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Meinung DFB-Comebacks

Darum wird Lahm zur Nationalelf zurückkehren

Philipp Lahm bestritt 113 Länderspiele, trat aber nach dem WM-Triumph in Brasilien zurück Philipp Lahm bestritt 113 Länderspiele, trat aber nach dem WM-Triumph in Brasilien zurück
Philipp Lahm bestritt 113 Länderspiele, trat aber nach dem WM-Triumph in Brasilien zurück
Quelle: dpa/Friso Gentsch, Infografik Die Welt
Beim DFB gaben etliche zurückgetretene Kapitäne ein Comeback. Uwe Seeler wurde jahrelang von Helmut Schön bekniet, Hans Schäfer im Schlaf überrumpelt. Warum nicht auch Philipp Lahm?

Die Erinnerungen an die wunderbaren Tage von Brasilien werden diese Woche wieder belebt. So lange ist es ja noch gar nicht her, die Sache mit dem vierten Stern am Fußballhimmel und auf dem Trikot der besten Kicker des Deutschen Fußball-Bundes.

Aber der Ball rollt ja schon wieder, und wir sprechen nicht mehr über Mario Götzes Traumtor, das Wunder von Belo Horizonte und das Campo Bahia, wir staunen jetzt über Xabi Alonso, den SC Paderborn und RB Leipzig. Der Alltag hat uns wieder.

Nun aber sind sie wieder aufgetaucht, unsere Weltmeister. Vollzählig angetreten zum Länderspiel-Doppelpack, der auch eine Zäsur ist. Wie nach jeder Weltmeisterschaft heißt es: auf zu neuen Ufern, aber auch mit neuen Kräften. Nun ist es früher oft schlimmer gewesen was die Rubrik Abgänge angeht, jedenfalls quantitativ. Dennoch ist es ein tiefer Schnitt, drei verdienstvolle Spieler des deutschen Fußballs werden verabschiedet; allesamt mit über 100 Länderspielen: Miroslav Klose, Philipp Lahm und Per Mertesacker.

Ein Abschiedsspiel bekommen sie auf eigenen Wunsch nicht, nur am Mittwochabend einen letzten Applaus in Düsseldorf, wo sie geehrt werden. Und das war’s dann wohl.

Oder doch nicht?

Szepan tritt beleidigt zurück

Die Historie zeigt, dass es für viele Große des deutschen Fußballs gar nicht so leicht war, Abschied zu nehmen. Der Rücktritt vom Rücktritt ist ein häufig erlebtes Phänomen in der Nationalmannschaft. Wobei die jeweiligen Trainer daran nicht ganz unschuldig waren.

Schon Otto Nerz war auf diesem Gebiet erfolgreich. Der 1931 beleidigt zurückgetretene Spielgestalter Fritz Szepan („In Schalke haben wir auch einen schönen Rasen“) ließ sich vor der Weltmeisterschaft 1934 in Italien zur Rückkehr bewegen, weil Nerz nach einem guten Dutzend unbeantworteter Briefe plötzlich in seinem Wohnzimmer stand. Das bessere Argument aber war sicherlich die WM.

Der große Sepp Herberger hat mit diesem Trumpf im Ärmel jeden rumgekriegt, den er haben wollte. Fritz Walter, sein verlängerter Arm auf dem Spielfeld, war 1952, 1954 und 1956 zurückgetreten, mal aus Frust über Kritiken, mal aus Ärger über den DFB, mal vor lauter Selbstzweifeln.

Herberger an Schäfers Bett

Als die Helden von Bern in Brüssel ihr erstes Spiel als Weltmeister ohne den Fritz machten, schrieb das „Sport Magazin“: „Wir können es einfach nicht glauben, dass der deutsche Spielführer niemals mehr in der Nationalmannschaft spielen will.“

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Sepp Herberger auch nicht. Er bearbeitete den Kaiserslauterer ebenso einfühlsam wie hartnäckig und bekam ihn immer wieder rum. So fuhr Walter noch mit 37 mit nach Schweden zur WM 1958. Erst dann trat er endgültig ab, was Herberger nicht davon abhielt, ihn noch 1962 mit nach Chile nehmen zu wollen. Das wurde dann doch nichts mehr.

Mehr Glück hatte er damals mit Hans Schäfer. Der Kölner war 1959 ausgeschieden, doch im Frühjahr 1962 stand Herberger eines Morgens am Bett des schlafenden Schäfer. Als der Linksaußen aufwachte, war er quasi noch wehrlos. Herberger sagte ihm, er solle seine Sachen packen, er brauche ihn für die WM und bot ihm gleich noch die Spielführerbinde. Schäfer knickte ein, denn „dem Chef wagte keiner zu widersprechen“.

Erkundigungen nach dem Hund

Auch Nachfolger Helmut Schön hatte in einem prominenten Fall Glück. Uwe Seeler trat am 1. Juni 1968 zurück, er war ja fast 32, und alle Knochen taten ihm weh. Am Telefon stutzte Bundestrainer Helmut Schön, dann sagte er nach langem Schweigen: „Also gut, nehmen wir es mal so hin. Aber ich glaube nicht, dass die Entscheidung endgültig ist.“

Schön und Herberger, der sich immer noch mitverantwortlich fühlte, riefen in der Folge immer mal bei Uwe an, erkundigten sich nach der Familie, dem Hund und dem Hamburger SV und dachten doch nur an die Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko. Dann setzten sie Mitspieler Willi Schulz auf ihn an. „Na, Uwe, ist doch langweilig ohne Länderspiele?“, frozzelte der Ausputzer gern mal.

Nach 15 Monaten Abstinenz war der Widerstand gebrochen: Seeler kam zurück. Zum Glück, es hätte sonst kein Hinterkopftor im Viertelfinale gegen England und wohl auch keinen Sieg gegeben, damals in Leon.

Selbst Franz Beckenbauer, 1977 zurückgetreten, wurde von Schön weichgekocht und wäre 1978 mit nach Argentinien zur WM gefahren, hätte ihn DFB-Präsident Hermann Neuberger in New York angerufen. Aber der Verband wollte in jener Epoche keine Auslandsprofis im Kader, auch für den „Kaiser“ gab es da noch keine Ausnahme.

Keine Extravaganzen

Die prominenten Rückkehrer der 1980er-Jahre waren Paul Breitner, Bernd Schuster und Felix Magath. Wobei Schuster und Magath erst wiederkamen, als Breitner 1982 ging. Im hochkarätigsten Mittelfeld der deutschen Fußballgeschichte regierte in jener Epoche der Neid.

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Exzentriker Schuster trat aber noch öfter mal zurück, und als er für seine Teilnahme an der WM 1986 in Mexiko eine Million D-Mark haben wollte, war er endgültig ein ehemaliger Nationalspieler.

Rudi Völler hat sich solche Extravaganzen nie geleistet, ein Sonderfall ist er trotzdem. 1992 bekam der Weltmeister sogar ein Abschiedsspiel, aber als die WM 1994 in den USA lockte, konnte er dem Werben von Bundestrainer Berti Vogts nicht länger widerstehen.

Auch mit Lothar Matthäus, 1996 im Streit geschieden, arrangierte sich Vogts vor der WM 1998 wieder, und so wurde der impulsive Franke WM-Rekordspieler. Ein Ziel, das für Philipp Lahm ohne Weiteres erreichbar wäre. Mal sehen, was passiert, wenn Joachim Löw im Frühjahr 2018 plötzlich an seinem Bett steht.

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