WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistentfür alle Fragen und Lebenslagen
Lübeck

Passionierter Start in den Festivalsommer

Autorenprofilbild von Stefan Grund
Von Stefan GrundRedakteur
Veröffentlicht am 08.07.2024Lesedauer: 3 Minuten
Alan Gilbert (l.) und Emanuel Ax beim Applaus nach dem Klavierkonzert
Alan Gilbert (l.) und Emanuel Ax beim Applaus nach dem KlavierkonzertQuelle: Felix König

Das Eröffnungskonzert des Schleswig-Holstein Musik Festival mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter Leitung von Alan Gilbert wurde in der Musik- und Kongresshalle Lübeck im Zusammenspiel mit dem Pianisten Emanuel Ax zum Ereignis.

Anzeige

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) eröffnete am Sonntagabend in der Musik- und Kongresshalle das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF), das bis zum 1. September 203 Konzerte von Klassik über Pop bis Folk in Konzerthäusern ebenso veranstaltet wie in alten Kuhställen, Kirchen, Industriehallen oder Open Air in Stadt und Land. Thematische Schwerpunkte der Konzerte in Schleswig-Holstein, Dänemark, Hamburg und Niedersachsen sind in diesem Sommer die Musikstadt Venedig sowie die Konzerte der Saxophonistin Asya Fateyeva.

„Venedig – das Bad Bramstedt des Südens“

Die Verbindung zwischen Venedig und der Sinfonie Nr. 5 cis-Moll von Gustav Mahler stellte das Festival ein wenig von hinten durch die Brust ins Auge her, denn die explizite Beziehung zwischen der 1902 entstandenen Sinfonie und der 1911 geschriebenen Novelle „Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann stiftete der italienische Regisseur Luchino Visconti im Jahr 1971 mit seiner Verfilmung der Novelle. Visconti machte aus dem alternden Schriftsteller Gustav von Aschenbach einen alternden Komponisten und nutzt das Adagietto des vierten Satzes in Mahlers Fünfter, den Ruhepunkt der Sinfonie, als Filmmusik.

Anzeige

Mit Blick auf Schleswig-Holstein, merkte Günther an, seien mittlerweile sechs Städte bekannt, die sich als „Venedig des Nordens“ bezeichneten. Jüngst sei ihm das sogar von Bad Bramstedt zu Ohren gekommen. Das spräche doch für die Fantasie in Norddeutschland, denn schließlich sei bisher noch niemand in Venedig darauf gekommen, sich als „Bad Bramstedt des Südens“ zu bezeichnen. Als Ehrengäste des Eröffnungskonzertes begrüßte der Ministerpräsident unter anderen den Schleswig-Holsteinischen Ehrenbürger Armin Mueller-Stahl und den Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Emanuel Ax verzaubert mit Mozart

Festival-Intendant Christian Kuhnt sagte in seiner Eröffnungsansprache, dass das SHMF 90 Prozent seiner Einnahmen selbst erwirtschaftet. Er dankte seinem Team, den 300 ehrenamtlichen Helfern und den 9000 Mitgliedern des Fördervereins für ihre Unterstützung und warb vor dem Premierenpublikum um weitere Spenden. Das anschließende Eröffnungskonzert, gespielt vom NDR Elbphilharmonie Orchester unter Leitung von Alan Gilbert, wurde zu einer frühen Sternstunde des Musikfestivals. Gemeinsam mit dem 1949 in Lemberg geborenen US-amerikanischen Pianisten Emanuel Ax, spielte das Orchester vor der Pause das Klavierkonzert Nr. 25 C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart.

Anzeige

Es wurde zum ersten von zwei Ereignissen an diesem Abend. Ax trug das Konzert – natürlich auswendig – so selbstverständlich, so virtuos, einfühlsam und verschmitzt vor, dass man mit geschlossenen Augen Mozart selbst am Flügel sitzen sehen konnte. Gilbert verschmolz in enger Abstimmung mit Ax zum Scharnier zwischen dem Solisten und dem Orchester – es klappte wie entrückt. Wobei die NDR Elbphilharmoniker Mozart noch a bisserl satter intonieren dürften, damit die Ansätze zum Dialog nicht immer wieder mal in beifälligem Orchestergemurmel zum Klavierpart aufgehen.

Ein Mahler-Sturm voller Dynamik

Dem Publikum nach dem rauschenden Applaus gewogen, gab Emanuel Ax schon vor der Pause als kleine Einstimmung auf die Mahler-Sinfonie in cis-Moll als Zugabe das Nocturne Op.27 Nr. 1 cis-Moll von Frédéric Chopin in dezenter Vollendung. Auf die Pause folgte das zweite musikalische Ereignis. Im Gegensatz zu Mozart zählt Mahler praktisch zur DNA des NDR Elbphilharmonie Orchesters. In großer Besetzung füllten die Musiker die Bühne der Musik- und Kongresshalle bis an den Rand.

Chefdirigent Gilbert entfachte von Beginn, von der Trompetenfanfare des Trauermarsches an, einen hochspannungsgeladenen Mahler-Sturm voller Dynamik, voller überschäumender Gefühle. Der vierte Satz wurde zur Ruhe im Auge des Hurricanes. Das Finale vollendete den doppelten Bogen, dessen Streben dem ersten und zweiten Satz entwachsen. So führten der leidenschaftliche Vortrag des NDR Elbphilharmonie Orchesters und die engagierte Leichtigkeit Gilberts zu einem nachhaltigen Konzerterlebnis.