Sonnenbaden an einem schneeweißen Strand auf einer fernen Insel unter Kokospalmen, die sanft im Wind rascheln. Abtauchen in exotischen Riffen, beäugt von buntem Meeresgetier. Trekking durch dichten Urwald, vorbei an Baumriesen, Orchideen und Lianen, begleitet von einem Konzert kreischender, fiepender oder rasselnder Wildtiere. Gänsehaut. Schweißausbrüche. Glückshormone. Das wär’s jetzt. Geht aber nicht.
Wegen Corona sind Fernreisen in die Tropen momentan eher utopisch, und niemand weiß, wann sie wieder problemlos möglich sein werden. Doch zum Glück gibt es tropische Reiseziele auch in Deutschland, die ab Dezember – nach dem aktuellen Shutdown – alle wieder erreichbar sein sollten. Ohne Fernflug und ohne Corona-Test.
Gondwanaland in Leipzig
Gondwanaland – so heißt nicht nur der Urkontinent, der vor Jahrmillionen noch Gebiete unter anderem von Afrika, Südamerika, Australien und Teilen Asiens vereinte, sondern auch der Versuch, einen perfekten tropischen Lebensraum mitten in Sachsens größter Stadt nachzugestalten.
Auf einer Fläche von zwei Fußballfeldern auf dem Gelände des Zoos Leipzig wandert man durch eine Halle mit hoher Luftfeuchtigkeit, in der es sprießt, zwitschert, zirpt, gurrt und plätschert wie in den Regenwäldern der Südhalbkugel. Mit 500 verschiedenen Pflanzen ist der Artenreichtum nicht so groß wie in vielen anderen botanischen Gärten – dafür aber ist der Vergnügungsfaktor hoch, etwa durch regelmäßige Fütterungen.
Mit kleinen Elektrobooten können Besucher das Gondwanaland erkunden, nachdem sie einen Vulkanstollen bewältigt haben, in dem „lebende Fossilien“ gehalten werden: Der Australische Lungenfisch und die Pfeilschwanzkrebse sind Lebewesen, die ihr Aussehen seit Jahrmillionen kaum verändert haben.
Auf Pfaden durch Leipzigs Dschungel streift man vorbei an Riesenfarnen und Palmen und entdeckt die tropische Tierwelt: Totenkopfaffen auf einer begehbaren Insel, Riesenotter beim Schwimmen. Sogar ein Komodowaran – weltgrößte Echse aus Indonesien – ist zu sehen, sofern er sich nicht im Gebüsch versteckt.
Insgesamt sind 140 Tierarten vertreten. Buchstäblicher Höhepunkt ist ein 90 Meter langer Baumwipfelpfad: Knapp unter dem 34 Meter hohen Dach der freitragenden Stahlkonstruktion von Gondwanaland führen Hängebrücken über das grüne Blätterdach – bei rund 25 Grad, sommers wie winters.
Eintritt: 22,00 Euro, Kinder unter sechs Jahren frei; zoo-leipzig.de
Biosphäre Potsdam
In der Tropenwelt im Volkspark Potsdam verdüstert stündlich ein künstliches Gewitter mit Blitz und Donner den Dschungel. Wenn das Wetter sich überall so einfach steuern ließe, wäre der Klimawandel wahrscheinlich schnell behoben. Dass es in Wahrheit komplizierter ist, zeigt die Biosphäre in der brandenburgischen Landeshauptstadt aber auch.
Erklärt wird Besuchern, wie sensibel tropische Ökosysteme sind, wie artenreich und wie gefährdet der Regenwald durch exzessive Abholzung ist. Für das Anschauungsmaterial hat man sich ins Zeug gelegt: Der als Erlebniswelt konzipierte überdachte Dschungel auf dem Areal der Bundesgartenschau 2001 beherbergt in Terrarien, Aquarien und Volieren insgesamt 140 exotische Tierarten, darunter die auf öffentliche Fütterungen gierenden Weißbüscheläffchen. Sie stellen ihre akrobatischen Fähigkeiten auch im Kunstdschungel hangelnd und springend unter Beweis.
Im Schmetterlingshaus schwirren Insekten wie Argema mittrei aus Madagaskar frei umher, mit einer Flügelspannweite von 16 Zentimetern einer der größten Schmetterlinge der Welt. Mit etwas Glück erlebt man, wie ein Falter schlüpft.
20.000 Palmen, Schlingpflanzen, Orchideen: Besucher wandern durch einen Dschungel mit Lagunen über verschlungene Pfade, ein Höhenwanderweg führt durch die Wipfel der bis zu 14 Meter hohen Bäume. Die Tropen als rätselhafte Unterwasserwelt zeigt die Ausstellung „Aquasphäre“ – mit leuchtenden Tiefseequallen und farbenfrohen Fischen.
Eintritt: 11,50 Euro, Kinder unter drei Jahren frei; Familienkarte: 33,50 Euro, biosphaere-potsdam.de
Amazonienhaus in der Wilhelma in Stuttgart
Historische Schaugewächshäuser sind noch heute eine Attraktion vieler botanischer Gärten in Europa. So gesehen knüpft das im Jahr 2000 eröffnete Amazonienhaus der Stuttgarter Wilhelma an eine große Tradition an.
