Bewerbung

Wer mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ beginnt, macht den ersten großen Fehler

Redakteur Wirtschaft & Finanzen
Happy businesswoman shaking hand with colleague in office Happy businesswoman shaking hand with colleague in office
Quelle: Getty Images/Westend61
Bewerbungsprozesse befinden sich in einem ständigen Wandel. Experten haben WELT Schritt für Schritt erklärt, wie man eine perfekte Bewerbung schreibt, worauf Unternehmen heute Wert legen, wie KI helfen kann und warum das Bewerbungsfoto oft der Schlüssel ist.

Wer sich bei einem beliebten Unternehmen bewerben will, muss aus der Masse der Konkurrenten hervorstechen. Oder zumindest positiv genug auffallen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Doch über ein solches Urteil des Personalers entscheiden mitunter schon wenige Sekunden.

Wie gelingt es also, seinen Traumarbeitgeber von sich zu überzeugen und im Auswahlprozess in die nächste Runde zu kommen? WELT hat mit Experten und Unternehmen gesprochen und erklärt, worauf es bei der perfekten Bewerbung ankommt.

Was ist das Wichtigste in einer Bewerbung? Diese Frage stellt Bewerbungsexperte Jürgen Hesse gerne seinen Zuhörern in Workshops. Oft lautet die Antwort dann: die Zeugnisse, der Lebenslauf, das Anschreiben. Die meisten wird Hesse deshalb wohl erstaunen, wenn er als Kernelement einer gelungenen Bewerbung das Foto nennt.

„Es ist der emotionale Türöffner Ihrer Unterlagen“, so Hesse. Menschen seien „Augentiere“, in Millisekunden entscheiden wir, wen wir sympathisch oder neutral finden oder wer uns etwa an den eigenen Schwiegervater erinnert.

Es geht nicht darum, einen Schönheitswettbewerb zu gewinnen. Bewerber sollten sich lediglich bewusst fragen: Wie trete ich auf? Lächeln ist immer eine gute Idee. Zähne zeigen, oder nicht? Da gebe es keine festen Regeln, so Hesse.

Sein Tipp: Die Fotos von einem Profi machen lassen. „Der wählt meistens ohnehin die besten Fotos aus“. Außerdem kann man Freunde fragen, auf welchen Fotos man besonders vertrauenswürdig und kompetent wirke. Es gehe darum, Botschafter in eigener Sache zu sein und diesen Auftritt an den Grad der Konventionalität des Unternehmens anzupassen.

Lebenslauf als Zentrum der Bewerbung

Der erzielte Effekt der Sympathie sei entscheidend: „Wen man sympathisch findet, dem kann man auch vertrauen. Wem man vertrauen kann, dem kann man wiederum etwas zutrauen – eine Aufgabe, ein Projekt, einen Job.“ Hesse vergleicht die Bewerbungsunterlagen mit einem Liebesbrief.

„Sie wollen das Herz von jemandem erobern, den Sie nur wenig kennen. Damit das gelingt, muss man ihn möglichst gut ansprechen und auf die eigene Person und das Leistungspotenzial möglichst neugierig machen.“

Nachdem die „Tür“ dann einmal geöffnet ist, sollte man direkt zum Zentrum jeder Bewerbung kommen: zum Lebenslauf. Oder präziser: dem beruflichen Werdegang. Die Details sollte man idealerweise eindampfen: Etwas mehr als zwei Seiten sind völlig okay. „Aber bitte niemals mehr als fünf“, empfiehlt Hesse.

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Der Bewerbungsexperte empfiehlt pro Firmennamen mitsamt Arbeitszeitraum mindestens drei bis vier Zeilen, in denen folgende Fragen beantwortet werden: Warum habe ich damals bei dieser Firma angefangen? Welche Probleme gab es dort? Und was habe ich Positives bewirkt?

Der berühmte „rote Faden“ ergibt sich idealerweise von selbst aus der Vita. Für das Anschreiben kann man ihn dann noch einmal später zusammenfassen. Wichtig sei es, mit der wertvollen Zeit des Personalers sparsam umzugehen. In den meisten Fällen reiche ein kurzes Anschreiben völlig aus, dazu eine bis zwei Seiten Lebenslauf und eine Übersicht über die Referenzen.

Der Trend lautet: weniger ist mehr. Nicht mehr viel lesen müssen, aber gleichzeitig Schwerpunkte erkennbar werden lassen. Die Schwerpunkte sollten nicht beliebig gesetzt werden, sondern auch am potenziellen Arbeitgeber ausgerichtet sein.

