So viel Lob wie für den Abschlussbericht der Kommission „Zukunft der Landwirtschaft“ gibt es selten in der Politik. Umwelt- und Tierfreunde, Bauernverband, Wissenschaft, Handel und Verbraucherschützer – alle zeigten sich zufrieden.
Kein Wunder, sie hatten ja an dem dieser Tage vorgelegten 170-Seiten-Papier mitgearbeitet, das einen Weg aufzeigen will, der den Bauern dauerhaft ein Auskommen sichert und zugleich eine ökologisch zukunftsfähige Agrarwirtschaft gestaltet, die dann auch auf das Wohlwollen der Gesellschaft trifft.
Einer der Kernpunkte des Berichts: Die Verbraucher sollen die Arbeit der Bauern nicht nur wertschätzen, sondern auch bereit sein, mehr für hochwertige Nahrungsmittel auszugeben.
Wie stark die Effizienzsteigerung bisher im Vordergrund steht, lässt sich an der Beschäftigungsstatistik ablesen. Kurz nach dem Krieg arbeitete jeder Vierte in der Landwirtschaft. Insgesamt fast fünf Millionen Menschen waren auf dem Acker und im Stall tätig. Heute trifft das nur noch auf 1,3 Prozent zu.
Trotzdem stieg die Erzeugung unablässig. In derselben Zeitspanne vervierfachte sich etwa der durchschnittliche Ertrag pro Hektar bei Weizen von 18,5 auf 78,3 Dezitonnen (100 Kilogramm). Eine Kuh erzeugt heute unvorstellbare 8457 Kilo (das entspricht 8291 Liter, Kilo ist das branchenübliche Maß) Milch jährlich.
Die Mäster sind so fleißig, dass in Deutschland ein Fünftel mehr Fleisch produziert wird, als die Verbraucher hierzulande essen. Nichts anderes besagt der Selbstversorgungsgrad von zuletzt 117,7 Prozent. Der Rest geht in den Export.
Auch das ist Effizienz: Reichte die Arbeit eines Landwirts zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts rechnerisch, um zehn Menschen zu ernähren, so sind es heute 135, wie der Bauernverband vorrechnet. Viel Technik, Wissen und Milliardeninvestitionen sind dazu erforderlich: leistungsstarke Hightech-Traktoren, Abschattungs- und Bewässerungssysteme im Obstanbau, Analyse der Bodenchemie und vieles andere.
Bauern sind zu Unternehmern geworden, die harte Konkurrenz auf den Weltmärkten zu spüren bekommen. So sind die Erzeugerpreise in den letzten Monaten zwar gestiegen, doch es ist ein ständiges Auf und Ab. Der Index lag im April mit 115,7 Punkten fast exakt auf demselben Niveau wie zwei Jahre zuvor.
Für Verbraucher hat die Effizienzsteigerung die erfreuliche Folge, dass nur noch rund 15 Prozent ihres privaten Verbrauchs auf Nahrung entfallen. Der Anteil ist zwar zuletzt gestiegen, er bleibt jedoch verglichen mit früheren Jahrzehnten moderat. Damals gaben die Menschen mehr als die Hälfte für Essen und Trinken aus. Doch die Gesellschaft will heute mehr von den Bauern als akzeptable Qualität zu Tiefpreisen.
Spitzenplätze auf der Wunschliste der Konsumenten nehmen artgerechte Haltung des Nutzviehs ein, dazu faire Entlohnung des Personals oder Verringerung der Emissionen. Dies zeigte eine Forsa-Umfrage für das Bundesernährungsministerium.
Das alles sollen Betriebe leisten, deren Gewinne Gutverdiener wenig beeindrucken dürften. Laut dem Portal Statista erreichte ein durchschnittlicher Haupterwerbsbetrieb im Wirtschaftsjahr 2019/20 ein Ergebnis von 64.455 Euro.
Die vielfach geforderte Wende hin zu einer nachhaltigeren Agrarwirtschaft hat längst begonnen. Ein Indiz: Jeder zehnte Hektar wird inzwischen ökologisch bewirtschaftet. Doch das Prinzip „Mehr Klasse statt mehr Masse“ soll künftig die ganze Landwirtschaft durchdringen.