Der Internet-Mischkonzern Amazon hat über Nacht seine Quartalszahlen vorgestellt und dabei alle Erwartungen von Analysten deutlich übertroffen. Das verdankt der Konzern allerdings vor allem dem Online-Handel und dem Werbegeschäft. Die Cloud-Sparte Amazon Web Services (AWS) dagegen bleibt mit einem Umsatz-Wachstum von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal leicht hinter den Erwartungen zurück.
AWS nahm im Quartal insgesamt 23,06 Milliarden US-Dollar ein, die Analysten waren von 23,2 Milliarden US-Dollar ausgegangen. „Das AWS-Wachstum stabilisierte sich weiter, unsere Werbeeinnahmen wuchsen kräftig, und das Gesamtbetriebsergebnis sowie der freie Cashflow stiegen deutlich“, sagte Amazon-CEO Andy Jassy.
Enthusiasmus über das Cloud-Geschäft klingt anders. Amazon hat wie auch Konkurrent Alphabet das Problem, dass die Cloud-Kunden bislang nicht in dem Maße Services auf Basis künstlicher Intelligenz einkaufen wie erwartet. Deshalb beeilte sich der Konzern, in seinen „Höhepunkten“ des Quartals diverse neue und alte Kunden zu listen, die das tun.
BMW etwa lässt seine Software-Plattform für automatisiertes Fahren komplett auf den AWS-Servern rechnen, PwC lässt die Daten seiner Kunden von Amazons Algorithmen analysieren, und der Erdölriese Occidental will mit der Amazon-KI effizienter werden. Zudem geht Amazon eine Partnerschaft mit dem KI-Start-up Anthropic ein.
Doch die Liste der großen Kunden, die im vergangenen Quartal in Amazons KI-Angebote investiert haben, ist damit bemerkenswert kurz. Noch scheint der große KI-Boom bei dem Konzern nicht angebrochen.
Wie viel in die Cloud-Technik investiert werden muss, listet Amazon nicht – doch innerhalb eines Jahres steigt der Buchwert für Technik und Ausrüstung um gut zehn Milliarden Dollar. Der Konzern investiert also massiv. Wie viel davon in Warenlagertechnik und wie viel in Rechenzentren fließt, ist nicht öffentlich.
Google sieht KI weiter als Wachstumstreiber
Ähnlich sieht die Lage bei der Konkurrenz in Kalifornien aus: Für Alphabet lief das dritte Quartal eigentlich hervorragend. Der Google-Mutterkonzern meldete Anfang der Woche einen Umsatz von 76,7 Milliarden US-Dollar. Das ist ein Plus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr und liegt deutlich über der Analystenprognose von 75,9 Milliarden US-Dollar.
Doch die Zahlen schickten die Aktie trotzdem ins Minus. Denn ausgerechnet im so wichtigen Cloud-Geschäft verfehlte Google die Analysteneinschätzung: Den Erwartungen von 8,6 standen Umsätze von 8,4 Milliarden Dollar gegenüber. Mehr noch: Die Gewinne der Cloud-Sparte fielen relativ mager aus.
Zudem musste Google einen Buchungstrick verwenden, um die Kosten zumindest auf dem Papier zu senken: Neuerdings werden die Server des Konzerns über sechs anstatt über vier Jahre abgeschrieben, was kurzfristig die Hardware-Kosten der Cloud-Unternehmung senkt.
Die Gesamt-Kosten sind trotz diverser Kündigungsrunden nicht merklich gesunken. Gleichzeitig stiegen die Ausgaben des Konzerns für neues „Equipment“ deutlich um fast 800 Millionen Dollar pro Quartal auf acht Milliarden Dollar.
Die Zahlen zeigen: Insbesondere die datenhungrigen KI-Anwendungen verlangen Investitionen und verursachen Kosten. Dennoch verkündete Google-CEO Sundar Pichai, dass KI aktuell ein wesentlicher Wachstumstreiber für den Konzern sei.
„Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, KI für alle hilfreicher zu machen“, sagt Pichai: „Es gibt aufregende Fortschritte, und noch viel mehr steht bevor.“ Der Einsatz von KI im Werbegeschäft könnte Google helfen, seine Angebote für Werbekunden attraktiver zu machen. Hier konnte der Konzern die Analystenschätzung übertreffen.
Mit deutlich besseren Zahlen wartete Microsoft auf: Der Konzern übertraf alle Analystenerwartungen, legte um 13 Prozent auf 56,5 Milliarden Dollar Umsatz zu. Wesentlicher Wachstumstreiber waren die Cloud- und Services-Abonnements. Die Cloud-Sparte legte um satte 29 Prozent auf 24,3 Milliarden Dollar zu, deutlich über den Analystenschätzungen von 23,5 Milliarden Dollar.
Microsofts IR-Chef Brett Iversen kommentierte, die guten Zahlen würden vor allem auf den Erwartungen der Kunden an die neuen KI-Dienste von Microsoft basieren. Sie schließen bereits jetzt Abonnements bei Microsoft ab, um ihre Mitarbeiter und ihre Prozesse auf den Einsatz der Algorithmen vorzubereiten. „KI (...) bringt uns wieder mit Kunden in Kontakt, mit denen wir vielleicht nicht so viel gemacht haben“, erklärte Iversen gegenüber Reuters.
Allerdings muss auch Microsoft seine Investitionen in Ausrüstung deutlich steigern: Der Konzern gab dafür 9,9 Milliarden Dollar aus, versus 6,2 Milliarden Dollar im Vorjahresquartal. Hier wird einmal mehr deutlich, dass insbesondere KI-Anwendungen viel neue Hardware verlangen – wer nicht investiert, kann nicht mithalten.