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  3. FC Bayern: Das harte Urteil von Lothar Matthäus über Trainer Thomas Tuchel

Sport Probleme beim FC Bayern

„Fußballerisch nicht so weiterentwickelt“ – Das harte Matthäus-Urteil über Tuchel

Die Bundesliga fiebert dem Topspiel zwischen Bayer Leverkusen und dem FC Bayern entgegen. Lothar Matthäus sieht unter Trainer Thomas Tuchel einen besonderen Makel beim Meister. Der Vergleich mit Vorgänger Julian Nagelsmann bringt Überraschungen hervor.

Nach einem 1:2 gegen Bayer Leverkusen flog Julian Nagelsmann vor rund einem Jahr als Trainer des FC Bayern raus. Jetzt wird Leverkusen auch für Nachfolger Thomas Tuchel zum wegweisenden Spiel – um die Meisterschale. Obwohl auch Tuchel zuletzt häufig in der Kritik stand, hat er aktuell sieben Punkte mehr als Nagelsmann zum gleichen Zeitpunkt seiner Rauswurf-Saison.

WELT macht den Tuchel/Nagelsmann-Vergleich, unterteilt in mehrere Rubriken. Dazu analysiert Lothar Matthäus die beiden Coaches - wer ist wirklich der bessere Bayern-Trainer?

Thomas Tuchel in der Liga besser

Thomas Tuchel holte in der Bundesliga in bisher 29 Spielen mit Bayern 22 Siege, drei Unentschieden und vier Niederlagen – macht 2,38 Punkte pro Spiel. Nagelsmann holte in 59 Ligaspielen 39 Siege, 12 Remis und acht Niederlagen – macht 2,19 Punkte pro Spiel.

Lothar Matthäus: „Das eine ist, dass die Bayern mit Tuchel eine sehr gute Punkteausbeute haben, sogar sieben mehr als vorige Saison zu diesem Zeitpunkt. Das ist wirklich stark. Aber in diesem Jahr ist auch die Herausforderung größer, was vor allem an den konstanten Leverkusenern liegt, die sogar noch zwei Punkte mehr haben.“

Und: Tuchel hat mit Harry Kane dieses Jahr einen Topstürmer vorn drin, der Nagelsmann in der vergangenen Saison fehlte.

Bayern Stürmerstar Harry Kane konnte in dieser Saison bereits 24 Ligatore bejubeln
Bayern Stürmerstar Harry Kane konnte in dieser Saison bereits 24 Ligatore bejubeln
Quelle: dpa/Sven Hoppe

In der Königsklasse ist es andersherum: Nagelsmann holte in 18 Spielen 15 Siege und nur eine Pleite, kommt auf starke 2,61 Punkte pro Spiel, Tuchel holte in acht Spielen 5 Siege und eine Pleite, kommt auf 2,13 Punkte pro Spiel.

Beide schieden ein Mal im Viertelfinale aus, Nagelsmann recht blamabel gegen Underdog FC Villarreal, Tuchel gegen den späteren Sieger Manchester City. Dafür schaffte Nagelsmann allerdings in der vergangenen Saison das kaum für möglich gehaltene Weiterkommen gegen Paris St. Germain.

Ist der Tuchel-Fußball zu unattraktiv?

Die Punkte sind das eine, für Matthäus ist aber die Art des Fußballs ein Problem: „Das andere ist, dass sich Bayern unter Tuchel fußballerisch nicht so weiterentwickelt hat, wie es sich viele Fans erwartet haben, unter anderem auch ich. Die Ergebnisse sind gut, aber es mangelt an der Attraktivität des Fußballs, die man von dieser stark besetzten Bayern-Mannschaft erwarten kann, auch trotz der zahlreichen Verletzungsausfälle. Mein Gefühl ist, dass Bayern noch viel Luft nach oben hat, was die Attraktivität der Spielweise betrifft. In Leverkusen ist da nicht so viel Luft nach oben.“

Unter Nagelsmann spielte Bayern Power-Fußball, holte viele spektakuläre Siege. Hatte allerdings auch immer mal Durststrecken mit zu vielen Unentschieden. Unter Tuchel bleibt als wirklich herausragender Sieg bisher vor allem das 4:0 auswärts gegen Borussia Dortmund hängen. In den vergangenen Wochen gab es aber beinahe nur zähe Arbeitssiege, selbst die Spieler bemängelten die fehlende Souveränität.

