WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistent für alle Fragen und Lebenslagen
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. Brauerei-Ranking: Das Ende der Bier-Nation Deutschland

Wirtschaft Brauerei-Ranking

Das Ende der Bier-Nation Deutschland

Wirtschaftskorrespondent
Quelle: Getty Images, Montage: Infografik WELT
Im weltweiten Vergleich spielen die heimischen Brauereien nur noch eine Nebenrolle. Deutschlands Nummer eins schafft es gerade mal noch auf Rang 23. Auch die Nachfrage hierzulande ist stark eingebrochen – mit großen regionalen Unterschieden.

Deutschlands Brauereien spielen im internationalen Biermarkt nur eine Nebenrolle. Zwar listet der aktuelle Barth-Haas-Bericht insgesamt sieben deutsche Anbieter im Ranking der 40 größten Braugruppen der Welt auf, das sind so viele wie aus keinem anderen Land.

Der Einfluss dieses Septetts auf die Weltbierproduktion ist aber vergleichsweise gering. Denn ihr Marktanteil liegt zusammengenommen bei gerade mal 2,6 Prozent. Zum Vergleich: Weltmarktführer AB Inbev kommt allein auf 29,3 Prozent, bei Verfolger Heineken aus den Niederlanden sind es 12,6 Prozent und die drittplatzierte China Resources Snow Breweries erreicht sechs Prozent.

Erst auf Platz 23 im Ranking steht mit Radeberger die erste Brauerei aus Deutschland – noch hinter Konkurrenten aus Japan, Irland, der Türkei, Vietnam, den Philippinen oder Chile. 11,6 Millionen Hektoliter hat die Oetker-Tochter im vergangenen Jahr produziert, der Marktanteil an der Weltbierproduktion liegt damit bei 0,6 Prozent.

Ins Ranking geschafft haben es von den heimischen Brauern zudem auch die TCB Beteiligungsgesellschaft mit Marken wie Feldschlösschen, Gilde oder Frankfurter auf Platz 24, dazu Billigbrauer Oettinger auf Rang 28, die Bitburger Braugruppe auf 30, Krombacher auf 31, Paulaner auf 32 und Warsteiner auf Platz 38.

Quelle: Infografik WELT

Fakt ist aber auch: Einzelne Marken aus Deutschland tragen durchaus zum Erfolg großer Braugruppen aus dem Ausland bei. Becks und Hasseröder, Spaten und Franziskaner oder auch Löwenbräu und Diebels zum Beispiel gehören zu Weltmarktführer AB Inbev, Holsten, Astra und Lübzer wiederum zur dänischen Carlsberg-Gruppe, die auf Platz vier des Rankings liegt.

Die numerisch zweitstärkste Nation im Welt-Bier-Ranking ist mittlerweile China mit fünf Brauereien in den Top 40. Wobei sich allein drei dieser Unternehmen unter den Top Ten befinden: neben China Resources Snow auch Tsingtao und Yanjiing.

In Summe kommen die chinesischen Anbieter auf einen Marktanteil von 13,2 Prozent, das wird nur noch von Belgien übertroffen, wo der Hauptsitz von AB Inbev liegt. Die drittmeisten Hersteller im Ranking von Barth-Haas stellt schließlich Japan mit insgesamt vier Vertretern, angeführt von der weltweit bekannten Marke Asahi auf Platz sieben der Liste.

Quelle: Infografik WELT

Kaum verwunderlich also, dass Asien mittlerweile die Weltregion mit der größten Bierproduktion ist. Knapp 612 Millionen Hektoliter wurden dort im Jahr 2019 gebraut. Dahinter folgt Europa mit fast 531 Millionen Hektolitern und dann Nordamerika mit 357 Millionen und Südamerika mit 230 Millionen.

In Summe wurden im vergangenen Jahr 1,91 Milliarden Hektoliter Bier hergestellt, das sind 0,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf die zehn größten Brauereien entfallen dabei allein 71,6 Prozent dieses Volumens.

Anzeige

Die Top 40, deren Wachstum noch mal größer war als das des Gesamtmarktes, stehen sogar für rund 90 Prozent der Produktion. Mit Abstand größter Einzelmarkt ist China, gefolgt von den USA, Brasilien, Mexiko und schließlich Deutschland auf Platz fünf.

Lesen Sie auch

2020 dürfte dann vieles anders aussehen in der Branche. „Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen angesichts der Corona-Pandemie deutlich zurückgehen werden“, prognostiziert Heinrich Meier, der Autor des Barth-Haas-Berichts. „Bis März war die Nachfrage aus allen Bereichen der Brauwirtschaft noch durchweg gut. Das hat sich dann aber schlagartig geändert, als klar wurde, dass die rasche Ausbreitung des Coronavirus nur mit drastischen Maßnahmen bekämpft werden konnte, die das öffentliche Leben radikal einschränken.“

Barth-Haas, die als weltgrößter Hopfenhändler einen guten Einblick in die Lage der Brauereien haben, rechnen nun infolge der Lockdowns und des vielerorts noch immer schleppenden Gastronomie- und Event-Geschäfts mit einem Einbruch der weltweiten Bier-Produktion in Höhe von acht bis 14 Prozent. „Aus heutiger Sicht wird der Bierausstoß das Niveau von 2019 frühestens 2022 wieder erreichen, wenn nicht sogar noch später“, sagt Experte Meier.

