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Wirtschaft Preiserhöhung

Warum Bier in Deutschland jetzt so viel teurer werden wird

Wirtschaftskorrespondent
ONL Bierpreise 1124

Die großen Brauereien haben den Bierpreis erhöht. Die Kiste Premium-Pils ist durchschnittlich einen Euro teurer geworden. Viele Brauer beklagen, dass der Handel Bier viel zu billig verkauft.

Quelle: WELT/ Kevin Knauer

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Mit ständigen Rabatt-Aktionen verpassen Super- und Getränkemärkte dem Bier das Image eines Billiggetränks.
  • Jetzt steuern genervte Brauereien dagegen – und erhöhen trotz sinkender Nachfrage den Preis.
  • Bei Supermarktketten kostet die klassische 20er-Kiste mit Halbliterflaschen in der Folge üblicherweise einen Euro mehr.

Worum geht es

Flaschenbier ist in Deutschland deutlich teurer geworden. Mehrere Großbrauer haben in den vergangenen Wochen die Abgabepreise an den Handel erhöht, darunter Krombacher, Bitburger, Veltins und Radeberger.

Bei Supermarktketten und Getränkeabholmärkten kostet die klassische 20er-Kiste mit Halbliterflaschen in der Folge üblicherweise einen Euro mehr. Die „Lebensmittel Zeitung“ nennt für Premiumbier einen Durchschnittspreis von 14,79 Euro. Supermärkte hatten zuvor 13,79 Euro berechnet, Getränkemärkte 13,49 Euro.

Branchenriese Krombacher rückt mit einer unverbindlichen Preisempfehlung in Höhe von 14,99 Euro sogar ganz nah an die psychologisch wichtige Schwelle von 15 Euro heran. Im vergangenen Herbst noch hatten die Siegerländer ihre geplante Preiserhöhung ausgesetzt, seit Anfang März wird der Aufschlag aber doch verlangt.

Letzte Preisrunde ist schon zehn Jahre her

„Deutlich gestiegene Preise für Energie, Löhne, Logistik und auch Rohstoffe haben diesen Schritt nötig gemacht“, begründet ein Sprecher den Schwenk. Schließlich sei die letzte Erhöhung mittlerweile zehn Jahre her.

Konkurrent Bitburger hat schon einige Wochen vor dem Marktführer gehandelt. Mitte Januar wurden die Abgabepreise sowohl der Hauptmarke Bitburger als auch von König Pilsener, Köstritzer, Licher, Wernesgrüner und Königsbacher erhöht. Geschäftsführer Axel Dahm rechnet daher für 2018 mit einem Absatzrückgang: „In jedem Preiserhöhungsjahr muss man davon ausgehen, dass man beim Absatz nicht wachsen kann.“

Dennoch seien die Aufschläge nötig gewesen, auch um die Wertigkeit des Bieres wieder zu stärken.

Dahm beklagt wie viele andere Brauer, dass der Handel Bier viel zu billig verkauft. Und tatsächlich gibt es in den Handzetteln immer wieder Sonderangebote mit Kistenpreisen von weniger als zehn Euro. „Wir verfolgen den wertvernichtenden Preiskampf zwischen den großen Handelsketten seit Jahren mit großer Sorge“, heißt es dazu vom Deutschen Brauer Bund. Doch gerade die Aussicht auf ein Schnäppchen lockt die Verbraucher offenbar in die Märkte.

Die Markentreue ist weg: Hauptsache billig

Laut den Konsumforschern der GfK jedenfalls finden mittlerweile gut 70 Prozent der privaten Bierkäufe in der Aktion statt. Die Markentreue lässt dabei von Jahr zu Jahr nach. Gerade im Bereich der Premiumbiere wird schlicht gekauft, was gerade im Angebot ist.

Wertigkeit und steigende Kosten sind dabei auch für Radeberger ein Thema. Der größte deutsche Brauereikonzern hat Anfang Februar seine Abgabepreise an den Handel erhöht. Zum einen wurden Teile des Flaschenbiersortiments teurer, mit Marken wie Radeberger, Jever, Berliner Kindl, Ur-Krostitzer oder Allgäuer Büble. Zum anderen kosten auch 5-Liter-Party-Fässchen mehr, dazu die von der Braugruppe vertriebenen Importmarken Guinness und Kilkenny.

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Doch nicht jeder kann diesen Weg gehen. Konkurrent Warsteiner etwa ist bei der aktuellen Preisrunde nicht dabei. Die angeschlagene Brauerei – Warsteiner hat binnen zehn Jahren fast 30 Prozent seiner Absatzmenge eingebüßt – mussten eine angekündigte Erhöhung wieder zurücknehmen. Und auch Hasseröder, das jüngst von der Beck’s-Mutter AB Inbev an einen Finanzinvestor verkauft wurde, ist zuletzt eher noch im Preis gesunken.

Brauer hofft auf Frust-Saufen in der Rezession

Für Veltins-Chef Michael Huber kommt das nicht überraschend. „Ihren Preis und ihre Premiumpositionierung werden einige überdenken müssen“, hatte er noch zu Jahresbeginn bei der Bilanzvorlage der Sauerländer gesagt. „Es gibt einige wenige erfolgreiche Marken, denen man guten Gewissens auch in Zukunft Wachstum zutrauen kann, und es gibt jene Marken, die den Zenit ihres Lebenszyklus schon sichtbar überschritten haben“, analysiert Geschäftsführer-Kollege Volker Kuhl, der bei Veltins für Marketing und Vertrieb zuständig ist. „Bis 2025 wird es nicht mehr für alle Premium-Anbieter im Markt reichen“, sagt Kuhl und prognostiziert sowohl Übernahmen als auch Pleiten im Markt.

Denn die Gesamtlage ist alles andere als rosig. Zwar verzeichnen einige Brauereien weiterhin Zuwächse, im vergangenen Jahr zum Beispiel Krombacher, Veltins und Paulaner oder auch etliche regionale Marken und Craft-Brauer.

In Summe aber ist der Markt zuletzt deutlich eingebrochen: 2017 haben die heimischen Brauereien gerade noch 93,5 Millionen Hektoliter produziert und damit so viel wie zuletzt vor der Wiedervereinigung, also damals allein in Westdeutschland. Seither gibt es aber 17 Millionen Konsumenten mehr in Deutschland, wie Veltins-Chef Huber betont.

Sorge bereitet dem Unternehmer, dass die Brauereien zuletzt nicht mal von der guten Konjunkturlage in Deutschland profitieren konnten. „Wenn jetzt noch die Wirtschaft einbrechen sollte“, scherzt Huber, „kann ich nur hoffen, dass die Leute anfangen, aus Frust zu saufen.“

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