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Wirtschaft Milch und Säfte im Fokus

Kampf dem Kunststoff – der Bund plant Ausweitung der Einweg-Pfandpflicht

Wirtschaftskorrespondent
Müll Müll
Plastik überall: Im Namen des Umweltschutzes fordert das Bundesumweltministerium, die Pfandpflicht auszuweiten
Quelle: Getty Images/fStop
Künftig sollen auch Flaschen mit Milch, Fruchtsaft und Smoothies bepfandet werden, schlägt das Bundesumweltministerium vor. Molkereien und Supermärkte lehnen den Schritt ab. Sie erwarten ein Hygiene-Problem, das im Vertriebsstopp enden könnte.

Worum geht es

Das Bundesumweltministerium (BMU) plant eine Ausweitung der Pfandpflicht. Ab 2022 soll bei Einweggetränkeverpackungen offenbar nicht mehr der Inhalt entscheidend sein, sondern die Art des Verpackungsmaterials.

Das zeigt der Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen, der WELT vorliegt.

Danach plant das BMU, dass künftig alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen und Getränkedosen unter die Pfandpflicht fallen, also auch Plastikflaschen mit Milch oder auch mit Fruchtsäften, Nektaren und Smoothies, die bislang jeweils ausgenommen sind.

Bei den beteiligten Branchen fällt die Reaktion darauf unterschiedlich aus. Die Fruchtsafthersteller zum Beispiel begrüßen die Ministeriumspläne. „Wir tragen diese Änderungen mit“, sagt Klaus Heitlinger, der Geschäftsführer des Verbands der deutschen Fruchtsaftindustrie (VdF).

Aber auch einzelne Unternehmen wie Eckes-Granini oder der zu Coca-Cola gehörende Smoothie-Hersteller Innocent begrüßen eine Pfandpflicht, gegen die ihre Branche bei der Einführung im Jahr 2003 noch erbittert gekämpft hatte.

Es fällt sogar das Wort „Keimschleuder“

Bei den Molkereien hingegen regt sich Widerstand. Eine Ausweitung der Pfandpflicht sei abzulehnen, steht in einem Brief des Milchindustrieverbandes (MIV) an mehrere Ausschüsse im Bundestag.

Als Begründung nennt Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser zuerst das Thema Hygiene: „Die Automaten für die Rücknahme und die anschließende Lagerung im Handel würden nicht nur zu Geruchsbelästigungen, sondern auch ein mikrobiologisches Problem mit sich führen, das die bisher eingesetzten Maschinen nicht lösen können.“ Gemeint ist die Restfüllung in den Flaschen, die beim Zerquetschen im Automaten austreten kann.

Das beschäftigt auch Supermärkte und Discounter. „Milchhaltige Getränke stellen enorme Anforderungen an die Hygiene, insbesondere im Zusammenwirken mit Zucker aus Limonaden“, sagt ein Sprecher des Handelsverbands Deutschland (HDE). Bei einer Supermarktkette fällt sogar das Wort „Keimschleuder“.

Die Molkereien befürchten daher, dass der Handel Milch in Plastikflaschen in der Konsequenz auslistet, sollte die bisherige Ausnahme tatsächlich aufgehoben werden. „Das käme einem Vertriebsverbot gleich“, schimpft Heuser, demzufolge der Anteil der Einwegplastikflaschen im Milchmarkt derzeit bei rund 15 Prozent liegt.

Problematische Mindestrezyklatquote

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Vor allem die Discounter lassen demnach Milch in Einwegplastikflaschen abfüllen, bei Lidl zum Beispiel gibt es die Weide- und Alpenmilch der Eigenmarke Milbona in dieser Verpackungsart, bei Konkurrent Aldi Nord ebenfalls Alpenmilch der Marke von Fair&Gut.

Der Großteil indes entfällt auf Milchmischgetränke, für die es aber weiterhin eine Ausnahme geben könnte, wie aus dem Referentenentwurf hervorgeht, jedenfalls wenn „keiner der Zusätze dazu verwendet wird, um einen Milchbestandteil vollständig oder teilweise zu ersetzen“.

Warum, lässt das BMU offen: „Wir befinden uns derzeit zu dem Entwurf noch in der Ressortabstimmung, kurz vor der Verbändeanhörung. Zu Zwischenständen können wir keine Auskunft geben“, heißt es aus dem Ministerium.

Problematisch findet der MIV auch eine geplante Mindestrezyklatquote für die Herstellung von Einwegverpackungen. Der Referentenentwurf sieht hier eine Größenordnung von 25 Prozent im Jahr 2025 und anschließend 30 Prozent im Jahr 2030 vor.

Zwar gibt es grundsätzlich große Zustimmung für eine solche Regelung, etwa bei Umweltverbänden, Entsorgern, Recyclern und in der Lebensmittelindustrie. Milch aber ist auch hier ein Sonderfall.

Frage der technischen Machbarkeit

„Denn Verpackungen für Milcherzeugnisse haben in der Regel fetthaltige Rückstände“, erklärt MIV-Chef Heuser. Und dieses Fett zu entfernen, sei nicht ohne Weiteres möglich. „Solange das nicht gewährleistet ist, sind diese Rezyklate nicht zu verwenden“, schreibt der Branchenvertreter in seinem Brief an die Parlamentarier.

Es müsse also erstmal grundsätzlich geprüft werden, ob diese Rezyklatquote bei Verpackungen für Milcherzeugnisse technisch überhaupt machbar ist.

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Und das passiert Heuser zufolge auch, konkret im Auftrag der EU-Kommission. Das britische Research- und Consulting-Unternehmen Eunomia untersucht, welche Rezyklate verwendet, ausgeweitet und verwertet werden können.

Angelegt ist dieser Test bis Ende 2022. „Diese Ergebnisse sollte man dringend abwarten“, fordert Heuser – nicht ohne den Seitenhieb auf das BMU, das die Umsetzung seiner Pläne schon für Anfang 2022 plant.

Mehrweg-Verpackung und Pfand für Essen to go geplant

Essen to go ist gerade in Corona-Zeiten für viele Gastro-Betriebe der Rettungsanker. Doch damit steigt auch der Verbrauch von Verpackungsmaterial. Das gefällt dem Bundesumweltministerium überhaupt nicht.

Quelle: WELT/Eybe Ahlers

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