Sitzungen bei Borussia Dortmund können eine Eigendynamik entwickeln. Vor zwei Jahren war Marco Rose nach dem letzten Bundesliga-Spieltag zu einer Saisonanalyse mit den Klub-Verantwortlichen erschienen. Rose, der die Dortmunder in seiner ersten und - wie sich an diesem Tag herausstellen sollte – einzigen Saison zur Vizemeisterschaft geführt hatte, dachte, er solle über seine Planungen für die kommende Spielzeit informieren. Dann aber stellte er fest, dass es bei seinen Gesprächspartnern erhebliche Zweifel an einer weiteren Zusammenarbeit gab. Einige Stunden später hatte er Gewissheit: Er wurde beurlaubt.
Am Donnerstag um 13 Uhr veröffentlichte der BVB eine Pressemitteilung, die überraschte: Edin Terzic hat den Klub um eine sofortige Auflösung seines Vertrages ersucht – und die Dortmunder haben dem „nach einem gemeinsamen Gespräch“ entsprochen.
Es folgte eine persönliche Erklärung von Terzic, der mit dem BVB im Jahr 2021 – damals als Interimstrainer - den DFB-Pokal gewinnen konnte und den Verein zum Ende der abgelaufenen Saison ins Champions League-Finale geführt hatte. Es tue ihm „brutal weh“, wird der 41-Jährige zitiert. Nach dem Endspiel, das die Dortmunder am 1. Juni mit 0:2 gegen Real Madrid verloren hatten, habe er die Verantwortlichen um ein Gespräch gebeten, „weil er das Gefühl habe, dass der anstehende Neustart von einem neuen Mann an der Seitenlinie geführt werden sollte“.
Neustart? Neuer Mann? Allein schon die Wortwahl verwunderte die Öffentlichkeit. Denn bis zu diesem Donnerstag war in Dortmund öffentlich weder von dem einen noch dem anderen die Rede. Terzic erklärte zudem, dass ihn in den vergangenen Tagen ein „Grundgefühl“ beschlichen habe, dass sich auch „nach intensiven Gesprächen nicht geändert“ habe.
Sollte sich sein „Gefühl“ auf zunehmende Skepsis aus Kreisen der Mannschaft bezogen haben – er dürfte richtig gelegen haben. Denn die Dortmunder Welt war schon lange nicht mehr so heil, wie sich der Klub lange Zeit bemüht hat, sie erscheinen zu lassen. Es knirschte seit Monaten.
Terzic-Aus hätte auch früher erfolgen können
Bereits zur Winterpause hatte es Zweifel gegeben, ob Terzic noch der richtige Mann sei. Die Mannschaft dümpelte auf Platz fünf der Bundesliga-Tabelle. Trotzdem hielten die Dortmunder an Terzic fest. Sie stellten ihm jedoch mit Nuri Sahin und Sven Bender zwei neue Co-Trainer zur Seite. Die wiederum nahmen massiv Einfluss auf die Ausrichtung der Mannschaft, vor allem Sahin brachte sich stark ein. Dem ehrgeizigen ehemaligen BVB-Profi wurden bereits damals Ambitionen nachgesagt, selbst Cheftrainer werden zu wollen.
In der Rückrunde stabilisierten sich die Leistungen der Mannschaft ein wenig – wenn auch nicht in dem Maße, in dem es sich die Verantwortlichen erhofft hatten. In der Liga blieb der BVB Fünfter, doch die erfolgreichen Spiele in der Champions League ließen Terzic trotzdem auf einen erneuten Anlauf hoffen.
Edin Terzic verlässt Borussia Dortmund
Trainer Edin Terzic verlässt Borussia Dortmund überraschend. Beim BVB hat die sogenannte „Elefantenrunde“ der Vereinsbosse mit Hans-Joachim Watzke, Sebastian Kehl und Lars Ricken getagt. Der neue Trainer soll bereits in den Startlöchern stehen.
Quelle: SID
Dass er sich geirrt hatte, dürfte ihm in der Woche vor dem Champions-League-Finale bewusst geworden sein. Da hatte Abwehrchef Mats Hummels ein Interview gegeben, das einem Generalangriff auf den Trainer gleichgekommen war. Hummels kritisierte offen die teilweise zu defensive Taktik („So darf Borussia Dortmund nicht auftreten, gegen keinen Gegner der Welt“). Gleichzeitig lobte er gegenüber „Sport Bild“ explizit die Arbeit von Sahin und Bender. Das Interview hätte unter normalen Umständen eine Suspendierung nach sich ziehen müssen. Die allerdings blieb mit Blick auf das Finale aus. Hummels wird dennoch keine Zukunft beim BVB haben.
In den Tagen danach verfestigte sich der Eindruck, dass nicht nur Hummels dem Trainer kritisch gegenübersteht. Terzic spürte, Teile der Mannschaft verloren zu haben und entschloss sich zum Rücktritt. Wer Nachfolger wird, blieb am Donnerstag noch offen – klar ist jedoch, dass Sahin als Wunschkandidat gilt. Seine Beförderung wäre ein logischer Schritt – der hätte jedoch auch schon ein halbes Jahr früher erfolgen können.