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Pflichtversicherung für alle? Das sollten Eigentümer jetzt wissen

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Passau versinkt im Hochwasser: Nur 47 Prozent der Gebäude in Bayern haben eine Elementarschadenversicherung Passau versinkt im Hochwasser: Nur 47 Prozent der Gebäude in Bayern haben eine Elementarschadenversicherung
Passau versinkt im Hochwasser: Nur 47 Prozent der Gebäude in Bayern haben eine Elementarschadenversicherung
Quelle: picture alliance/dpa/Armin Weigel
Wegen der Überflutungen in Süddeutschland fordern Politiker eine Pflichtversicherung, auch Verbraucherschützer sind dafür. Die Versicherungsbranche warnt. Doch wer ist versichert, welche Schäden sind abgedeckt und ist eine Versicherung sinnvoll? WELT beantwortet die wichtigsten Fragen.
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Wegen der großen Schäden, die Hochwasser in Süddeutschland verursacht haben, fordern Politiker eine Pflichtversicherung, auch Verbraucherschützer sind dafür. Schließlich kann eine Überschwemmung ohne ausreichenden Schutz Betroffene leicht die wirtschaftliche Existenz kosten. Die Versicherungsbranche aber wehrt sich und warnt vor einseitiger Belastung und Fehlanreizen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wann sind Hochwasserschäden eigentlich versichert?

Eine einfache Wohngebäude- und Hausratsversicherung ersetzt Schäden durch Sturm und Hagel, aber nicht durch Starkregen und Überflutungen. Diesen erlangen Immobilieneigentümer erst über eine sogenannte Elementarschadenversicherung. Nach Daten des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) haben 54 Prozent der deutschen Hauseigentümer eine solche Police abgeschlossen. Damit ist der Anteil der umfangreich abgesicherten Immobilien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, 2021 besaßen nach GDV-Angaben nur 40 Prozent der Immobilien den Extraschutz.

Die Quoten variieren stark nach den Bundesländern. Im von Unwettern besonders betroffenen Bayern liegt der Anteil bei 47 Prozent, im ebenfalls stark exponierten Baden-Württemberg dagegen bei 94 Prozent. Hier existierte bis 1994 eine Pflichtversicherung, über deren bundesweite Einführung nun wieder diskutiert wird. In den vergangenen Jahren waren die Leistungen der Versicherer aus den Elementarpolicen überschaubar. Im Jahr 2022 etwa zahlten sie nach GDV-Daten nur 400 Millionen Euro aus, das waren gerade einmal zehn Prozent der insgesamt durch Naturereignisse entstandenen Schäden.

Mit rund neun Milliarden Euro am höchsten waren die Schäden 2021 aufgrund der vom Sturmtief „Bernd“ unter anderem im Ahrtal ausgelösten Überschwemmungen. Die aktuellen Überschwemmungen stellten vermutlich ein „überdurchschnittlich großes Schadenereignis“ dar, teilte der GDV am Dienstag mit. „Eine Prognose können wir erst geben, wenn die Pegel überall gesunken sind“, sagte sein Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Sind alle Schäden abgedeckt?

Grundsätzlich zahlt die Versicherung alle durch Überflutungen entstandenen Schäden, von der Trocknung des Kellers bis zum Abbruch und Neubau eines Gebäudes. Ausgeschlossen sind regelmäßige Belastungen durch Grundwasser, das in das Gebäude eingedrungen ist. Die Versicherer begründen das damit, dass in diesem Fall Baumängel und keine Naturereignisse für den Schaden ursächlich sind. Wenn Wasser aus Abflussrohren durch Regen oder Überschwemmung in das Haus gelangt, zahlt die Versicherung zudem nur, wenn eine funktionstüchtige Rückstau-Sicherung vorhanden war.

Zudem gestalten die Unternehmen den Umfang des von ihnen gewährten Schutzes individuell. „Es hängt von den jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen ab, ob auch wirklich alle Gefahren versichert sind“, heißt es deshalb bei der Verbraucherzentrale. So sei bei manchen Tarifen zwar „die Ausuferung oberirdischer Gewässer“ versichert, Überschwemmungsschäden durch Starkregen wären aber nicht erfasst.

„Hier ist vor Abschluss ein genauer Blick in das Kleingedruckte unbedingt notwendig“, rät die Verbraucherzentrale. In den Verträgen wird zudem fast immer eine Selbstbeteiligung vereinbart. Üblich sind mindestens 500 Euro, der eigene Beitrag kann aber auch deutlich höher ausfallen.

Kann sich jeder Hauseigentümer gegen Elementarschäden versichern?