Das Auftreten der beiden Trainer

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Thomas Tuchel tritt außerhalb von Pressekonferenzen oder TV-Pflicht-Interviews so gut wie nicht auf. Er macht sich keine Mühe, sein Image als introvertierter, schwieriger Trainer-Nerd aufzubessern. Nur zwei Mal gab es Ausreißer: Zuletzt beim Fanclub-Treffen war er herzlich und in Plauderlaune, sprach auch mal über persönliche Themen, gab sich nahbar.

Im vergangenen November sprach er bei einer Podiumsdiskussion auf der Sportmesse Ispo ebenfalls sehr persönlich über seine Karriere, seine Familie. Dort sprach er auch über den schwierigen Umgang mit Kritik an ihm.

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Dort sagte er: „Es ist nicht so schön, kritisiert zu werden, da bin ich wie jeder andere auch. Aber ich habe mich selbst trainiert, vom Internet wegzubleiben, nicht über mich selbst zu lesen. Natürlich kriege ich Dinge mit, Leute schicken mir Kommentare oder Schlagzeilen per Whatsapp, sind wütend, meine Eltern machen sich Sorgen. Sie fragen mich danach und es macht direkt etwas mit mir. Es gibt ein Level, wo es nicht mehr gesund ist und meine mentale Gesundheit beeinflusst und das will ich nicht. Aber das ist leichter gesagt als getan.“

Thomas Tuchel übernahm im März 2023 das Amt von Trainer Julian Nagelsmann beim FC Bayern
Thomas Tuchel übernahm im März 2023 das Amt von Trainer Julian Nagelsmann beim FC Bayern
Quelle: Getty Images/Alexander Hassenstein

Julian Nagelsmann war vom Auftreten her eher der Anti-Tuchel: Er gab sich bewusst offen und extrovertiert, sorgte immer wieder für Sprüche auf den Pressekonferenzen. Auch für Interviews in Lifestyle-Magazinen war er offen. Für einige waren aber manche seiner Auftritte etwas zu viel, wenn er zum Beispiel wie mit dem Skateboard oder dem Motorrad zum Training kam.

Das Verhältnis zu den Fans

Schockverliebt sind die Fans in Thomas Tuchel noch nicht. Seine oft negative Art in TV-Interviews trägt nicht dazu bei, dass die Fans Tuchel wie zuvor Hansi Flick oder Jupp Heynckes ins Herz schließen.

Als es zuletzt aber viel öffentlichen Gegenwind gegen Tuchel gab, erreichten den FC Bayern viele Fan-Briefe, die Tuchel unterstützten. Beim Fanclub-Treff zuletzt stand eine ältere Dame extra auf, um ihm zu sagen, dass sie ihn sehr kritisch sah, er ja aber von Nahem ganz anders sei.

Auch das Verhältnis der Fans zu Nagelsmann war zwiegespalten. Einerseits wurde seine frische Art geschätzt, aber kam auch oftmals arrogant an. Als junger Trainer hatte er nicht auf Anhieb die Akzeptanz eines Jupp Heynckes.

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Allerdings: Viele Fans waren stolz drauf, einen echten Bayern, der aus der Nähe von München kommt und früher selbst Bayern-Fan war, als Trainer zu haben. Gerade deswegen waren auch viele Fans sauer, dass ihm nicht mehr Zeit gegeben wurde.

Nagelsmann unterschrieb bewusst einen langen Fünfjahresvertrag, Bayern war für ihn die Traumstelle. Tuchel Vertrag gilt dagegen nur bis zum Sommer 2025, er vermittelt gelegentlich das Gefühl, dass er lieber wieder ins Ausland will, wo er seiner Ansicht nach mehr respektiert wurde. Endet die Saison ohne Titel und hinter Leverkusen, würde Tuchels Arbeit neu bewertet und hinterfragt.

Das Verhältnis zu den Klubbossen

Tuchel wusste von Anfang an, dass es wichtig ist, Uli Hoeneß mit ins Boot zu nehmen. Doch gerade in Transfer-Fragen, gab es zwischen Trainer und Ehrenpräsident zuletzt öffentlich Dissonanzen, weshalb eine zwischenzeitliche Aussprache nötig war. Mit dem neuen Sportdirektor Christoph Freund arbeitet er gut zusammen. Bayerns Hoffnung zudem: Dass Bald-Vorstand Max Eberl Tuchel entlastet.

Nagelsmann wurde von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic geholt. Vor allem Salihamidzic war sein Ansprechpartner. In seiner zweiten Bayern-Saison 2022/23 führten aber auch die privaten Veränderungen im Leben von Nagelsmann dazu, dass sich die Beziehung zu den Bossen verschlechterte.

