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Helikopter-Unfall im Iran

„Wir sagten, dass wir zu helfen bereit seien“, bestätigt US-Außenministerium

Veröffentlicht am 21.05.2024Lesedauer: 7 Minuten

Der iranische Präsident Raisi und Außenminister Amirabdollahian sind bei einem Hubschrauberabsturz im Iran ums Leben gekommen. Ajatollah Chamenei hat eine fünftägige Staatstrauer angeordnet. Im Iran finden heute Trauerzeremonien statt.

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi und sein Außenminister Hussein Amirabdollahian starben am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz. Die USA bestätigen, sie hätten bei der Suche geholfen – taten es aber nicht. Bereits am Montag Absturz stand das Wahldatum für Raisis Nachfolger fest.

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Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi bei einem Hubschrauberabsturz soll am 28. Juni sein Nachfolger gewählt werden. Auf dieses Datum hätten sich die iranischen Behörden verständigt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Montag. Mohammed Mochber, der vom geistlichen Oberhaupt des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, vorübergehend zu Raisis Nachfolger ernannt wurde, habe ebenfalls zugestimmt. Alle Kandidaten können sich laut Irna in der Zeit vom 30. Mai bis zum 3. Juni für die Wahl registrieren lassen. Der Wahlkampf soll dann vom 12. bis zum 27. Juni dauern.

Zuvor hatten Rettungsteams nach einer mehrstündigen Suchaktion den Hubschrauber entdeckt, mit dem Raisi und Außenminister Hussein Amirabdollahian verunglückt sind. Das Staatsfernsehen berichtete, als der Hubschrauber gefunden wurde, „gab es keine Anzeichen dafür, dass die Passagiere noch am Leben sind“.

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Am späten Montagabend teilte ein Sprecher des US-Außenministeriums mit, dass der Iran die USA um Hilfe gebeten hätte. Ministeriumssprecher Matthew Miller ergänzte in Washington: „Wir sagten, dass wir zu helfen bereit seien – etwas, was wir für jede Regierung in einer solchen Situation tun würden.“ Jedoch hätten die USA „hauptsächlich aus logistischen Gründen“ die erbetene Hilfe nicht leisten können – Details nannte Miller nicht.

Matthew Miller, Sprecher des US-Außenministeriums
Matthew Miller, Sprecher des US-AußenministeriumsQuelle: picture alliance/Anadolu/Celal Gunes

Inzwischen hat Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei fünf Tage Staatstrauer angeordnet. Zugleich wurde Irans Vizepräsident Mochber zum neuen Interims-Staatschef und der bisherige Atom-Chefunterhändler Ali Bagheri zum neuen Chefdiplomaten des Landes ernannt.

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Die Trauerfeierlichkeiten für Raisi und Amirabdollahian sind für Dienstag vorgesehen. Zunächst sei am Morgen eine Zeremonie im Nordwesten in der Provinzhauptstadt Tabris geplant, danach in der religiösen Hochburg und Pilgerstadt Ghom, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim. Das Datum für die Beerdigung der beiden Staatsmänner ist noch nicht bekannt. Raisi soll in seiner Heimatstadt Maschhad begraben werden.

Sucheinsatz beendet

Strömender Regen und Wind hatten die Suche nach dem verschollenen Helikopter in der bergigen Region erschwert. Ein Video von Irna zeigte die Absturzstelle an einem steilen Hang mitten im Wald. Die Rettungskräfte verschafften sich mit einer kleinen Kameradrohne einen Überblick. Neben den Rettungsteams waren auch die iranischen Streitkräfte an der Suche beteiligt.

In einem Video beschrieben sie die Kabine des Hubschraubers als „völlig ausgebrannt“. Eine türkische Drohne hatte zuvor eine Wärmequelle auf einem Hügel entdeckt. Die Koordinaten seien den iranischen Behörden übermittelt worden, hieß es.

Mittlerweile sind inzwischen alle Leichen geborgen, der Sucheinsatz wurde damit beendet. Trotz starker Verbrennungen sei die Identität der Insassen am Montag festgestellt worden, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim. Ihre Leichen seien inzwischen nach Tabris, Hauptstadt der Provinz Ost-Aserbaidschan, überführt worden.

