Bislang ist Googles Chatbot Bard vor allem ein Experiment – der Konzern hatte seinen Algorithmus im Februar hastig der Öffentlichkeit vorgestellt, um auf den Erfolg von Microsoft und OpenAi mit ChatGPT zu reagieren.
Doch Bard war noch nicht bereit fürs Rampenlicht, die künstliche Intelligenz lieferte falsche Antworten und halluzinierte, Alphabets Aktienkurs rauschte in den Keller. Inzwischen aber hat Bard deutlich dazugelernt, das Programm ist ähnlich leistungsfähig wie das Konkurrenzprodukt GPT4.
Deswegen will Google den Chatbot nun allen Nutzern seiner Cloud-Angebote Docs, Drive und dem E-Mail-Dienst Gmail an die Seite stellen. Darüber hinaus soll Bard künftig Informationen aus verschiedenen Google-Angeboten – wie etwa Maps oder Youtube – kombinieren und zusammenfassen.
Auch entnimmt Bard seine Informationen aus aktuellen Suchergebnissen der Google-Websuche. Insbesondere diese Möglichkeit, auf verschiedene Quellen zuzugreifen, hat Bard aktuell der Konkurrenz von OpenAI voraus.
„Dies ist der erste Schritt zu einer grundlegend neuen Funktion für Bard – der Fähigkeit, mit anderen Apps und Diensten zu kommunizieren, um hilfreichere Antworten bereitzustellen“, kommentiert Yury Pinsky, Bard-Produktmanager. „Dies ist ein sehr junger Bereich der KI – wir lernen und verändern aktuell noch sehr schnell.“
Bard basiert auf Googles „PaLM2“-Algorithmus, den der Konzern aktuell in schnellen Schritten weiterentwickelt. Er soll insbesondere Nuancen menschlicher Sprache besser als Konkurrenten verstehen, etwa Anspielungen oder Wortspiele. Zudem kann er komplexe Aufgaben in einfache Schritte unterteilen und auf Fehler reagieren, wenn er darauf hingewiesen wird.
„PaLM2“ hat aus Sicht von Google noch einen weiteren Vorteil: Das Modell bedarf für die Berechnung von Antworten weniger Rechenleistung als seine Vorgänger. Google kann es also einer größeren Anzahl von Nutzern zur Verfügung stellen, ohne dass der Konzern an die Leistungsgrenzen seiner Rechenzentren gerät.
Dazu passt, dass die Assistenz via Bard auch in Diensten wie Google Docs kostenlos bleiben soll – Konkurrenzanbieter Microsoft dagegen verlangt für seinen AI-Dienst Copilot in Office aktuell monatlich dreißig Dollar.
Bard soll künftig für alle Nutzer der Google-Dienste über „Extensions“ Informationen sammeln. So können Gmail-Nutzer etwa um eine Zusammenfassung aller E-Mails zu einem Thema oder von einem Absender bitten. Documents-Nutzer können nach spezifischen Informationen in ihren Dokumenten suchen oder Informationen aus anderen Google-Diensten wie Youtube oder Maps suchen und diese per Text einbinden lassen.
Insbesondere diese Kombination von Informationen aus verschiedenen Google-Angeboten könnte „Bard“ zu einem völlig neuen Angebot machen: So soll der Dienst etwa automatisch ganze Reisepläne inklusive Hotel- und Restaurantvorschläge unter Berücksichtigung der Nutzer-Vorlieben generieren, einfach, indem er Flugticket-Informationen aus Gmail mit Daten aus Maps kombiniert.
„Die wahre Magie von Erweiterungen liegt in der Fähigkeit, die Informationen aus den Extensions auf intuitive natürliche Weise miteinander zu kombinieren, als ob Sie mit einem Freund sprechen würden“, beschreibt Googles Produktmanager das Programm.
Bard ist aktuell jedoch nicht fehlerfrei – er spinnt bei manchen Antworten genauso wie die Konkurrenz ChatGPT. Googles Produktmanager überlassen die Faktenprüfung den Nutzern – zeigen jedoch automatisch Links zu den passenden Ergebnissen der klassischen Websuche an, um den Nutzern eine Einordnung der Antworten zu erleichtern.
„Wenn eine Aussage ausgewertet werden kann, wird sie in Bards Antwort mit einem Link zu Suche gekennzeichnet“, erklärt Google die Funktion. Diese Links sind jedoch keine Quellenangaben – diese beherrscht Bard noch nicht.
Da Bard für seine Antworten die persönlichen Daten der Nutzer aus Mails und Dokumenten nutzt, bleibt die Frage, inwieweit diese Daten dabei auch zum Training von Bard genutzt werden. Google versichert, dies sei nie der Fall: „Wenn ihr euch für die Workspace-Erweiterungen entscheidet, werden eure Inhalte aus Gmail, Docs und Drive nicht von menschlichen Prüfern gesehen oder von Bard genutzt, um euch Werbung zu zeigen oder das Bard-Modell zu trainieren“, versichert der Konzern seinen Nutzern.
Bard-Erweiterungen bald in 39 Sprachen
Überprüfen lässt sich das nicht, die Nutzer müssen Google also vertrauen – das tun sich jedoch auch bisher, ihre Daten liegen bereits auf Googles Servern.
Die beschriebenen neuen „Extensions“ funktionieren ab heute zunächst in englischer Sprache, in den nächsten Wochen und Monaten sollen die für 39 weitere Sprachen aktiviert werden. Wer die Bard-Extensions bereits jetzt ausprobieren will, muss die Nutzer-Sprache für seine Google-Dienste auf Englisch umstellen.
Darüber hinaus erweitert Google ab heute auch Bards Funktionen für Nutzer deutscher Sprache – Dienste wie etwa die KI-Bildsuche per Google Lens, die bislang nur auf Englisch funktionierten, werden erstmals auf Deutsch freigeschaltet.