Starker Rückgang in Hessen und Schleswig-Holstein

Wie angespannt die Lage in der Brauwirtschaft ist, zeigt sich auch in Deutschland. Zwar haben die heimischen Hersteller im August erstmals in diesem Jahr mehr Bier verkauft als im jeweiligen Vorjahresmonat, meldet das Statistische Bundesamt. Mit gut 8,4 Millionen Hektolitern lag der Ausstoß zwei Prozent höher als im August 2019.

Dennoch sind die Zahlen eher enttäuschend, heißt es vom Deutschen Brauer Bund (DBB). Denn zum einen war der August im Vorjahr regelrecht desaströs mit einem Minus von damals 11,4 Prozent. Die Vergleichsbasis ist also extrem schwach. Zum anderen habe die Mehrheit der Deutschen aufgrund der Corona-Pandemie den Urlaub im eigenen Land verbracht. Und das bei gutem Sommerwetter.

Die Zahlen hätten also noch deutlich stärker steigen können. „Die deutsche Brauwirtschaft befindet sich in einem der schwierigsten Jahre ihrer Geschichte“, kommentiert DBB-Hauptgeschäftsführer Holger Eichele. Für viele Unternehmen sei diese Lage mittlerweile sogar in höchstem Maße existenzgefährdend.

Lesen Sie auch

Ein Minus zwischen vier und acht Prozent prognostiziert der Verband für das Corona-Jahr 2020. Und die jüngste Statistik liegt da mittendrin: Für die ersten acht Monate von Januar bis inklusive August meldet das Statistische Bundesamt einen Bierabsatz in Deutschland von 60,5 Millionen Hektolitern, das sind 5,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Verluste sind dabei ungleich verteilt.

Anzeige

Besonders heftig ist der Einbruch in Hessen und Schleswig-Holstein mit jeweils über 20 Prozent. In Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und in Rheinland-Pfalz wiederum sind die Verluste leicht überdurchschnittlich. Dagegen kommen Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt noch mit einem kleinen Minus davon. Und Thüringen und Berlin/Brandenburg liegen sogar im Plus.

Bayern und Nordrhein-Westfalen mit größtem Bierkonsum

Wobei Thüringen und Berlin/Brandenburg mit 2,1 und 2,7 Millionen Hektolitern in den ersten acht Monaten jeweils zu den kleineren Regionen in der Verbrauchsstatistik gehören. Am höchsten sind die Konsumzahlen in Bayern mit 15,8 Millionen und Nordrhein-Westfalen mit 14,2 Millionen Hektolitern. Denn beide Länder sind sowohl bevölkerungsreich als auch touristisch stark. Die niedrigsten Zahlen im bisherigen Jahresverlauf gibt es in Sachsen-Anhalt und Hessen mit jeweils nur gut 1,2 Millionen Hektolitern.

Quelle: Infografik WELT

Unabhängig vom Land kämpfen die Brauereien zeitgleich an vielen Fronten. Der Export zum Beispiel ist zeitweise fast vollständig zusammengebrochen, dazu stockt das Gastronomiegeschäft und auch Events, Feste und Sportveranstaltungen fallen flächendeckend weg. Die Stadien der Fußball-Bundesliga, aber auch die Hallen beim Handball und Eishockey gehören an Spieltagen sonst zu den größten Kneipen in Deutschland.

Allein der Heimkonsum funktioniert noch. Und wie. Marktforscher Nielsen Germany meldet den stärksten Bierabsatz im Lebensmitteleinzelhandel und in Getränkeabholmärkten seit 15 Jahren. Durchschnittlich 38,6 Liter Bier und Biermixgetränke hat jeder Bundesbürger im ersten Halbjahr 2020 dort gekauft, das sind fast acht 0,33-Liter-Flaschen oder umgerechnet 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Gekauft wurde dabei vor allem Kistenware. „Grund dafür ist sicherlich das Thema Bevorratung“, erklärt Marcus Strobl, der Biermarktspezialist von Nielsen. Die meistgekaufte Sorte bleibt dabei mit weitem Abstand Pils mit einem Marktanteil von 50,4 Prozent, die größten Zuwächse erzielt aber Helles, das mit fast acht Prozent nun auf Platz zwei im Sortenranking liegt.

„Das Angebot rund um Hellbier wird immer größer. Helles wird längst nicht mehr nur in Süddeutschland getrunken, sondern setzt sich bundesweit durch – auch bei jungen Leuten“, beschreibt Strobl.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema