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Städtereisen Luftige Lofts

Aus Ruinen und Fabriken wurden Hotels mit Stil

Früher hätte hier niemand freiwillig übernachtet, doch heute sind Hotels in ehemaligen Fabriken, Ruinen und Lagerhallen ein globaler Trend. Unsere Autorin hat fünf ganz besondere Häuser getestet.

„Wythe Hotel“ in New York

Herrenlose Hunde streunen umher, Menschen dringen kaum noch in das verlassene Industrieareal von Williamsburg vor. Es ist noch gar nicht lange her, dass diese Gegend jenseits des East River brachlag, ja, im Dornröschenschlaf, wie sich herausstellte. Denn heute ist Williamsburg ein hippes Künstlerviertel mit Vintage-Läden, schicken Ökorestaurants und einer munteren Barszene.

Auch ein Hotelbetreiber wurde vom Backsteincharme des ehemaligen Arbeiterviertels angezogen: Seit Sommer 2012 gehen seine Gäste in einer ehemaligen Böttcherei von 1901 ein und aus. Und damit auch niemand hinter den Mauern werkelnde Fassbinder oder andere Handwerker vermutet, stapelt sich das Wort Hotel in großen Leuchtbuchstaben über vier Etagen, die nachts hell über das Areal leuchten. Eine schöne Aussicht bietet ein Glaskubus auf dem Dach mit Hotelbar und Open-Air-Terrasse.

Backsteinrot prägt auch das Innere des Gebäudes. Bei der Entkernung der Fässerfabrik ließ man Wände und Fensterfronten stehen. Alte Kieferholzbalken bringen nun die Decken zur Geltung und die Betten der 70 Zimmer und Suiten stehen auf poliertem und beheiztem Beton, vor Wänden, die mit eigens für das Hotel angefertigten Tapeten bedeckt sind.

Das Eis in der Minibar ist zwar hausgemacht, doch an anderer Stelle ruht eine Arbeit, die zu einem Hotel gehobenen Standards eigentlich dazugehört: Es gibt keinen Zimmerservice. „Ich wollte einen Ort, an dem Menschen sich treffen“, sagt Hotelrestaurateur Andrew Tarlow. „Das funktioniert nicht, wenn unsere Gäste vor dem Fernseher essen.“ Wer beim Essen nicht plaudern mag – auch im Restaurant gibt es was zu „glotzen“: Dort zaubern die Köche in einer offenen Showküche.

80 Wythe Ave, Brooklyn, New York, wythehotel.com, Doppelzimmer ab 180 Euro

„Sir Albert“ in Amsterdam

Auch dem „Sir Albert“, untergebracht in einer ehemaligen Diamantenschleiferei, fehlt etwas Hoteltypisches. Gäste, die das Haus unweit von Rijksmuseum, Leidse-Platz und dem berühmten Kanalviertel betreten, dürften verunsichert sein, denn einen Counter, an dem man einchecken könnte, sucht man vergebens.

Doch seit die Van-Moppes-Fabrik 2005 geschlossen wurde und 2013 das durchgestylte Viersternehaus in den historischen Mauern den Betrieb aufnahm, wetzt das Personal das vermeintliche Manko aus. Man umschwirrt zahlende Gäste, um ihnen dezent jede Unsicherheit zu nehmen.

Die 90 Zimmer im „Sir Albert“ sind angenehm hell, in eleganten Schwarz-Weiß-Brauntönen gehalten und mit Akzenten wie mit Kuhfell bezogenen Stühlen oder altmodischen Telefonen versehen. Manchmal steht die Badewanne auch mitten im Raum.

Anstelle einer weitläufigen Lobby gibt es hier eine gemütliche „Study“ mit Regalen voller Bücher, alten Ledersesseln und Perserteppichen. Die Hektik eines Businesshotels kommt hier nie auf. Man spielt Schach zum Tee, Zeitungen rascheln und das Frühstück wird von Personal und Gästen gleichermaßen zelebriert.

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Wer für die erste Mahlzeit des Tages ein spektakuläres Ambiente bevorzugt, wählt das Hotelrestaurant „Izakaya“. Lange Tisch- und Stuhlreihen ziehen sich durch den Raum, das Frühstücksbuffet ist opulent. Am Abend ist hier die lässige Amsterdamer Schickeria zu sehen, die japanisch speist: wahlweise Sashimi oder sündhaft teures Wagyū-Rind vom Robatayaki-Grill. Dazu ein eisgekühlter Shōchū-Cocktail und niemand denkt noch an Diamanten.

Albert Cuypstraat 2-6, Amsterdam, siralberthotel.com, Doppelzimmer ab 92 Euro

„Gastwerk Hotel Hamburg“

Glaubt man der alten Turmuhr, stehen die Zeichen auf Panik: Ihre Zeiger stehen auf fünf vor zwölf. Mit dem Betrieb im „Gastwerk Hotel Hamburg“ hat der symbolschwangere Wink des ausrangierten Zeitmessers allerdings nichts zu tun. Er steht eher für das abgeschlossene Schicksal des Gaswerks, das die Gemäuer einst beherbergte.

Mittlerweile ist die Herberge im Stadtteil Bahrenfeld selbst schon fast 15 Jahre alt, und sie ist beeindruckend wie am ersten Tag. Die Lobby ist 600 Quadratmeter groß und fünf Stockwerke hoch. Tageslicht durchflutet die Halle des denkmalgeschützten Objekts aus dem 19. Jahrhundert. Wo früher tonnenweise Kohle lagerte, stehen jetzt rote Samtbänke. Dabei hatte Betreiber Kai Hollmann nie vor, ein solch präsentes Hotel zu eröffnen, es sollte ein Boutiquehotel in britischem Stil werden, alles sollte klein und intim werden. Es kam anders.

Die Loft-Atmosphäre der Eingangshalle setzt sich in den 141 Zimmern fort, viele davon haben grobe Steinmauern, hohe Fenster und sehr viel Platz. Warme Farben, edles Holz und feine Stoffe kontrastieren die sachliche Kühle von Metall und Beton, hell trifft auf dunkel, alt auf neu, rustikale Schlichtheit auf urbanen Schick.

Auf einen Cocktail trifft man sich gern an der „L.Bar“ oder zum Dinner im Restaurant „Mangold“. Als Bestseller der Menükarte gelten die Sylter-Royal-Austern, wer eine ordentlich gekochte Mahlzeit bevorzugt, kann zwischen Holsteiner Färsenfilet, Kalbsroulade mit Zuckererbsen und gegrillter Dorade wählen. Auch in Restaurant und Bar erinnern Industrierohre, abgewetzte Holzdielen und rohe Backsteinwände an die einstige bauliche Bestimmung.

Beim Alten Gaswerk 3, Hamburg, gastwerk.com, Doppelzimmer ab 92 Euro

„1888 Hotel“ in Sydney

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Vor allem in altem Ambiente kommt Neues gut zur Geltung. Das dachten sich auch die Betreiber des 2013 eröffneten Hotels als sie ihre Instagram-Aktion starteten: Die von Gästen gelieferten Fotos zieren Wände des Hauses und die besten werden mit einer Gratisnacht belohnt.

Zum Knipsen liegt in jedem der 90 Zimmer ein iPad bereit, das auch als Ersatz für Stift und Zettel dient, die klassische Bestückung eines Hotelzimmers. Fotomotive gibt es genug: vom Baum, der die Lobby beherrscht, bis zu den frei stehenden Badewannen.

Das Haus in Sydneys aufstrebendem Stadtteil Pyrmont trägt sein Baujahr im Namen: 1888. Das Gebäude diente früher einmal als Lagerhalle für Wolle – an die industrielle Vergangenheit erinnern Eisenholzbalken und wiederum Backsteinwände und hohe Fenster.

Die Zimmer sind vergleichsweise schlicht, funktionell, aber dennoch komfortabel. Dass die ehemalige Industriearchitektur sich auch für die heutige Zweckbestimmung eignet, belegt das mit 15 Quadratmetern kleinste der Zimmer: Dank der drei Meter hohen Decken ist das Raumgefühl enorm und nicht annähernd klaustrophobisch. Luxuriöser residiert man in der Williamson-Suite, die mit ihren teils unverputzten Wänden, den großen Bogenfenstern und dem Holzdielenboden viel vom ursprünglichen Flair bewahrt.

Doch das ehemalige Lagerhaus wäre kein Hotel, wäre der grobe Umgangston der Arbeiter nicht den offenen Armen des jungen Teams gewichen. Gute Laune ist Programm und das soll gleich zu Beginn das heitere Ambiente der luftigen, lichtdurchfluteten und in leuchtenden Farben gehaltenen Lobby klarmachen. Ein gutes Zeichen für ein Hotel: Es ist keine Touristenkapsel. Das Restaurant mit seiner unkomplizierten Bioküche lockt auch Einheimische an.

139 Murray St, Pyrmont, Sydney, 1888hotel.com.au, Doppelzimmer ab 125 Euro

„The Waterhouse at South Bund“ in Shanghai

Kleinere – aber um im Bild zu bleiben: nicht weniger schmackhafte – Brötchen backt Hotelier Loh Lik Peng. Sein neuestes Projekt ist keine Herberge für die Massen, sondern bietet nur 19 Zimmer, ein Boutiquehotel. Der Singapurer hat bereits mehrere Häuser in ungewöhnlichen Gebäuden eröffnet, etwa das „Town Hall“ in einem ehemaligen Rathaus im Londoner East End oder das „New Majestic“ in einem ehemaligen Stundenhotel in Singapur.

In Shanghai nahm sich Loh Lik Peng ein heruntergekommenes Fabrikgebäude aus den 30er-Jahren an den historischen Shiliupu-Hafendocks, das später als Hauptquartier der japanischen Armee diente. Das Gebäude steht direkt am Huangpu-Fluss, jedoch am südlichen Ende der Prachtpromenade Bund und damit etwas abseits der gängigen Touristenpfade.

Seinen Gästen empfiehlt Loh Lik Peng einen Schuss historischer Neugier – anders ausgedrückt: Die alten Geschichten, die die Gemäuer zu erzählen haben, darf selber herausfinden, wer eincheckt. Interesse vorausgesetzt.

Ein örtliches Architekturbüro übernahm die herausfordernde Aufgabe, den Betonblock mit einem Dutzend ins Nichts führenden Treppen in ein nobles Hotel inklusive Dachterrassenbar und Restaurant zu verwandeln. Hinter der Originalfassade, an der kaum etwas auf ein Hotel hindeutet, entstand eine gelungene Mischung aus antik und zeitgenössisch, die sowohl dem Aufbruchsgeist der chinesischen Metropole als auch dem traditionellen Architekturstil dieses weitgehend intakten Häuserblocks gerecht wird.

Die Zimmer sind puristisch und modern, manche mit grandioser Aussicht auf die Skyline der Sonderwirtschaftszone Pudong. Das leicht rustikal ausstaffierte Restaurant hat wie die Essstuben in allen Hotels von Loh Lik Peng ernsthafte kulinarische Ambitionen. Exzellente Cocktails gibt es auf der Dachterrasse mit Panoramablick.

Maojiayan Road 1-3, Zhongshan Road South, Shanghai, waterhouseshanghai.com, Doppelzimmer ab 71 Euro

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