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Staatsanwaltschaft ermittelt

Schüler applaudieren bei Kinobesuch für Ermordung von Juden

Autorenprofilbild von Constantin Weeg
Von Constantin WeegRedakteur Nachrichten und Gesellschaft
Veröffentlicht am 22.02.2024Lesedauer: 2 Minuten
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Screenshot aus dem Fernsehfilm „Die Wannseekonferenz“ von 2022Quelle: ZDF/Screenshot

Während einer Filmvorstellung klatschen Berufsschüler Beifall, als die Zahl der während der NS-Diktatur ermordeten Juden eingeblendet wird. Hessens Kultusminister ist entsetzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung.

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Eine Gruppe Berufsschüler klatscht Beifall, während in einem Wiesbadener Kino ein Film zu Ende geht. Sie sehen die letzten Sekunden des Dramas „Die Wannseekonferenz“ – und applaudieren ausgerechnet in dem Moment, als der Satz eingeblendet wird: „Sechs Millionen Juden wurden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet“.

Der „Wiesbadener Kurier“ hatte zuerst über den mutmaßlich antisemitischen Vorfall berichtet, der sich schon am 30. Januar ereignet hatte. Auf WELT-Anfrage bestätigte die Wiesbadener Staatsanwaltschaft Ermittlungen, der Anfangsverdacht auf Volksverhetzung nach Paragraf 130 StGB sei gegeben.

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Die Ermittlungen laufen demnach zunächst gegen Unbekannt. Ein Pressesprecher teilte mit, dass die Personendaten der tatverdächtigen Schüler „bislang noch nicht bekannt“ seien. Die Namen seien aber bekannt und würden übermittelt.

Auch Michael Ashelm, Pressesprecher des hessischen Kultusministeriums, bestätigte den Vorfall gegenüber WELT. Die Vorwürfe richten sich demnach gegen eine Gruppe von sechs Jugendlichen, die gemeinsam mit rund 55 Mitschülerinnen und Mitschülern sowie drei Lehrern die Filmvorführung in der „Caligari Filmbühne“ besucht hatten.

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Dem Ministerium zufolge soll der Abspann erst nach dem Hinweis und dem Applaus begonnen haben. Dass der Beifall also dem gesamten Film galt und es sich nur um ein Missverständnis handelt, ist also unwahrscheinlich. Nach WELT-Informationen haben fünf der sechs Verdächtigen einen Migrationshintergrund.

Kultusminister kündigt Konsequenzen an

Kultusminister Armin Schwarz reagierte bestürzt. „Der Vorfall ist unerträglich und hat uns entsetzt“, ließ Schwarz gegenüber WELT mitteilen. „Er wird schonungslos aufgearbeitet und Konsequenzen haben. Antisemitismus und Aggressionen gegenüber Jüdinnen und Juden sind mit unseren Werten unvereinbar.“

Besucher der „Caligari Filmbühne“ während einer Vorführung (Archiv)
Besucher der „Caligari Filmbühne“ während einer Vorführung (Archiv)Quelle: picture alliance/dpa/Nicolas Armer

Der Schulleiter habe „eine intensive Aufarbeitung des Vorgangs in die Wege geleitet“, sämtliche schulischen Gremien seien involviert worden. Die Schüler würden für zwei Wochen vom Schulbesuch ausgeschlossen. „Die Eltern wurden unmittelbar informiert.“ Die Schüler hätten angeboten, „während eines offiziellen Besuchs in der Jüdischen Gemeinde um Entschuldigung bitten zu dürfen“. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft kommt bei den Beteiligten vermutlich das Jugendstrafrecht in Betracht.

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„Die Wannseekonferenz“ ist eine deutsche Produktion aus dem Jahr 2022. Das Drama entstand anlässlich des 80. Jahrestags der gleichnamigen Konferenz vom 20. Januar 1942, bei der führende Nationalsozialisten die industrielle Ermordung von Millionen europäischer Juden organisierten und Zuständigkeiten festlegten. Die Handlung des Films basiert auf der Protokollabschrift der Besprechung.