Weil er drohte, ihre amouröse Korrespondenz zu veröffentlichen, besuchte Henriette Caillaux den Chefredakteur des Pariser „Figaro“ und tötete ihn mit sechs Schüssen. Ihr Prozess im Juli 1914 erregte Frankreich mehr als das Attentat in Sarajevo.
Der faktische Regierungschef des Habsburgerreiches Leopold Graf Berchtold war gegen seinen Willen ins Amt gekommen. Sein Ultimatum an Serbien am 23. Juli 1914 war bewusst unannehmbar konzipiert. Die Folge war der große Krieg.
Das Waffenstillstandsersuchen vom Herbst 1918 gilt gemeinhin als Eingeständnis der deutschen Niederlage. Der führende Weltkriegsexperte Gerd Krumeich stellt jetzt eine verblüffende Neudeutung vor.
Deutschlands Militärs hatten 1914 allen Grund, auf einen schnellen Kriegsausbruch zu drängen. Ihr Kalkül sah eine schnelle Offensive im Westen vor. Das setzte die Akteure unter Zugzwang.
2. August 1914: In einer Denkschrift formuliert der Chef des deutschen Generalstabs seine „militärpolitischen Perspektiven“. Indien sei zum Aufstand zu treiben, Schweden soll Finnland angreifen.
1. August 1914: Während in Russland und Deutschland die Mobilmachung läuft, versucht George V. verzweifelt, seine kaiserlichen Vettern wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.
31. Juli 1914: Wie es in Preußen Tradition war, verkündet ein Gardeoffizier vor dem Berliner Zeughaus den Beginn der Mobilisierung. Die Begeisterung darüber wird nicht von allen Zeitgenossen geteilt.
Über 750 Kilometer zieht sich die Westfront des Ersten Weltkriegs von der Schweizer Grenze bis nach Nieuwpoort in Belgien. Marne, Verdun, Champagne, Cambrai, Somme, Ypern. Unser Autor ist ihr gefolgt.
30. Juli 1914: Zar Nikolaus II. zögert den Befehl zur Generalmobilmachung hinaus. Da erscheint in Berlin ein Extrablatt, das fälschlicherweise die deutsche Reaktion meldet.
29. Juli 1914: Statt mit allen Spitzenpolitikern und -militärs gemeinsam eine Entscheidung zu suchen, empfängt Wilhelm II. sie einzeln. Und stört zudem die England-Politik seines Kanzlers.
28. Juli 1914: Während Großbritanniens Spitzenpolitiker noch über den richtigen Kurs streiten, setzt Winston Churchill als Erster Lord der Admiralität ein deutliches Zeichen.
27. Juli 1914: Auf der Fahrt aus dem Urlaub nach Berlin analysiert Bethmann Hollweg die Lage. Statt zu erkennen, dass nur noch Österreich auf Berlins Seite steht, nennt er die Lage „nicht ungünstig“.
26. Juli 1914: Der russische Außenminister verspricht Österreichs Botschafter Unterstützung in Serbien, wenn Wien sein Ultimatum zurückzieht. Will er damit nur Zeit gewinnen, oder meint er es ernst?
Es ist beliebt, die Verantwortung für den Ersten Weltkrieg zu verteilen. Doch das verwischt, welchen Anteil Deutschland und Österreich am Ausbruch der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts besaßen.
25. Juli 1914: Die Verschärfung der Lage zwingt den deutschen Kaiser zum Abbruch seiner Nordland-Fahrt. Verärgert kommentiert er die Reaktionen der europäischen Regierungen auf die Wiener Politik.
Kaiser Wilhelm I. oder sein Kanzler Otto von Bismarck waren wiederholt Ziele von Attentätern. Dabei handelte es sich aber nicht um Terrornetzwerke, sondern Einzeltäter, wie eine neue Studie zeigt.
