Die Transgender-Schwimmerin Lia Thomas ist vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas mit ihrer Klage gescheitert. Die US-Amerikanerin wollte die Regularien des Weltverbandes World Aquatics für Trans-Schwimmerinnen, nach denen diese nicht an Frauen-Elitewettkämpfen teilnehmen können, für ungültig erklären lassen. Die Richter entschieden, dass sie nicht berechtigt sei, den Fall vorzubringen und lehnten Thomas‘ Antrag ab. Das Urteil kommt wenige Tage, bevor bei den US-Trials die Olympia-Tickets für Paris vergeben werden.
Der Dachverband hatte im vergangenen Jahr Transgender-Schwimmerinnen von den Frauen-Rennen bei Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften ausgeschlossen. Ausnahmen sind nur gestattet, wenn die Geschlechtsanpassung bereits vor dem zwölften Lebensjahr vollzogen wurde. Gleichzeitig verpflichtete sich World Aquatics aber zur Schaffung einer sogenannten „offenen Kategorie“ für alle Schwimmer und setzte dies als erster großer Sportverband der Welt auch bereits um. Beim Weltcup in Berlin im vergangenen Herbst gab es jedoch noch keine Meldungen für dieses Angebot.
Thomas hatte das Sportgericht in der Schweiz gebeten, die Regeln aufzuheben, die sie als ungültig, rechtswidrig und diskriminierend bezeichnete. Die Entscheidung des Cas bezeichnete sie nun in einer von ihrem Anwaltsteam abgegebenen Erklärung als „zutiefst enttäuschend“. „Pauschale Verbote, die Transfrauen von Wettkämpfen ausschließen, sind diskriminierend und berauben uns wertvoller sportlicher Möglichkeiten, die für unsere Identität von zentraler Bedeutung sind.“ Thomas sagte, die Entscheidung solle als Aufruf zum Handeln für Transfrauen gesehen werden, um „für unsere Würde und Menschenrechte zu kämpfen“.
World Aquatics begrüßt die Entscheidung
Thomas schwamm für die Universität von Pennsylvania und gewann im Frühjahr 2022 als erste Transgender-Schwimmerin einen NCAA-Titel – also bei Wettkämpfen außerhalb des World Aquatics-Wettkampfsystems, bei dem sie nicht registriert war. Ihr Erfolg sorgte für Diskussionen.
Der Weltschwimmverband argumentierte nun vor dem Cas, dass Thomas nicht im Mitgliedsverbands USA Swimming war, als der Rechtsstreit begann. Außerdem habe sie nicht an Frauenwettbewerben „zum Zwecke der Qualifikation oder Auswahl“ für World-Aquatics-Wettbewerbe wie die Olympischen Spiele oder Weltmeisterschaften teilgenommen.
Im Gerichtsurteil heißt es nun: „Das Gremium kommt zu dem Schluss, dass sie nicht befugt ist, die Politik und die operativen Anforderungen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens anzufechten.“ Im Januar, so heißt es in dem Urteil, habe USA Swimming Thomas‘ Antrag auf „Selbstidentitätsprüfung“ stattgegeben. Die Richter erklärten, USA Swimming sei nicht befugt, die Regeln des Weltverbands zu ändern.
World Aquatics begrüßte die Entscheidung des Cas in einem Fall, der „unserer Meinung nach einen großen Schritt nach vorn in unseren Bemühungen um den Schutz des Frauensports darstellt“. Weiter heißt es: „World Aquatics hat sich der Förderung eines Umfelds verschrieben, das Fairness, Respekt und Chancengleichheit für Athleten aller Geschlechter fördert, und wir bekräftigen dieses Versprechen“, so der in Lausanne ansässige Dachverband in einer Erklärung.
„Ein trauriger Tag für den Sport“
Der Gründer und Geschäftsführer von Athlete Ally, Hudson Taylor, nannte es hingegen einen „traurigen Tag für den Sport und für alle, die glauben, dass Trans-Athleten die Möglichkeit haben sollten, dass ihre Diskriminierungserfahrungen angehört und wie jeder andere beurteilt werden.“
Sarah Kate Ellis, Präsidentin und Geschäftsführerin der Gay & Lesbian Alliance Against Defamation (GLAAD), sagte in einer Erklärung, Thomas verdiene eine Chance, an ihrem Sport teilzunehmen, wie alle Menschen, die hart arbeiten und ihren Traum verfolgen. „World Aquatics fährt fort, Desinformationen über Transgender zu verbreiten, um Frauen zu schützen“, so Ellis weiter. „Transgender-Frauen sind Frauen, und alle Athleten, die teilnehmen und sich an die Regeln halten wollen, sollten die Chance haben, dies zu tun.“
Andere olympische Spitzensportarten wie Leichtathletik und Radsport waren der Politik des Schwimmsports in Bezug auf Transgender-Athleten gefolgt und schlossen diejenigen von Frauenwettbewerben aus, die durch die männliche Pubertät potenziell dauerhafte körperliche Vorteile erlangt haben. Der Internationale Radsportverband stellte im vergangenen Jahr fest: „Es ist auch nicht auszuschließen, dass biomechanische Faktoren wie die Form und Anordnung der Knochen in den Gliedmaßen einen dauerhaften Vorteil für Transgender-Sportlerinnen darstellen.“