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Die mutmaßliche Absturzstelle des Hubschraubers im Iran – das Bild verbreitete die staatliche Nachrichtenagetur Irna bei TelegramQuelle: Irna/Screenshot WELT
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Bild aus einem Video des Roten Halbmonds von der AbsturzstelleQuelle: AFP/HANDOUT

Der 63-jährige Raisi war am Sonntagnachmittag zusammen mit Außenminister Amirabdollahian auf der Rückreise von einem Treffen mit dem Präsidenten des Nachbarlandes Aserbaidschan, Ilham Aliyev. Gemeinsam hatten sie dort einen Staudamm eingeweiht. An Bord des Hubschraubers waren auch der Gouverneur sowie der Freitagsprediger aus der Provinzhauptstadt Tabris.

Mit insgesamt drei Hubschraubern machte sich der Tross danach auf den Rückweg gen Iran, doch die Präsidentenmaschine kam nicht an ihrem Bestimmungsort an.

Wie iranische Medien berichteten, liegt der Unglücksort in der Nähe von Dscholfa – mehr als 600 Kilometer von der Hauptstadt Teheran entfernt, nahe der Grenze zu Aserbaidschan.

Absturzstelle des Hubschraubers in der iranischen Provinz Ost-Aserbaidschan
Absturzstelle des Hubschraubers in der iranischen Provinz Ost-AserbaidschanQuelle: Infografik WELT

Crash of a helicopter carrying Iran's President Ebrahim Raisi
Die Rettungs-Teams waren in dichtem Nebel unterwegsQuelle: via REUTERS

In Raisis Heimatstadt Maschhad im Nordosten des Landes versammelten sich Dutzende Gläubige in dem zentralen Pilgerschrein, wie der staatliche Rundfunk berichtete. Auch in anderen Landesteilen, wie der religiösen Hochburg Ghom, strömten Anhänger in die Moscheen.

In den sozialen Medien hingegen gab es auch viele Iranerinnen und Iraner, die sich über das Unglück freuten. Dort breitete sich Schadenfreude aus.

Luftwaffe gilt als stark veraltet

Spekuliert wurde, ob der Hubschrauber wegen eines technischen Defekts abgestürzt sein könnte. Irans Luftwaffe gilt als stark veraltet, ihre Modernisierung kommt angesichts scharfer internationaler Sanktionen kaum voran. Viele Flugzeuge und Helikopter stammen noch aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979, als das Land enge Beziehungen zu den USA unterhielt. Das gilt auch für den Bell-212-Hubschrauber mit Raisi an Bord. Unfälle und Abstürze kommen immer wieder vor.

Der iranische Armeechef forderte derweil eine gründliche Untersuchung der Absturz-Ursache des Hubschraubers gefordert. Laut einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur Isna vom Montag stellte General Mohammed Bagheri dazu im Verteidigungsministerium ein technisch hochversiertes Team zusammen. Seit dem Absturz wird im Iran darüber spekuliert, ob schlechtes Wetter, ein technischer Defekt oder gar ein Sabotageakt des Erzfeindes Israel für den Vorfall verantwortlich gewesen sein könnte. Da zwei weitere Hubschrauber der iranischen Delegation sicher ihr Ziel erreicht hatten, dürfte das Wetter Beobachtern zufolge keine große Rolle gespielt haben.

Am späten Montagabend teilte ein Sprecher des US-Außenministeriums mit, dass der Iran die USA um Hilfe gebeten hätte. Ministeriumssprecher Matthew Miller ergänzte in Washington: „Wir sagten, dass wir zu helfen bereit seien – etwas, was wir für jede Regierung in einer solchen Situation tun würden.“ Jedoch hätten die USA „hauptsächlich aus logistischen Gründen“ die erbetene Hilfe nicht leisten können – Details nannte Miller nicht.

In Gedenken an Raisi hängten Männer an der iranischen Botschaft in Bagdad ein großes Porträt von ihm auf
In Gedenken an Raisi hängten Männer an der iranischen Botschaft in Bagdad ein großes Porträt von ihm aufQuelle: AFP/AHMAD AL-RUBAYE

John Kirby, Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, teilte indes am Montag (Ortszeit) mit, die Iraner sollten „keine Veränderung im amerikanischen Verhalten erwarten“. Das Verhältnis der beiden Länder wird also auf absehbare Zeit keine Besserung erfahren. Die USA gingen davon aus, dass der Führungswechsel im Iran nichts an dessen Unterstützung für die Hamas, die Hisbollah oder die Huthis im Jemen ändern werde.

