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Landesausstellung

Dem Mythos Bayern auf der Spur

Von Marion Krüger-Hundrup
Veröffentlicht am 06.05.2018Lesedauer: 5 Minuten
Jahresausstellung Bayern 2018: WALD, GEBIRG UND KOENIGSTRAUM – MYTHOS BAYERN“ Kloster Ettal 3. Mai bis 4.November 2018 „Unser unvergesslicher König Ludwig II.“ Postkarte nach dem Tod König Ludwig II. (1910 Franz Joseph Huber’s Verlag, München) © Haus der Bayerischen Geschichte Unmittelbar nach dem Tod König Ludwig II. im Juni 1886 begann die Erinnerungskultur an ihn zu blühen. Postkartenmotive mit dem König und seinen Schlössern wurden vielfältig aufgelegt und waren heiß begehrt. Gerade der bayerische König, der am wenigsten volkstümlich war, wurde zum Träger des Mythos Bayern. Edelweiß und Almenrausch als Sinnbild der Berge umrahmen das Bild des Königs in der bayerischen Generalsuniform. Dazu trägt er die beiden Hausorden der Wittelsbacher, den Georgiritterorden und den Hubertusorden. Verwendung nur im Rahmen der Berichterstattung zur Bayerischen Landesausstellung 2018. Abdruck mit Bildnachweis honorarfrei, Beleg erbeten (Haus der Bayerischen Geschichte, Postfach 101751, 86007 Augsburg, www.hdbg.de, pressestelle@hdbg.bayern.de)
König Ludwig II., hier auf einer Postkarte um 1910, wird noch heute von vielen Bayern verehrt.Quelle: Haus der Bayerischen Geschichte

Die Landesausstellung 2018 im Kloster Ettal beleuchtet den „Mythos Bayern“ aus „Wald, Gebirg und Königstraum“. Sie ist eine Inszenierung vor der Kulisse der Ammergauer Alpen, die alle Klischees zusammenbringt.

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Die Versuchung ist groß. Nämlich die, Pater Johannes Bauer einen Weihrauchkessel in die Hand zu drücken. Denn die Szene hat etwas Sakrales an sich: Versunken steht der Cellerar der Benediktinerabtei Ettal in seinem schwarzen Habit vor dem Holzpavillon im Klostergarten. Der Mönch schaut auf die Bespannung: ein überdimensionales Plakat von Ludwig II. nebst Märchenschloss Neuschwanstein. Wie eine riesengroße Schneekugel aus dem Souvenirshop sieht der Pavillon aus.

Ludwig II., der „Kini“, hat an Popularität nichts eingebüßt, bleibt irgendwie unsterblich: als Träumer mit seinen fantastischen Schlössern, als Visionär und tragische Figur des politisch Gescheiterten, als Projektionsfläche für große Gefühle und geheimnisvolle Verschwörungstheorien. Und als Quelle für den „Mythos Bayern“, dem sich die Landesausstellung des Hauses der Bayerischen Geschichte in diesem Jahr widmet.

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Bayern fordert seit jeher einen Sonderstatus ein

„Der Mythos ist die Manifestation eines Sonderstatus, den Bayern einfordert und der Bayern zugestanden wird“, sagt Haus-Direktor Richard Loibl. Dieser Mythos sei „hier am Originalschauplatz Ammergauer Alpen entstanden und strahlt vom regionalen Kern auf ganz Bayern aus.“

Der Niederbayer Loibl hat diese Landesausstellung als Teil des Jubiläumsprogramms „Wir feiern Bayern“ inszeniert: 100 Jahre Freistaat Bayern, 200 Jahre Bayerische Verfassung. Doch die Schau am Spielort Kloster Ettal im Landkreis Garmisch-Partenkirchen spiegelt kaum etwas von den Wirren der Revolution 1918 oder den ersten Verfassungsparagrafen 100 Jahre früher wider: „Das politische Bayern“, sagt Richard Loibl, „wird 2019, bei der Landesausstellung in Regensburg, Thema sein.“

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Nun also „Wald, Gebirg und Königstraum“. Das Kloster Ettal, 1330 von Kaiser Ludwig dem Bayern gegründet, machte bereitwillig 1500 Quadratmeter Fläche im Südflügel für die Ausstellungsmacher frei, darunter die Schulaula seines Gymnasiums und Teile des Tagungsbereichs.

Die Abtei mit ihrer barocken Basilika und ihren 180 Hektar Schutzwald, mit ihrer eigenen Brauerei und dem süffigen „Ettaler Kloster Liqueur“ verkörpert selbst schon diesen Mythos Bayern, der eben im Voralpenland seinen Ursprung hat. Die Berge, Seen, Wälder sowie das Leben und Wirtschaften in dieser viele hundert Jahre alten Kulturlandschaft spielen denn auch eine wesentliche Rolle in der Landesausstellung.

Ein Drittel der Exponate kreist denn auch um die Themen Wald und Forstwirtschaft als Keimzelle bayerischer Staatsverwaltung, Förster als legendären Berufsstand und Nachhaltigkeit. Schon der Auftakt beim Rundgang durch die Schauräume versetzt auf die Alpenbühne. Auf den Berg Schachen bei Garmisch-Partenkirchen, auf dem König Ludwig II. sein Ferienhaus erbauen ließ. Selbst der Leiterwagen steht bereit, um Geschirr und Silberbesteck, Speisen und Getränke hinauf zu dem Adlerhorst zu transportieren, in dem Ludwig die Bergeinsamkeit suchte. Eine Szenerie in magischem Licht.