24. Juli 1914: Ein Telegramm aus Berlin ruft den Chefredakteur des „Berliner Tageblatts“ aus dem Urlaub zurück. Österreichs Ultimatum an Serbien beunruhigt nicht nur Deutschlands Spitzenpolitiker.
23. Juli 1914: Der Inhalt des österreichischen Ultimatums an Belgrad sickert durch. Danach verlangt Wien Maßnahmen gegen „großserbische“ Umtriebe bis hin zur Einschränkung der Souveränität.
22. Juli 1914: Gegenüber Frühstücksgästen redet Herbert Henry Asquith Klartext: Zwar sei die Lage auf dem Balkan „überaus ernst“, aber wirklich schlimm stehe es in Großbritannien selbst.
Schon die Stadtstaaten der Antike machten vor drohenden Kriegen mobil. Aber erst für die Massenheere der Französischen Revolution wurden Gesellschaften mobilisiert – wie jetzt in der Ukraine.
21. Juli 1914: Beim Staatsbesuch in St. Petersburg bestätigen der demokratisch gewählte Präsident Frankreichs und der autokratisch regierende Zar Nikolaus II. ihr unverbrüchliches Bündnis.
Sowohl 1918 als auch 1945 zählte Ungarn zu den Verlierern. In beiden Fällen band es sich an das Deutsche Reich. Dabei hätte das Land gute Alternativen gehabt, erklärt der Historiker Norman Stone.
20. Juli 1914: Während der Reichskanzler mit einem hochriskanten Spiel die Entente-Mächte spalten will, schießt Wilhelms II. ältester Sohn mit unbedarften Äußerungen dagegen.
19. Juli 1914: Ein Zeitungsartikel signalisiert Berlins Interesse: Der Konflikt zwischen Österreich und Serbien soll „lokalisiert“ bleiben. Widersprechende Bündnisverpflichtungen werden ignoriert.
18. Juli 1914: Gegenüber Londons Botschafter wird der Außenminister des Zaren deutlich: Ein österreichisches Ultimatum an Belgrad könne „Russland nicht gleichgültig lassen“.
17. Juli 1914: Österreichs Außenminister Leopold Graf Berchtold will das Ultimatum an Serbien so terminieren, dass Frankreich und Russland sich nicht darüber verständigen können. Ein riskanter Plan.
16. Juli 1914: Ausgerechnet auf seiner neuesten Dreadnought reist der französische Staatspräsident Poincaré zum Staatsbesuch nach Sankt Petersburg. Damit signalisiert er entschiedene Stärke.
15. Juli 1914: Die moderaten Signale aus Österreich deuten russische Diplomaten als Zeichen der Entspannung. Dabei verkennen sie die Bedeutung der Börse als Stimmungsbarometer.
15. Juli 1914: Mehr als 30 Jahre ist Italien Partner von Deutschland und Österreich im Dreibund. Aber Wiens Serbien-Politik bietet Rom die Chance, ins Lager der Entente zu wechseln.
13. Juli 1914: Indem der österreichische Außenminister Leopold Graf Berchtold die Öffentlichkeit gegen Belgrad mobilisiert, engt er seine politischen Handlungsspielräume zunehmend ein.
12. Juli 1914: Ein unfreundliches Telegramm aus Berlin erregt den deutschen Botschafter in London. Die Zentrale legt ihn mit harten Worten auf eine Linie fest, von der er nicht überzeugt ist.
11. Juli 1914: Vom Urlaub aus verfolgen Kaiser und Kanzler die Krise. Theobald von Bethmann Hollweg ist verärgert über die zögerliche Politik in Wien und fordert schnelles Handeln gegen Serbien.
10. Juli 1914: Der Botschafter des Zaren nimmt eine Einladung seines österreichischen Kollegen zum Meinungsaustausch an. Dabei erleidet er einen Infarkt. Das Publikum munkelt vom elektrischen Stuhl.
