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Bürgermeister Scholz

„Hamburgs beste Jahre liegen vor uns“

Von Peter U. Meyer
Veröffentlicht am 31.01.2013Lesedauer: 4 Minuten
Olaf Scholz bei seiner Rede vor den Mitgliedern des Übersee-Clubs im Congress Center Hamburg
Olaf Scholz im CCH Übersee ClubQuelle: Pressebild.de/Bertold Fabricius

In seiner ersten großen Rede vor dem Überseeclub entwarf Bürgermeister Scholz das Bild Hamburgs im Jahr 2030. Dabei benannte er, was ein Wachstum auf zwei Millionen Einwohner bedeuten würde.

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Wachstum, Wohlstand und Fortschritt für die Stadt - unter diesem optimistischen Dreiklang hat Bürgermeister Olaf Scholz seine erste große Rede vor dem Übersee-Club gestellt.

Chance, nicht Bedrohung

In leuchtenden Farben und mit einer kräftigen Portion Patriotismus malte der SPD-Politiker die Zukunft des "wirtschaftsstärksten Landes der Bundesrepublik" aus. "Hamburgs beste Jahre liegen vor uns", sagte Scholz Mittwochabend vor mehr als 900 Gästen im Saal 2 des Congress Centers.

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Ausgangspunkt von Scholz' Zukunftsvision ist die Prognose, dass Hamburg im Jahr 2030 mehr als zwei Millionen Einwohner haben könnte. "Wir wissen nicht, ob es so kommen wird. Aber wir müssen uns vorbereiten", sagte der Bürgermeister, für den der Bevölkerungszuwachs "keine Bedrohung, sondern eine Chance ist - auf Wohlstand genauso wie auf ein besseres Leben für alle Hamburger".

800 zusätzliche Lehrer nötig

Bereits heute, so Scholz, planten die Behörden die Infrastruktur für die zwei Millionen Menschen "in 20 oder 30 Jahren". Die Herausforderungen sind immens und dabei recht konkret. "Zwei Millionen Einwohner bedeutete, dass aus den derzeit rund 900.000 sozialversicherten Arbeitsplätzen mindestens eine Million werden müssten", sagte Scholz.

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Zu den ebenfalls rund 900.000 Wohnungen müssten noch einmal 100.000 dazugebaut werden. In 120 neuen Kindergärten würden 2000 zusätzliche Erzieherinnen 12.000 Kinder betreuen. Um 19.000 Schüler zu unterrichten, müssten 800 Lehrer neu eingestellt und 38 Schulen zusätzlich gebaut werden. Erwartet werden auch 10.000 zusätzliche Studierende.

Mehreinnahmen bei der Steuer

Finanzierbar sei das alles wie auch der nötige Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder die Erweiterung kultureller und sportlicher Angebote über das ansteigende Steueraufkommen. "Zwei Millionen Einwohner, das bedeutete nach heutigen Maßstäben auch Mehreinnahmen für die Stadt von rund 500 Millionen Euro netto", sagte der Bürgermeister. "Hamburg kann also zwei Millionen Einwohner verkraften."

Eine besondere Herausforderung stellt auch Hamburgs Lage "als einer der größten Verkehrsknotenpunkte in Nordeuropa" dar. "Hamburgs Hauptbahnhof, den heute schon täglich 450.000 Reisende frequentieren, ist damit die Nummer eins der Personenbahnhöfe in Deutschland", sagte Scholz. Für den Hafen werde ein Anstieg des Umschlags von neun auf bis zu 25 Millionen Container jährlich für möglich gehalten. "Wir wissen, dass die Verkehrsströme weiter zunehmen werden. Wir wissen aber auch, dass dieses Wachstum bewältigt werden muss."

Ein kräftiger Schuss Patriotismus

Scholz sieht die Stadt zwar gut gerüstet, aber er weiß auch um die Bedenken in der Bevölkerung. "Bis heute begegnet mir in vielen Gesprächen die Vorstellung, dass die Stadt fertig gebaut sei und es jetzt nur noch um Instandhaltung und Schönheitsreparaturen gehe." Der Bürgermeister setzte gegen das Beharrungsvermögen und die Angst vor dem Neuen die etwas abgegriffene Formulierung: "Nur im Wandel und Wachstum liegt die Chance auf dauerhaften Wohlstand und Sicherheit."

Die Hamburger hätten in früheren Jahrhunderten immer wieder ihre Leistungsfähigkeit bewiesen. Scholz wurde für seine Verhältnisse ungewöhnlich patriotisch. Im Falle von "Fürsten- oder Königssitzen" würden die finanziellen Mittel traditionell in den Hauptstädten gebündelt, um "Macht und Glanz" zu repräsentieren. "Bei uns ist das anders: Hamburg ist eine alte und eigenständige Republik. Von Hamburg aus wurde nie das Land regiert", sagt Scholz. "Unsere Größe und Kraft beruht auf der harten Arbeit unserer Vorfahren." Es habe stets zum Selbstverständnis Hamburgs gehört, dass Industrieanlagen - "Kupfer, Stahl, Aluminium oder Chemie" - mitten in der Stadt liegen.

Vertrauen in den technischen Fortschritt

Möglich sei das nur, weil die Emissionen spätestens seit den 80er-Jahren durch moderne Technologien zurückgefahren worden seien. Scholz' Vision von der lebenswerten, "dynamischen" Stadt ist das Miteinander von wirtschaftlichem, auch industriellem Fortschritt und technischem Umweltschutz. "Wir brauchen eine Rückkehr zum Optimismus und mehr Vertrauen in die Leistungen der Ingenieure - und immer mehr Ingenieurinnen", so der Bürgermeister. Dann sei es möglich, dass mehr Flugzeuge in Fuhlsbüttel starteten und landeten, ohne dass die Lärmbelästigung zunehme.

Das Gleiche gelte für die Drosselung der Emissionen von Schiffen durch die "Landverstromung" und des öffentlichen Nahverkehrs durch die Elektrifizierung. Wenn das geschafft sei, so Scholz in einem Anflug von Euphorie, dann könne man sich wieder auf einen Balkon an der Max-Brauer-Allee setzen, ohne sich anbrüllen zu müssen.

„Den Wandel umarmen“

Scholz griff das Konzept der "Smart City" auf, das Wachstum mit Lebensqualität und Nachhaltigkeit verknüpft. Hamburg profitiere - wie andere Metropolen auch - von einem globalen Trend, den der US-Ökonom Edward Glaeser mit "Triumph der Stadt" überschrieben hat. "Die Mehrzahl der Menschheit wird zukünftig in den Städten leben", sagte Scholz. Die "urbanen Räume" würden noch mehr zu Zentren des kulturellen und wirtschaftlichen Lebens ihrer Länder werden. Städte seien "Laboratorien der Moderne".

Hamburg könne das Versprechen eines besseren Lebens auch für zwei Millionen Einwohner gewährleisten. "Wenn wir unserer Kraft vertrauen und den Wandel umarmen", fügte Scholz hinzu. Das war für seine Verhältnisse schon fast pathetisch.