Die im 19. Jahrhundert erbaute Wilhelma ist eine der populärsten zoologisch-botanischen Anlagen Deutschlands, die vollverglaste Amazonien-Filiale beherbergt exotische Urwaldtiere, legt den Schwerpunkt aber auf das Grüne – Besucher sollen sich wie in einem südamerikanischen Regenwald fühlen. Schwitzen inklusive.
In dem Glashaus fließen Bäche, es gibt Wasserfälle und gut 2000 Pflanzen von 350 Arten, darunter Kanonenkugelbäume mit runden Riesenfrüchten, Kautschukbäume und viele Dschungel-typische Aufsitzerpflanzen. Frei umher schwirren bunte Vögel, im Blattwerk sitzen Stirnlappenbasilisken und Frösche, in optisch integrierten Terrarien hausen Anakondas und Boas.
Auch ein Stück Unterwasseramazonien wird inszeniert: Hinter einer Panoramascheibe breitet sich ein Flusslauf aus. Aus sicherer Warte kann man hier Kaimane, Schildkröten und Arapaimas erleben, das sind riesige Süßwasserfische.
Eintritt: 20,00 Euro, Familienkarte: 42,00 Euro, Kinder unter sechs Jahren frei; wilhelma.de
Palmengarten in Frankfurt
Der 1871 eröffnete Palmengarten ist nicht nur einer der größten seiner Art in Deutschland, sondern auch einer der ältesten und vielseitigsten. Anders als die tropischen Erlebniswelten war der Palmengarten, heute eine rund 22 Hektar große Parkanlage, von Anfang an als Bildungseinrichtung, kultureller Veranstaltungsort und städtische Grünfläche geplant.
Insgesamt kultiviert man hier 13.000 subtropische und tropische Pflanzenarten, die in verschiedenen Themengärten und Schauhäusern präsentiert werden. Highlight ist die zweigeteilte Gewächshausanlage Tropicarium. Hier können Besucher durch die Vegetationszonen der feuchten sowie der trockenen Tropen mit ihren charakteristischen Pflanzen wandern, durch Küsten- und Monsunwälder, durch Halb- und Nebelwüsten – bis auf Weiteres im Einbahnstraßensystem.
Wegen Umbauarbeiten wird das alte Palmenhaus aus der Gründerzeit auch nach dem aktuellen Lockdown geschlossen sein. Es ist mit gut 17 Metern Höhe noch heute eine der weltweit größten Konstruktionen dieser Art. Zum 150. Jubiläum des Palmengartens im kommenden Jahr, wenn ein Schmetterlingshaus eröffnen soll, dürfen Gäste die schwül-warme Tropenwelt voraussichtlich wieder betreten und die teils über 100 Jahre alten Palmen und die Riesenfarne bewundern.
Eintritt: 7 Euro, Familienkarte: 16,00 Euro; palmengarten.de
Tropenaquarium im Tierpark Hagenbeck in Hamburg
Sie gleiten durchs Blau: Was sonst oft nur Taucher in tropischen Meeren zu sehen bekommen, kann auch in Hagenbecks Tierpark in Hamburg bestaunt werden – majestätische Haie und Rochen. Statt mit einer Tauchermaske vor den Augen stehen Besucher des Tropenaquariums mit dem obligatorischen Mund-Nasen-Schutz hinter einer 14 Meter langen und sechs Meter hohen gebogenen Acrylscheibe, dahinter das künstliche Atoll, das als eine der größten Meerwasseranlagen Europas gilt.
Insgesamt werden in Hamburgs Tropen 29 Süß- und Seewasseraquarien mit mehr als zwei Millionen Liter Wasser unterhalten. Das entspricht etwa 15.000 Badewannen. 250 verschiedene Arten von See- und Süßwasserfischen sollen hier leben, darunter natürlich auch Clownfisch Nemo.
Das Tropenaquarium, von außen wie eine alte Tempelanlage gestaltet, ist als ganzheitliche Tropenwelt konzipiert, in der die Besucher „Kopfreisen“ nach Südamerika oder Afrika unternehmen können. In einem See verharren scheinbar leblos große Nilkrokodile, man sieht Echsen, Gift- und Würgeschlangen, Amphibien, Insekten, Spinnentiere, Fledermäuse. Manches Geflügel, Papageien oder Flugdrachen etwa, schwirrt sogar frei umher. 14.300 exotische Tiere haben hier ein Zuhause.
Wie der gesamte Zoo verfolgt auch das Aquarium das Konzept des gitterlosen Geheges: Besucher sind in sicherem Abstand nur durch Gräben, Wasserflächen und künstliche Felsen von den Tieren getrennt. Die Gäste sollen sich mittendrin fühlen im exotischen Lebensraum. Eine Illusion zwar, aber in Zeiten der Unerreichbarkeit vieler Fernziele eine sehr gut gemachte.
Eintritt: 16 Euro, Familienkarte: 46 Euro; hagenbeck.de
Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.