Gerade Salihamidzic vermisste regelmäßigen Austausch, der zuvor noch selbstverständlich gewesen war, als Nagelsmann nach dem Training noch statt nach Hause zu fahren für Gespräche in den zweiten Stock kam.

Das Verhältnis zu den Medien

Thomas Tuchel gab sich anfangs noch gelöster als zu seiner Zeit bei Borussia Dortmund, jetzt eckt der Bayern-Trainer immer mehr an. Er lässt sich auf Zoff mit TV-Experten wie Matthäus und Dietmar „Didi“ Hamann ein, wirkt dabei sehr sensibel und unsouverän.

Auch ein BILD-Protokoll ��ber sein Verhalten an der Seitenlinie beim FC Augsburg (3:2) kritisierte er als Eingriff „extrem persönlich“ und dass „eine Grenze überschritten“ worden sei.

Matthäus sieht das auch als eine Ursache für die geringe Attraktivität des Bayern-Fußballs: „Wenn man ganz ehrlich ist, und das weiß Thomas auch, ist einer der Gründe dafür die Unruhe, die die ganze Zeit rund um das Team herrscht. Seine Forderungen nach neuen Spielern, seine manchmal zu ehrlichen und kritischen öffentlichen Aussagen vor und nach Spielen, seine empfindlichen Reaktionen sogar bei sachlicher Kritik – auch sowas verunsichert den einen oder anderen Spieler.“

Julian Nagelsmann galt dagegen lange als Außenbotschafter des FC Bayern, als er sich in der Corona-Krise und der Impf-Debatte um einige Stars wie Joshua Kimmich lange allein den Medien als Ansprechpartner stellte. Seine oft launigen Sprüche brachten ihm aber auch mal Diskussionen ein, die die Bayern-Bosse gern vermieden gesehen hätten.

Welche Spieler machten sie besser?

Unter Thomas Tuchel blüht vor allem Leroy Sané auf wie nie zuvor, spielt die stärkste Saison seines bisherigen Lebens. Viele Topstars wie Joshua Kimmich, Leon Goretzka oder Thomas Müller aber kommen nicht an ihre absoluten Top-Leistungen ran – auch weil Tuchel ihnen nicht das hundertprozentige Vertrauen schenkt, sie teilweise öffentlich in Frage stellte.

Auch Megatalent Jamal Musiala stagnierte unter Tuchel zuletzt etwas in seinen Leistungen. Matthäus: „Man weiß nicht, wie es um die interne Kommunikation bestellt ist. Aber es ist wichtig für Thomas Tuchel, im Saisonendspurt alle Spieler auf seine Seite zu ziehen, die komplette Mannschaft hinter sich zu bringen, um die beiden großen Ziele noch zu erreichen. Das wirkt sich auf die Leistung aus.“

Sky-Experte Lothar Matthäus sieht beim FC Bayern noch viel Luft nach oben
Sky-Experte Lothar Matthäus sieht beim FC Bayern noch viel Luft nach oben
Quelle: dpa/Bernd Thissen

Unter Nagelsmann blühte vor allem Kimmich auf. Sadio Mané dagegen ging in München völlig unter, wurde zum Flop. Robert Lewandowski ging nach dem ersten Nagelsmann-Jahr, man hatte nicht das Gefühl, dass Nagelsmann alles dafür tat, ihn zu halten. Dafür musste er im zweiten Jahr offensiv viel experimentieren, das klappte zum Beispiel mit Choupo-Moting als Stürmer Nummer 1 nur eine Zeit lang gut.

Das Fazit des Vergleichs

So richtig gezeigt, dass er eine deutliche Verbesserung zu Nagelsmann ist, hat Tuchel noch nicht. Es gibt viele Probleme, die Art des Fußballs ist aktuell eher schlechter.

Matthäus: „Sie können es ja, die Qualität ist da. Wie man es in einigen Spielen, wie zum Beispiel in Dortmund oder gegen Stuttgart gesehen hat. Aber solche Leistungen zeigen sie zu selten. Auch nicht in der Champions League. Etwa bei beiden glücklichen Siegen gegen Galatasaray.“

Tuchel braucht jetzt große Siege in großen Spielen: Überraschungs-Erfolg in Leverkusen, überzeugendes Weiterkommen in der Champions League gegen Lazio Rom. Und dazu weniger Nebenkriegsschauplätze als zuletzt.

Mitarbeit: Christian Falk, Tobias Altschäffl und Michel Schröer

Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geführt und zuerst in BILD veröffentlicht.

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