Vertraut man auf die Diagnose von Lothar Matthäus, dann trägt die Mannschaft von Borussia Dortmund „einen Virus in sich“. Vorsicht, Ansteckungsgefahr innerhalb des Teams heißt das wohl. Matthäus jedenfalls hält in seiner Sky-Kolumne fest, dass mit der BVB-Mannschaft „irgendetwas nicht stimmt“. Der Verdacht erhärtete sich zuletzt einmal mehr bei der 2:3-Heimspielpleite gegen die bis dahin acht Spiele sieglose elf aus Hoffenheim.
Die Dortmunder sind ja ein selbst ernannter Titelkandidat gewesen, im Verlauf der Saison wurden sie zum Champions-League-Aspiranten herabgestuft, ging nicht mehr anders. Weil Analysten aber selbst an dem Kursziel Zweifel haben, ist jetzt guter Rat teuer, was nun noch mit dem Team anzufangen ist: hold oder sell?
Matthäus kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass der BVB „fußballerisch weit unter den Erwartungen performt, die man an diese Mannschaft stellen darf“. Und er äußert auch Kritik am glücklosen Trainer Edin Terzic, ohne dessen Namen zu nennen: „Als Trainer kann ich nicht sagen: ,Ich habe eigentlich mehr von der Mannschaft erwartet.‘ Wenn ich einen Kader habe, weiß ich, worauf ich mich einlasse und dass ich mit diesem Kader an Leistungen und Ergebnissen gemessen werde.“
Anzeige:
Mit WELT günstiger Sportartikel kaufen: adidas-Gutschein
Er gehe davon aus, dass Terzic in die Zusammenstellung des Kaders involviert war. Viele Spieler, „die in den letzten 18 Monaten geholt wurden, haben die Erwartungen nicht erfüllt. Dadurch hat man ein Qualitätsproblem. Man kann von einem Jadon Sancho nicht erwarten, dass er nach seiner langen Pause das Dortmunder Stadion abbrennt“.
BVB-Verträge von Hummels und Reus enden im Sommer
Weil das in Dortmund nun alles so verfahren verunglückt ist und mit großer Wahrscheinlichkeit wieder in einer Saison ohne Titel münden wird, empfiehlt Matthäus, „einen großen Schnitt“ vorzunehmen. „Danach“, hielt der 62 Jahre alte Rekord-Nationalspieler fest, „dürften Mats Hummels und Marco Reus keine Rolle mehr spielen, auch wenn diese Spieler große Verdienste für den Verein haben. Auch wenn ich Mats Hummels weiterhin als einen der besten Innenverteidiger sehe, aber wenn ich einen Umbruch mache, dann muss ich ihn komplett machen und darf auf die Gefühlswelt keine Rücksicht nehmen“. Die Verträge von Hummels, 35 Jahre alt, und Marco Reus, nach der Saison auch 35 Jahre alt, laufen im Sommer aus.
Als Ursache, warum in Dortmund nicht allzu viel so läuft, wie sie es sich dort in der Chefetage wünschen, sieht Matthäus offenbar die eventuell nicht ganz so reibungslose Übereinkunft zwischen Trainer und der Führungsebene um Sportdirektor Sebastian Kehl in puncto Transfers für diese Saison. Vielleicht, sinnierte Matthäus „hätte Terzic gerne den einen oder anderen Spieler mehr gehabt. Wichtig ist, dass einer im Verein, der Fußball-Fachkenntnisse hat, sich mit dem Trainer abstimmt, auf welchen Positionen und auf welche Art und Weise man sich verstärkt. Und das hat bei Dortmund in den letzten eineinhalb Jahren nicht funktioniert“. Man müsse „die Steine nicht erst umdrehen, wenn es nicht mehr anders geht. Warum dreht man sie nicht vorher um, wenn die Leistung nicht stimmt?“
Dortmund hat auf Tabellenführer Bayer Leverkusen 20 Punkte Rückstand, auf den auf Platz zwei rangierenden FC Bayern zwölf Zähler. Selbst der VfB Stuttgart liegt sechs Punkte vor dem BVB auf Platz drei. Am Samstag (15.30 Uhr, im Sport-Ticker der WELT) muss das Team bei Union Berlin antreten. Seit Nenad Bjelica Union trainiert, gab es für die Berliner aus fünf Heimspielen vier Siege und ein Remis.