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EM 2012 Kolumne "Abseits"

Beckenbauer, Herberger und die Lehren für Löw

Löw, Beckenbauer, Herberger Löw, Beckenbauer, Herberger
Der jetzige Bundestrainer Joachim Löw und seine ehemaligen Vorgänger Franz Beckenbauer und Sepp herberger
Quelle: picture alliance / dpa/Oliver Hurst, Angelika Warmuth/dpa, KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Grunder
Das Dahoam-Fiasko werden Bayerns Nationalspieler nicht so schnell aus ihren Köpfen bekommen. Aber es gab schon öfter vor großen Turnieren vergleichbare Situationen, die ein Happyend hatten.

Aus ist das große Spiel, aber es beschäftigt uns immer noch. Die traumatische Niederlage gegen den FC Chelsea hat den Münchnern vor allem Mitleid eingebracht, und auch eingefleischte Bayern-Hasser halten im Moment den Mund.

Wissen sie doch alle: Wir brauchen die Burschen noch. Die Vorbereitung der Nationalmannschaft auf die EM läuft zwar schon zwei Wochen, beginnt aber erst so richtig, wenn die acht Bayern eintreffen. Allesamt Kadidaten für Stammplätze, Führungsspieler, Superstars. Doch in welcher Stimmung werden sie nach drei zweiten Plätzen wohl ankommen?

Es ist ein Handicap der besonderen Art, das Bundestrainer Joachim Löw in der ohnehin außergewöhnlich zerrissenen Vorbereitung zu bewältigen hat. Wer lädt schon eine Trauergesellschaft auf seine Hochzeit? Was also tun? Lebte Sepp Herberger noch, wäre Löw gut beraten, ihn mal anzurufen.

Vergleichbare Situation

Denn der Architekt des Wunders von Bern musste eine vergleichbare Situation meistern. Anno 1954 setzte er auf Blockbildung, fünf Kaiserslauterer bildeten das Gerüst seiner Wunschelf für die WM.

Die musste er mitten in der Vorbereitung aber noch mal zum Meisterschaftsfinale entlassen, wo sie auf Hannover 96 trafen; von den Niedersachsen hatte es kein Spieler auch nur in Herbergers vorläufiges 40-köpfiges Aufgebot geschafft.

Der FCK war, zumal Titelverteidiger, klarer Favorit, wurde aber 1:5 zertrümmert, und der Präsident jammerte: "So e Blamage, mer könne ja gar nimmer heem kimme". Aber er irrte: Kaiserslautern empfing seine Spiele wie Sieger. Balsam für die noch immer gequälte Seele.

Kritik für die Treue

Der Bundestrainer wurde derweil für seine Treue zu den Lauterern hart kritisiert und musste Schlagzeilen wie "Günstlinge Herbergers K.o." lesen. Und das waren sie wirklich. Werner Kohlmeyer hatte ein Eigentor erzielt, Ottmar Walter nur die Latte getroffen, Horst Eckel sich verletzt, und dem an Hämorrhoiden leidenden Fritz Walter war die Puste ausgegangen.

Der sensible Kapitän der Nationalelf sagte: "Mit der Weltmeisterschaft wird es nichts!" Herberger ergriff Gegenmaßnahmen und gab den Verlierern zwei freie Tage. Fritz fuhr mit seiner Italia in den Schwarzwald, hielt sich aber an die Hausaufgaben und lief täglich viermal 1000 Meter.

Als die entthronten Meister zur Nationalelf zurückkamen, gab es zwar den einen oder anderen kessen Spruch. Aber dann einte sie das große Ziel, und die Sticheleien verebbten. Werner Liebrich sagte tapfer: "Das haben wir schnell vergessen."

Rahn sorgte für Stimmung

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Bei Fritz Walter war Herberger da nicht so sicher und so erhielt der Sensibelste eine Spezialbehandlung. Herberger legte ihn in Spiez mit Spaßvogel Helmut Rahn auf ein Zimmer und als der morgens auf dem Balkon seine Essener Marktfrau imitierte, lernte auch der Fritz das Lachen wieder. Und siehe da – mit fünf Kaiserslauterern wurde Deutschland in Bern erstmals Weltmeister.

Immerhin vier Leverkusener musste Teamchef Rudi Völler 2002 wieder aufbauen. Sie hatten exakt das gleiche Schicksal erlitten wie jetzt die Bayern. Es war das Jahr, als "Vizekusen" geboren wurde.

Mit Einzelgesprächen baute Völler Michael Ballack, Carsten Ramelow, Bernd Schneider und Oliver Neuville wieder auf. Gerade diesem Quartett verdankte die DFB-Auswahl, der gemeinhin ein früher Heimflug prophezeit wurde, den Einzug ins WM-Finale von Yokohama.

Diverse Einzelfälle

Ballack schoss zweimal das Siegtor, Neuville einmal, Schneider wurde zum "weißen Brasilianer". Dass sie auch das Finale verloren (0:2 gegen Brasilien) war eine bittere Ironie der Geschichte, verspottet hat sie niemand dafür. Am Frankfurter Römer wurden sie wie Weltmeister empfangen.

Ansonsten gab es diverse Einzelfälle, die den Teamerfolg auch nicht verhinderten. Thomas Häßler etwa reiste dreimal frustriert zu Turnieren. 1996 weil er mit dem KSC das Pokalfinale verlor, 1998 gar wegen des Abstiegs, und 1990 belastete ihn sein Wechsel von Köln nach Turin.

Offen gab er zu: "Mir gehen einige Sachen durch den Kopf, die verhindern, dass ich meine gewohnte Leistung bringe." Aber sie bekamen ihn wieder hin.

Ratgeber Köpke

Teamchef Franz Beckenbauer führte mehrere Gespräche mit ihm, und mit Kumpel Pierre Littbarski alberte er im ARD-"Morgenmagazin" herum.

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Wie die Kinder in "Dingsda" erklärten sie auf gespielt naive Art Fußballbegriffe. Lachen befreite auch seine Seele. In Rom wurde "Icke" Weltmeister, 1996 zudem Europameister.

Auch dank Torwart Andy Köpke, der noch den Abstieg mit Eintracht Frankfurt verkraften musste und doch ein grandioses Turnier spielte. Das Gute daran: Ihn kann Löw sogar noch befragen, wie er die Bayern wieder aufbauen kann. Köpke ist sein Torwarttrainer.

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