Der Beitrag für den Elementarschutz variiert nach der konkreten Gefährdungslage. Um diese zu ermitteln, arbeiten die Versicherer mit einem Stufen-System. Nach Daten des GDV befinden sich rund 92 Prozent der mehr als 22 Millionen erfassten Gebäude auf dem niedrigsten Risikoniveau, bei Starkregen sind es immerhin knapp zwei Drittel. Für diese Bauwerke ist der Elementarschutz günstig zu haben, in einem Überblick der Stiftung Warentest vom vergangenen Dezember verlangte ein großer Teil der Versicherer dafür weniger als hundert Euro im Jahr.

Deutlich teurer wird es auf den höheren Risikostufen, nach der GDV-Statistik liegen immerhin 90.000 Gebäude in einem Gebiet, in dem alle zehn Jahre mit Hochwasser zu rechnen ist, bei knapp 250.000 sind wenigstens einmal in hundert Jahren heftige Überschwemmungen zu erwarten. Bei solchen Gebäuden kostet der Elementarschutz leicht mehr als 1000 Euro im Jahr. Wie groß die Spannbreite ist, zeigte unter anderem eine Untersuchung von Finanztip Ende 2022. Die Aufschläge für Elementarschutz variierten hier zwischen acht und 580 Prozent des Beitrags für die einfache Wohngebäudeversicherung.

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Auch wenn der GDV das Problem unter anderem wegen einer verbesserten Risikoanalyse für überschaubar hält, kann es in der höchsten Risikoklasse schwierig sein, überhaupt eine Police zu einigermaßen vertretbaren Kosten abzuschließen. Wenn mehrere Anbieter Anfragen ablehnen, können ein höherer Selbstbehalt oder auch Umbauten am Gebäude helfen. In den kommenden Jahren könnten die Beiträge in allen Risikoklassen allerdings deutlich steigen. Bereits im vergangenen Sommer warnten die Versicherungsunternehmen wegen der häufigeren und heftigeren Klimaereignisse vor einer Verdopplung. Die Zahl der Haushalte, die sich den erweiterten Schutz nicht mehr leisten kann, könnte deshalb deutlich zunehmen.

Ist eine Pflichtversicherung sinnvoll?

Eine Überschwemmung ohne ausreichenden Schutz kann Betroffene leicht die wirtschaftliche Existenz kosten. Bei vergangenen Katastrophen wie der Ahrtalflut haben Spendenaktionen und staatliche Hilfen das verhindert. Auf letztere haben Betroffene aber keinen Anspruch, häufigere Unwetter und schrumpfende Haushaltsbudgets dürften den Spielraum für staatliche Hilfen künftig deutlich einschränken. Zudem warnen Ökonomen seit Jahren vor Fehlanreizen der „Gummistiefelpolitik“: Im Vertrauen auf staatliche Stützaktionen könnten Kommunen und Privatleute den eigentlich erforderlichen Schutz vernachlässigen.

Seit der Oderflut im Jahr 2002 wird deshalb über eine mögliche Pflichtversicherung diskutiert. In den vergangenen Tagen haben zahlreiche Politiker diese gefordert, nur die FDP ist strikt dagegen. Für die konkrete Gestaltung existieren zahlreiche Vorschläge: Der Bund der Versicherten plädiert in einem Positionspapier von 2022 für eine „Poollösung“, die über einen Zuschlag zur Grundsteuer finanziert werden soll. Die SPD macht sich für das in Frankreich praktizierte Modell stark, bei dem eine staatliche Rückversicherung das Risiko der Versicherer begrenzt.

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Deren Branchenverband GDV wehrt sich dennoch gegen die Vorschläge, weil er fürchtet, dass die erhöhten Risiken allein bei den Unternehmen abgeladen werden, was diese perspektivisch überfordern könnte. „Eine Versicherung allein ist keine Lösung. Dabei bleiben staatlicher und individueller Hochwasserschutz auf der Strecke“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Die Branche plädiert deshalb für eine öffentlich-private Partnerschaft bei Naturkatastrophen und ein sogenanntes Gesamtkonzept, das unter anderem Bauverbote in Überflutungsgebieten, Flächenentsiegelungen, eine Pflicht zu widerstandsfähigen Baustoffen und bessere Hochwasserschutzanlagen vorsieht.

Um die Versicherungsquote zu erhöhen, schlägt der GDV aber eine sogenannte Opt-Out-Regel vor. Demnach würden Wohngebäudeversicherungen den Elementarschutz standardmäßig enthalten, Kunden könnten sich beim Vertragsschluss aber aktiv dagegen entscheiden. Der Anteil der Verträge mit umfassendem Schutz soll sich so bei Neuabschlüssen auf rund 80 Prozent steigern lassen, heißt es von dem Verband.

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