Die Vereinigten Staaten hätten keine Erkenntnisse zur Ursache des Hubschrauberabsturzes, bei dem Raisi, Amirabdollahian und andere Personen ums Leben kamen, sagte Kirby weiter.

Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei, 85, rief die Nation dazu auf, für den Präsidenten zu beten. Gleichzeitig versicherte das Staatsoberhaupt, dass der Vorfall die Regierungsgeschäfte nicht beeinträchtigen werde. „Die iranische Nation sollte sich keine Sorgen machen. Es wird keine Unterbrechung der Aktivitäten des Landes geben“, sagte Chamenei laut Irna.

Dieser Helikopter sollte Raisi und weitere Politiker in den Iran fliegen. Das Foto zeigt die Maschine beim Start in Aserbaidschan
Dieser Helikopter sollte Raisi in den Iran fliegen. Das Foto zeigt die Maschine beim Start in AserbaidschanQuelle: picture alliance/dpa/IRNA/Ali Hamed Haghdoust

Gemäß Verfassung ist Raisi zwar Regierungschef, er gilt jedoch als eher schwacher Präsident – zumal Chamenei als Staatsoberhaupt ohnehin die mächtigere Stellung und in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat.

Raisi war im August 2021 als neuer Präsident des Irans vereidigt worden. Der erzkonservative Kleriker wurde damit offiziell der Nachfolger von Hassan Ruhani, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten durfte. Als Spitzenkandidat der politischen Hardliner sowie Wunschkandidat und Protegé des Religionsführers Ajatollah Ali Chamenei hatte Raisi die Präsidentenwahl im Juni mit knapp 62 Prozent der Stimmen gewonnen.

Alijew (r.) und Raisi hatten am Sonntagmorgen einen Staudamm eingeweiht
Aserbaidschans Präsident Alijew (r.) und Raisi hatten am Sonntag einen Staudamm eingeweihtQuelle: picture alliance/ZUMAPRESS.com/Iranian Presidency

Der 1960 in Maschhad geborene Raisi gilt innerhalb des islamischen Systems als sehr einflussreich. Er pflegt ein enges Verhältnis zu Chamenei. Raisi war über drei Jahrzehnte in der Justizbehörde tätig, 2019 wurde er zum Justizchef ernannt.

In seiner früheren Funktion als Staatsanwalt soll er im Jahr 1988 für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten verantwortlich gewesen sein, die ihm von Gegnern auch den Titel „Schlächter von Teheran“ einbrachte. Laut Verfassung ist Raisi Regierungschef, Chamenei ist als Staatsoberhaupt mächtiger und hat in allen strategischen Belangen das letzte Wort.

Einschätzung der Lage durch deutsche Politiker

Das sehen auch die Politiker in Deutschland so: Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte dem Magazin „Spiegel“ am Montag, „ohne diesen einen Hardliner wird das Regime dennoch ein aggressives bleiben“. Es sei aber denkbar, dass hinter den Kulissen „heftige Diadochenkriege um die Nachfolge des Revolutionsführers ausbrechen“.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warnte vor einer Illusion, dass Iran nun seine geopolitische Agenda ändern werde. „Der Tod Raisis wird die Politik der Islamischen Republik nach außen nicht ändern“, sagte er dem Magazin. Die zentralen Entscheidungen im politischen System Irans würden von Revolutionsführer Ayatollah Ali Chamenei getroffen und nicht vom Präsidenten. Der iranischstämmige FDP-Politiker sagte weiter, der Tod Raisis sei aber für die innenpolitische Frage relevant, wer die möglichen Nachfolger Chameneis sein könnten.

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt sieht nun allerdings eine kleine Chance auf Wandel. „Viele Menschen, nicht nur in Iran, hoffen nun auf Veränderung“, sagte Hardt dem „Spiegel“. Das überalterte Mullah-Regine werde Probleme haben, den Präsidenten kurzfristig durch eine Person mit gleicher Autorität zu ersetzen. „Die Machtkämpfe an der Spitze werden nun neu entfacht.“

Hinweis der Redaktion: Der Artikel enthielt zuvor ein Foto eines Flugzeugwracks. Das Foto wurde mittlerweile von der Deutschen Presseagentur zurückgezogen. Deshalb wurde es entfernt.

dpa/rtr/AFP/AP/con/gub/krei/kami/jr/jag