Herzlichen Glückwunsch, Turbine Potsdam. Einer der erfolgreichsten Vereine im deutschen Frauenfußball kehrte am Sonntag etwas überraschend nach einem Jahr Zweite Liga wieder in die Bundesliga zurück.
Der zweimalige Champions-League-Sieger und sechsmalige Meister leidet unter der Verdrängung durch die großen Klubs, die in den vergangenen Jahren zunehmend das Potenzial von Frauen im Fußball erkannt haben. Frauen als Spielerinnen wohlgemerkt. Denn für Trainerinnen gilt das noch lange nicht.
Nur deshalb geriet eine eigentliche Randnotiz dieses Wochenendes zur Schlagzeile. Dort, wo die Brandenburgerinnen den Bundesliga-Aufstieg perfekt machten, in Ingolstadt, war am Tag zuvor der Gewinn des Bayern-Pokals gefeiert worden. Von den Männern, die zwar nur in der Dritten Liga spielen, aber eben von einer Frau trainiert werden.
Sabrina Wittmann, zuvor A-Junioren-Trainerin ihres Klubs, hatte den Job Ende April übernommen. Und so war nicht interessant, dass etwa eine gebürtige Ingolstädterin oder eine erst 32 Jahre alte Trainerin die Qualifikation für den DFB-Pokal verantwortete, sondern ihr Geschlecht.
2018 hatte mit Imke Wübbenhorst beim BV Cloppenburg erstmals eine Frau einen Fünftligisten übernommen, Inka Grings schrieb im Jahr darauf bei den Männern des Viertligisten SV Straelen Geschichte. Nun dauerte es fünf weitere Jahre, ehe mit Marie-Louise Eta als Teil des Interims-Trainergespanns bei Union Berlin und nun Wittmann zwei Frauen im Profifußball auf der Trainerbank Platz nahmen. Warum ist das so?
Quote bei Pro Lizenz: 210 Männer und acht Frauen
Wübbenhorst, Grings und Eta sind drei der nur acht Frauen, die in den vergangenen zehn Jahren beim Deutschen Fußball-Bund die Pro Lizenz erwarben. Ihnen gegenüber stehen 210 Männer. Ein großes Problem sind die Kosten: 19.000 Euro werden allein für den Lehrgang fällig, hinzu kommen mögliche Verdienstausfälle während des zwölf- bis 15-monatigen Lehrgangs, sowie Kosten für Anreise, Verpflegung und Unterkunft. Wer kann das bezahlen, angesichts der Perspektive, die Trainerinnen im Fußball aufgezeigt wird?
Wübbenhorst kehrte nach einem weiteren Männer-Engagement bei den Sportfreunden Lotte in den Frauenfußball zurück, trainiert momentan bei Young Boys Bern (sic!) und damit in derselben Liga wie Kim Kulig als Coach der Frauen des FC Basel. Grings, die einst ankündigte, niemals in den Frauenfußball zurückkehren zu wollen, trainierte bis zum Jahresende 2023 die Schweizer Nationalmannschaft – der Frauen.
Es fehlt damit weiterhin an den nötigen Vorbildern. Nicht nur für angehende Trainerinnen selbst, sondern auch auf der anderen Seite: in den Klubs. Wer hört, was die Trainerinnen im Männerbereich erlebten, weiß, dass es auch den Entscheidern nicht leicht gemacht wird. Sexismus und Vorurteile begleiteten die Arbeit der Trainerinnen. Die Verpflichtung einer Frau erfordert Mut. Auf beiden Seiten. Union Berlin und Ingolstadt haben ihn zuletzt bewiesen. Zumindest für einen Übergangszeitraum.
Wittmann könnte nun zur Dauerlösung werden. Sie ist in ihren vier Pflichtspielen noch unbesiegt, holte in drei Ligaspielen fünf Punkte und gewann den Landespokal. Gute Argumente also, um den Job weiterzuführen. Doch auch für eine Entscheidung gegen sie könnte der Klub womöglich Argumente haben. Wittmanns Geschlecht allerdings sollte keiner sein.