Online-Verfahren ersetzt klassische Bewerbung

Werden die Unterlagen elektronisch verschickt, genügen im Mailtext schon drei Zeilen zusammen mit beigefügtem Lebenslauf und Anlagen – oder gar gebündelt in einer einzigen Datei. Hesse rät, sich auf Leistungen, Erlebnisse und Persönlichkeitsmerkmale zu konzentrieren, die man auch durch Erzähltes aus dem Berufsleben „belegen“ kann.

„Präsentieren Sie sich schnell als Vertreter Ihres Berufes. Sodass der Personaler sofort vor Augen hat, mit wem er es hier zu tun hat“, rät Hesse. Es mache einen Unterschied, ob man sich als „Bürokraft“ vorstellt, als „Sekretärin“ oder „Hauptsekretärin mit Verantwortung für zwei Kolleginnen“.

„Was genau machen Sie jetzt und was haben Sie davor gemacht – kommen Sie schnell auf den Punkt.“ Diese „amerikanische“ Darstellungsweise sei vor allem bei Bewerbern jenseits von 45 Jahren ratsam.

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Immer mehr Arbeitgeber verzichten auf die klassische dreiteilige Bewerbung aus Anschreiben, Lebenslauf und Anlagen. Bei der BMW Group, die laut Umfragen zu Deutschlands beliebtesten Arbeitgebern zählt, werden nur noch Online-Bewerbungen akzeptiert. Anschreiben und Fotos werden nicht erwartet, dürfen aber ebenfalls zugesendet werden, antwortet der Konzern auf WELT-Anfrage.

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Das Foto sollte dabei aktuell sein. Beim Lebenslauf sollten die Erfahrungen klar erkennbar sein, die für die zu besetzende Stelle relevant sind. Für die BMW Group ist das „Gesamtbild eines Talents“ entscheidend. Die Bewerbungsunterlagen verschaffen einen ersten Eindruck, den das Unternehmen „über verschiedene Auswahlverfahren überprüft“.

Das Handelsunternehmen Otto geht noch einen Schritt weiter. Seit 2023 verzichtet es auf sämtliche Bewerbungsunterlagen – bis auf den aktuellen Lebenslauf. Dieser Schnellbewerbungsprozess gelte für alle ausgeschriebenen Voll- und Teilzeitpositionen ab Junior-Level, „unabhängig von Titel und Hierarchiestufe“ – und damit auch für Führungskräfte.

Unternehmens-Werte erkennen

Digitale Fragebögen zum Ankreuzen und sogar Social-Media-Bewerbungen für die teilweise schon eine WhatsApp-Nachricht genügt, nehmen zu. Dennoch wird nach wie vor eine klassische Bewerbung von vielen Unternehmen erwartet, weiß Bewerbungscoach Jessica Wahl aus Erfahrung.

Ein erster Hinweis, ob die Bewerbung klassisch, modern oder sogar kreativ sein darf, bietet schon die Website des Unternehmens, so Wahl. Welche Botschaft sendet die Firma? Kann ich vielleicht sogar Unternehmens-Werte erkennen? Steht ein zentrales Zitat auf der Seite, bietet es sich an, darauf im Anschreiben einzugehen.

Erkennt man Unternehmens-Werte, lohnt es zu schreiben, wie man diese mit der eigenen Leistung unterstützen könnte. „Auf diese Weise vermitteln Sie dem Arbeitgeber Ihr Interesse“, sagt Wahl. „Sie heben sich direkt von den Massen-Mails ab, die Bewerber an mehrere Unternehmen gleichzeitig schicken.“

In den Anlagen fügt man in erster Linie die Arbeitszeugnisse bei. Bei jüngeren Bewerbern außerdem die Abitur- und Uni-Abschluss-Zeugnisse. Richtig zu priorisieren, ist entscheidend. Welche Arbeitsproben sind aussagekräftig?

„Wer mit Mitte 30 noch sein Realschulabschluss-Zeugnis beifügt, zeigt, dass er keinen Blick für das Wesentliche hat“, sagt Bewerbungsexperte Hesse. Wenn ich ein gestandener Mitarbeiter bin, reichen drei, vier Zeugnisse beziehungsweise Arbeitsproben.

Ein Inhaltsverzeichnis braucht man bei drei Anlagen noch nicht zwingend. Wenn aber auf der dritten Seite des Lebenslaufes noch etwas Platz bleibt, kann man eine lockere Übersicht geben, etwa nach dem Schema: „Zeugnis A – Firma XY“.

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Bei allen drei Teilen der Bewerbungsunterlagen – beruflicher Werdegang, Anschreiben und Anlagen – sollte man sich an der AIDA-Formel orientieren. AIDA steht für Attention, Interest, Desire, Action, auf Deutsch: Aufmerksamkeit generieren, Interesse wecken, einen Wunsch erzeugen und zuletzt zu einer Handlung aufrufen – im Idealfall die Einladung zum Bewerbungsgespräch. Die AIDA-Schlagworte helfen, eine Dramaturgie für die Bewerbungsunterlagen zu entwickeln und das Interesse beim Personaler zu steigern.

