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  3. Bier ist nicht „bekömmlich“: Brauerei Härle verliert vor Gericht

Wirtschaft Gerichtsurteil

Bier darf nicht als „bekömmlich“ beworben werden

Wirtschaftskorrespondent
ONL_Bier_2015

Millionen Deutsche finden es extrem schmackhaft, aber eines ist Bier wohl eher nicht - bekömmlich. So darf es zukünftig auch nicht mehr beworben werden. Für eine Familien-Brauerei hat das Konsequenzen.

Quelle: N24

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Ein baden-württembergischer Brauer wollte sein Bier „bekömmlich“ nennen. Ein Gericht untersagte die Verwendung des Begriffs jedoch – das Urteil könnte ein Präzedenzfall für die Branche werden.

Worum geht es

Bekömmlich, süffig – aber nicht schwer. So charakterisiert und beschreibt Gottfried Härle das Bier, das seine Brauerei im baden-württembergischen Leutkirch herstellt. Eben „so richtig nach dem Geschmack der Biertrinkerinnen und Biertrinker in Oberschwaben und im Allgäu“. Aber nicht nach dem Geschmack der Werbeexperten beim Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), die eine einstweilige Verfügung gegen die Werbung erwirkt haben.

Und auch nicht nach dem Geschmack der Richter am Landgericht in Ravensburg. Die nämlich haben der Brauerei ihren Werbespruch untersagt und damit einen Präzedenzfall in der deutschen Braubranche geschaffen. Bier als „bekömmlich“ zu bewerben, verstoße gegen eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft, hieß es zur Begründung.

EU-Recht verbietet Verschweigen von Gefahren

Tatsächlich verbietet das EU-Recht für Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent Alkohol Angaben, die eine Verbesserung des Gesundheitszustands versprechen. Und genau das liegt aus Sicht des Gerichts vor. „Das Wort ‚bekömmlich’ suggeriert, dass Bier für den Körper verträglich ist“, sagte der Vorsitzende Richter Harald Göller.

Das sei eine gesundheitsbezogene Aussage – und damit verboten in der Bierwerbung. Göller lehnt sich mit seinem Richterspruch an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an.

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Vor drei Jahren hatten die Richter dort entschieden, dass die Winzergenossenschaft Deutsches Weintor den geringen Säuregehalt ihrer Weine nicht mit Beschreibungen wie „bekömmlich“, „sanfte Säure“ oder „Edition Mild“ bewerben darf (Aktenzeichen C-544/10). Härle allerdings hält diesen Quervergleich für unzulässig. Das EuGH-Urteil nehme ganz klar Bezug auf die Zusatzaussage, dass der Wein deshalb bekömmlich sein solle, weil er einen niedrigen Säuregehalt habe.

„Bei Wein kann der Säuregehalt zu Beschwerden führen. Daher ist das dort auch eine gesundheitsbezogene Aussage.“ Beim Bier sei das nicht der Fall, deswegen könne man die Fälle nicht vergleichen.

Auch andere Brauer werben mit „bekömmlich“

Deswegen schließt die Brauerei Härle auch weitere rechtliche Schritte nicht aus. „Wir werden die Urteilsbegründung prüfen und dann entscheiden, ob wir beim Oberlandesgericht Berufung einlegen“, sagte Härle-Verteidiger Roland Demleitner, der auch Geschäftsführer des Verbands Private Brauereien Deutschland ist.

Er jedenfalls halte es weiterhin für fraglich, ob die bloße Verwendung des Wortes „bekömmlich“ schon gesundheitsbezogen sei. Der Kontext der Werbung müsse immer mit berücksichtigt werden. Und die Brauerei habe lediglich den Geschmack des Bieres bewerben wollen.

Der Verband kämpft auch deswegen so vehement für die Werbung der Brauerei Clemens Härle, weil auch andere kleine und mittelgroße Bierhersteller hierzulande den Begriff „bekömmlich“, der laut Duden vom mittelhochdeutschen „bekom(en)lich“ abstammt und so viel wie „passend“ oder „bequem“ bedeutet, benutzen.

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Konkrete Beschwerden allerdings hat es bislang nur im Fall Härle gegeben. Und die haben sofort den Verband Sozialer Wettbewerb aus Berlin auf den Plan gerufen, der dann auch die rechtlichen Schritte eingeleitet hat. Der VSW vertritt die Auffassung, dass der Begriff „bekömmlich“ die Gefahren des Alkoholkonsums verschweigt und noch dazu eine Verbesserung des Gesundheitszustands suggeriert.

Angelika Lange, die Geschäftsführerin des VSW, sieht sich im Ravensburger Urteil daher bestätigt. Sie habe nichts gegen Bierwerbung – nur eben nicht mit angeblichen gesundheitlichen Vorteilen. Denn mit Alkoholkonsum seien viele Gesundheitsrisiken verbunden. „Normalerweise halten sich die Brauereien an die Vorgaben.“ Der aktuelle Fall sei nur ein Ausreißer. Ähnliche Beschwerden gebe es nicht.

„Werbung bei alkoholischen Getränken ist heikel“

Für Experten kommt das Urteil nicht überraschend. Zumal auch der Bundesgerichtshof schon ähnlich entschieden hat. Vor vier Jahren wurde die Bezeichnung „wohltuend und bekömmlich“ im Zusammenhang mit einem Werbeslogan für den Gurktaler Kräuterlikör untersagt.

„Werbung bei alkoholischen Getränken ist heikel“, sagt daher Constantin Rehaag, Marken- und Wettbewerbsrechtler bei der Kanzlei Dentons. „Da muss man sich immer auf Gegenwind einstellen, zumal nicht nur die Regeln in Deutschland beachtet werden müssen, sondern auch die europäischen Verordnungen.“

Tatsächlich hat die EU der Verwendung von Werbeaussagen durch die sogenannten Health-Claims-Verordnung enge Grenzen gesetzt. Und das nicht nur beim Alkohol. „Es kommt häufig zu Verfahren rund um Werbung für Lebensmittel und Getränke“, sagt Rehaag. Auch Aussagen wie „Reich an Vitaminen“, „zuckerarm“ oder „wenig Fett“ stehen ständig auf dem Prüfstand.

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