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Meinung Nationalmannschaft

Schluss mit den Experimenten!

Redakteur
„Eine große Prise Enttäuschung“ – 2:3 gegen Türkei bei Nagelsmanns Heimpremiere

Bundestrainer Julian Nagelsmann hat nach dem 2:3 gegen die Türkei bei seinem Heimdebüt die Einstellung der Fußball-Nationalmannschaft kritisiert. „Die Emotionalität hatten wir nicht auf allen Positionen“, so der DFB-Chefcoach. WELT-Reporter Dirk Schommertz rekapituliert das Länderspiel.

Quelle: WELT/ Dirk Schommertz

Autoplay
Deutschland verliert im eigenen Stadion gegen die ersatzgeschwächte Türkei. Bei der ersten Niederlage unter Julian Nagelsmann werden die Schwachstellen der Nationalmannschaft schonungslos aufgezeigt. Daran hat auch der Coach seinen Anteil.

Ganze drei Spiele hat es gedauert, da ist die neue Euphorie um die deutsche Nationalmannschaft bereits wieder deutlich gedämpft. Wobei man sich ehrlicherweise fragen muss, ob es die bessere Stimmung nach den vielen ernüchternden Auftritten in den vergangenen Monaten überhaupt schon wieder gab? Im dritten Spiel unter der Leitung des neuen Bundestrainers Julian Nagelsmann kassierte die DFB-Auswahl eine erste Pleite. Auf das 3:1 gegen die USA und das 2:2 gegen Mexiko ließ das Nationalteam ein 2:3 gegen die Türkei folgen. Damit stellte die DFB-Auswahl den Heimniederlagenrekord von 1956 ein - damals waren es vier Pleiten in einem Jahr.

Dabei war es wieder einmal erschreckend, wie schwach die Mannschaft defensiv agierte. Es war vor allem auch deshalb erschreckend, weil die Trainings-Tage im Vorfeld der Partie unter der Überschrift „defensive Stabilität“ standen, die Mannschaft dann aber erneut aufgezeigt bekam, wo sie ihre größte Schwachstelle hat – nämlich im Defensiverhalten.

In zehn Länderspielen, die es in diesem Jahr bislang gab, hat die deutsche Nationalmannschaft 20 Gegentore kassiert, lediglich in der Partie gegen das zweitklassige Peru im März stand beim 2:0 die Null. Aus einer über viele Jahre für Kompaktheit und einer guten Organisation stehenden Auswahl ist ein fragiles Gebilde geworden, das wankt, sobald der Gegner aufdreht. Am Samstag war es eine ersatzgeschwächte Türkei, übrigens die Nummer 38 der Weltrangliste, die der deutschen Elf große Probleme bereitete.

Autokorso in Berlin: Nach dem Sieg ihrer Mannschaft feierten türkische Fans den Erfolg unweit des Kurfürstendamms
Autokorso in Berlin: Nach dem Sieg ihrer Mannschaft feierten türkische Fans den Erfolg unweit des Kurfürstendamms
Quelle: dpa/Paul Zinken

Dabei hatte Rudi Völler, der die Mannschaft im September unmittelbar nach der Freistellung von Hansi Flick interimsweise gegen Frankreich betreut hatte, mit nur einer Partie gezeigt, worauf es erst einmal zu achten gilt: Hinter sicher zu stehen. Beim 2:1 in Dortmund ließ die Nationalmannschaft nur wenige Tage nach der 1:4-Abreibung gegen Japan kaum Großchancen des Gegners zu, selbst wenn dieser nicht mit der vollen Kapelle angetreten war.

Die Dreierkette ist instabil

Nun sagte Lothar Matthäus, der Rekordnationalspieler, zwar bei RTL, dass er Verständnis dafür habe, dass der Bundestrainer etwas ausprobieren wolle. Aber er sagte eben auch, dass er dachte, dass die Zeit des Ausprobierens vorbei sei, nachdem Hansi Flick beurlaubt wurde.

Der 150-malige Nationalspieler bezog sich damit insbesondere auf Nagelsmanns Maßnahme mit Kai Havertz. Der Bundestrainer hatte den Profi des FC Arsenal, der gewöhnlich vorn in der Offensive spielt, hinten links aufgeboten – und ihm im Nachgang eine „herausragende Leistung“ attestiert. Das Lob verwundert, weil die deutsche Mannschaft einmal mehr offenbarte, dass sie mit einer Dreierkette hinten längst nicht so stabil ist, wie mit einer Viererkette. Zudem zeigte sich am Samstagabend erneut, dass Kapitän Ilkay Gündogan und Joshua Kimmich auf der Doppel-Sechs im defensiven Mittelfeld nicht zusammen funktionieren. Sie sind sich in ihrer Spielweise zu ähnlich. Vielleicht wäre Kimmich, da es denn Probleme im Abwehrverbund gibt, nicht besser auf der Position des Rechtsverteidigers aufgehoben.

Und wieder einmal jubelt der Gegner: Yusuf Sari (r.) erzielte den Siegtreffer für die Türkei im Spiel gegen die deutsche Nationalmannschaft
Und wieder einmal jubelt der Gegner: Yusuf Sari (r.) erzielte den Siegtreffer für die Türkei im Spiel gegen die deutsche Nationalmannschaft
Quelle: dpa/Federico Gambarini

Die Experimente, von denen es ja mal hieß, dass es diese auf dem Weg zur Heim-EM nicht mehr so oft geben soll, in allen Ehren. Aber damit muss Schluss sein, auch vor dem Hintergrund, dass es nicht mehr so viele Gelegenheiten gibt sich einzuspielen. Am Dienstag steigt in Wien ein weiteres Testspiel gegen Österreich, im kommenden Jahr stehen dann noch zwei, maximal drei weitere an, ehe die deutsche Elf am 9. Juni ihr EM-Quartier in Herzogenaurach bezieht.

Dass ein neuer Bundestrainer versucht, einer Mannschaft seinen Stempel aufzudrücken, seine Ideen zu vermitteln, ist nachvollziehbar. Aber vielleicht ist Julian Nagelsmann in dem Fall besser beraten, dafür zu sorgen, dass die Mannschaft endlich Halt bekommt, in sich wieder gefestigter wird. Aktuell ist sie einfach zu anfällig, zu schwankend. Auf den Bundestrainer wartet viel Arbeit.

„Wir können jetzt wieder anfangen, alles schwarzzumalen und alles schlecht zu sehen. Das können wir machen, da werden wir aber nicht weiterkommen als Fußball-Nation“, sagte er am Samstagabend im Anschluss an die Partie. Er sei, ergänzte er, weit davon weg, alles negativ zu sehen. Das spricht für ihn, keine Frage. Aber mit Verlaub, dafür bot die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in den vergangenen Monaten einfach zu viele Angriffsflächen. Auch die Überlegenheit der ersten 20 bis 25 Minuten gegen die Türkei war trügerisch.

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