Kompetenz, Leistungsmotivation und Persönlichkeit

Die drei inhaltlichen Säulen der Bewerbung lauten: Kompetenz, Leistungsmotivation und Persönlichkeit. „Der Personaler will lesen, was Sie können, wie Ihre Leistungsmotivation einzuschätzen ist und wie Sie drauf sind“, erklärt Hesse.

Auch die Souveränität beim eigenen Auftritt ist wichtig: Sie bieten dem Unternehmen eine Dienstleistung an, sagt Hesse. Und zwar: ein Problem zu lösen. Fragen Sie sich: Was haben Sie dem Arbeitgeber zu bieten, was andere Bewerber nicht zu bieten haben?

Bezüglich des Anschreibens findet Bewerbungsexperte Hesse klare Worte: „Das Anschreiben wurde überbewertet – und wird inzwischen nur noch gelesen, wenn Sie zum Kreis der Ausgewählten zählen.“ Wichtige Ereignisse, Wettbewerbe etc. gehören allesamt schon in den Lebenslauf – nicht erst ins Anschreiben.

Wer sein Anschreiben mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ beginnt, macht bereits den ersten Fehler. Sie sollten sich bemühen, herauszufinden, wem Sie Ihre Unterlagen schicken, so Hesse. Im Zweifel ist das der Geschäftsführer – oder der Personalleiter. Bevor man schriftlich in Erscheinung tritt, sollte man lieber einmal anrufen und höflich fragen, an wen man seine Unterlagen adressieren darf.

Auch Bewerbungscoach Jessica Wahl warnt vor Fettnäpfchen bei einer Anrede wie „Liebe Frau XY“. Handelt es sich bei der Person wirklich um eine Frau? Der Vorname „Sina“ zum Beispiel wird im Deutschen wahrscheinlich eher als weiblich assoziiert. Im Persischen tragen aber auch Männer diesen Vornamen.

Die richtige Schriftart für die Bewerbung

Mit seinem Team schreibt und verbessert Jürgen Hesse auch Bewerbungsunterlagen von Klienten. Ein neuer Trend sei es, nicht mehr nur eine Schriftart zu verwenden, sondern zwei. Es lohne sich, wichtige Sätze zu fetten, kleine Zwischen-Überschriften einzufügen und Absätze einzubauen.

„Das Auge soll beim Lesen geleitet werden, sodass es allein beim bloßen Überfliegen bei den wichtigsten Punkten hängen bleibt.“ Ist der Adressat eher „gediegen-konservativ“ ist eine exaltierte Bewerbung mit gewagtem Layout eher unangebracht.

Man muss ein gewisses Feingefühl entwickeln und sich schlaumachen, wer das Gegenüber ist. „Der Lebenslauf sollte optisch leicht zu lesen und zu verstehen sein. Dabei sollte man auf die richtigen Abstände und Ränder achten und Bleiwüsten vermeiden.“

Hesses Lieblings-Metapher für die Bewerbung ist die des Politikers, der darum wirbt, gewählt zu werden: „Sie müssen etwas ankündigen, ein Angebot machen, für das Sie stehen. Gleichzeitig dürfen Sie aber auch nicht das Blaue vom Himmel versprechen.“ Wie in einem Wahlplakat muss auch bei der Bewerbung die Botschaft direkt greifen.

Um die perfekte Bewerbung zu schreiben, sollte man idealerweise zwei, drei Entwürfe anfertigen. Nach einem Tag Abstand fallen einem im Zweifel noch letzte Details auf. Zudem hilft es, einen beruflich erfolgreichen Freund über die Unterlagen schauen zu lassen – und zu fragen, ob die gesendete Botschaft tatsächlich ankommt.

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Hesse warnt zudem davor, die Bedeutung von angegebenen Hobbys, Interessen und Engagement zu unterschätzen. Aber: Nicht jedes politische Engagement löst überall Begeisterung aus. Und jede Angabe könne auch eine potenzielle Nachfrage im Bewerbungsgespräch nach sich ziehen.

Auch am KI-Trend kommt Hesses Team nicht vorbei. Die Fähigkeiten von ChatGPT und Co. werden zu einer ernsten Konkurrenz. Angst habe Hesse dennoch nicht. „Einen guten Lebenslauf können Sie sich nicht mit KI schreiben lassen“, sagt er. Anschreiben formulieren oder kürzen, das funktioniere hingegen schon.

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