9. Juli 1914: Schneller Angriff oder Ultimatum? Kaiser Franz Joseph will sich nicht festlegen. Sein Außenminister bittet daher in Berlin um Entscheidungshilfe, wird aber abgewiesen.
8. Juli 1914: Der britische Außenminister Edward Grey berät sich mit seinen Partnern. Während Frankreich auf Deeskalation setzt, will das Zarenreich unnachgiebig reagieren.
Bereits während seines Besuchs Ende Juni 1914 in Hamburg zog Kaiser Wilhelm II. einen Präventivkrieg in Erwägung. Der Hamburger Bankier Max Warburg versuchte, ihn davon abzubringen.
7. Juli 1914: Der Außenminister des Zaren wählt gegenüber dem österreichischen Botschafter undiplomatisch klare Worte. Österreich müsse sich von dem Gedanken verabschieden, gegen Serbien vorzugehen.
6. Juli 1914: Neue verwirrende Nachrichten aus Potsdam. Wilhelm II. ordnet eine verdeckte Mobilmachung der Flotte an, zugleich bereitet er sich auf seine traditionelle Nordlandreise vor.
5. Juli 1914: Ein Wiener Sonderbotschafter befragt den Deutschen Kaiser eindringlich nach seiner Haltung in der Krise. Über dessen Antwort haben Zeitzeugen unterschiedliche Äußerungen abgegeben.
4. Juli 1914: Als sich Österreichs Botschafter in Paris bei Präsident Poincaré für die Beileidswünsche bedankt, erklärt dieser gegen alle diplomatischen Usancen, was man in Wien zu denken habe.
3. Juli 1914: Am Rande der Trauerfeier für Franz Ferdinand in Berlin nehmen Preußens Generäle Kontakt zu ihren sächsischen Kollegen auf. Präventivkrieg-Spekulationen machen die Runde.
2. Juli 1914: Weil er „indisponiert“ sei, fährt der Deutsche Kaiser nicht zur Beisetzung Franz Ferdinands. Tatsächlich geht es um das Gerücht, ein serbisches Terrorkommando erwarte ihn in Wien.
1. Juli 1914: Der deutsche Botschafter in London warnt eindringlich vor dem möglichen Kriegseintritt Englands. Das will sein Chef nicht hören – nicht zuletzt aus sehr persönlichen Gründen.
30. Juni 1914: Der deutsche Botschafter in Wien drängt auf Mäßigung. Das aber missfällt Kaiser Wilhelm II. Österreichs Hardliner interpretieren den Stimmungswechsel als Zuspruch.
29. Juni 1914: Die Ermordung des k. u. k. Thronfolgers löst in Budapest Befriedigung, in Wien Betriebsamkeit aus. Während das Militär Krieg gegen Serbien will, setzt der Außenminister auf Diplomatie.
28. Juni 1914: Der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau werden in Bosniens Hauptstadt Opfer serbischer Nationalisten. Chronik eines Attentats, das die Welt verändert.
Vor der Versöhnungsveranstaltung zum 100. Jahrestag des Attentats auf den österreichischen Thronfolger feiern Bosniens Serben den Täter Gavrilo Princip als Freiheitskämpfer und Patrioten.
Über Jahrhunderte hinweg war die bosnische Hauptstadt Sarajevo eine multikulturelle Stadt, in der die Nachbarn miteinander auskamen. Ein neues Buch beschreibt, wie sie 1914 zum Pulverfass wurde.
Wohl niemand war besser im Bilde über die Rolle der deutschen Politik in der Juli-Krise als Theodor Wolff, der Chef des „Berliner Tageblattes“. Jetzt sind seine verlorenen Notizen rekonstruiert.
Der Autor des Bestsellers „Die Schlafwandler“ warnt Europa davor, in der Auseinandersetzung mit Putins Russland ähnliche Fehler wie vor Beginn des Ersten Weltkriegs zu machen. Ein riskanter Vergleich.