Jahresausstellung Bayern 2018: WALD, GEBIRG UND KOENIGSTRAUM – MYTHOS BAYERN“ Kloster Ettal 3. Mai bis 4.November 2018 „Garmisch“ Postkarte Garmisch mit Alp und Zugspitze (nach 1905) © Haus der Bayerischen Geschichte Mit der Eröffnung der durchgehenden Eisenbahnverbindung von München aus im Jahr 1889 wurde Garmisch bei Malern und Künstlern immer beliebter. Auch für Bergsteiger hat es seinen Reiz: Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze, wird 1820 erstmals vom Vermessungsoffizier Josep Naus (1793-1871) bestiegen und gleichzeitig vermessen. Ein Kreuz ziert die Zugspitze erst seit 1851. Verwendung nur im Rahmen der Berichterstattung zur Bayerischen Landesausstellung 2018. Abdruck mit Bildnachweis honorarfrei, Beleg erbeten (Haus der Bayerischen Geschichte, Postfach 101751, 86007 Augsburg, www.hdbg.de, pressestelle@hdbg.bayern.de)
Mit der Eröffnung der durchgehenden Eisenbahnverbindung von München aus im Jahr 1889 wurde Garmisch bei Malern immer beliebter. Auch für Bergsteiger hat es seinen Reiz: Hier liegt Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze.Quelle: Haus der Bayerischen Geschichte

Wenn Ludwig II. dem Mythos Bayern die Krone aufsetzt, sind es die Ludwig-Ganghofer-Typen, die dem Mythos bajuwarisch-bodenständiges Leben einhauchen. Fesche Sennerinnen, schneidige Jäger, tapfer-renitente Wilderer, kraftvolle Waldbauern und schlitzohrige Originale bevölkern die Ausstellung. Begleitet vom Jodeln via Hörstation sieht der Besucher Lederhosen und Dirndl, Bierkrüge und Schuhplattler: Die typischen Bayern-Klischees, die das Land heute zum Touristenmagneten und einst zum Traumziel der wandernden Romantiker gemacht haben.

Auch Künstler, Maler wie Dichter, entdeckten die bayerische Bergwelt. Landschaftsmalerei, die das idyllische Bayern-Bild in die Weltausstellungen und in die bürgerlichen Wohnzimmer trug, bieten in Ettal eine Augenweide – dem, der solch geballte Heimattümelei mag. Auf Postkarten gedruckt kamen diese Bilder massenhaft auf den Markt und befeuerten Mythos wie Reiselust.

Aus aller Welt kommen sie zu den Passionsspielen nach Oberammergau

Die Entdeckungsreise zum Mythos Bayern im Kloster Ettal wäre nicht komplett ohne die Wittelsbacher, eine Dynastie, die häufig mit Bayern gleichgesetzt wird. Regierten sie doch das Land fast 800 Jahre lang, von 1180 bis 1918. Dabei gehört die ausgestellte königliche Badewanne als hochherrschaftliches Statussymbol eher in eine Abteilung für Kuriosa denn für mythenhafte Geschichten. Letztere lassen sich eher über die Passionsspiele von Oberammergau erzählen, zu denen Anhänger aus der ganzen Welt herbeiströmen. Schon jetzt, vor der nächsten Premiere im Jahr 2020, öffnet sich im Kloster Ettal der Vorhang vor besonderen Exponaten aus dem Umfeld der Laienschauspieler.

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Kernelement der gesamten Landesausstellung ist jedoch der eigens errichtete Pavillon aus heimischer Fichte und Lärche im Klostergarten. Die Architektur des Holzbaus erinnert an die Kontur einer herausragenden Felsformation. Sein Inneres befriedigt die Sehnsucht des Publikums nach der perfekten Illusion.

Moderne Technik, Farb- und Lichteffekte dienen dazu, aus dem Bayern von heute in eine Traumwelt zu entfliehen. Eine Welt, die König Ludwig II. zwischen seinem Schloss Linderhof und Ettal vorschwebte. Seine nie verwirklichten Pläne etwa eines chinesischen und eines byzantinischen Palastes im Graswangtal werden in diesem Rundpanorama Realität.

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„Es ist notwendig, sich Paradiese zu schaffen!“, soll Ludwig einmal gesagt haben. Sein Oberbayern mag ein solches Paradies sein. Ein Mysterium. Wie die Bayern selbst. Carl Amery hat 1980 in seiner Geschichte „Leb wohl geliebtes Volk der Bayern“ zusammengefasst, was als besonders bayerisch – besser: altbayerisch – einzuschätzen sei: neben den krachledernden und aufgedrehten Klischees die Direktheit bis zur Grobheit, die theatralische Kraft, ein Hang zu Rebellion, Partikularismus bis hin zur Anarchie.

Jahresausstellung Bayern 2018: WALD, GEBIRG UND KOENIGSTRAUM – MYTHOS BAYERN“ Kloster Ettal 3. Mai bis 4.November 2018 „Holzbuch aus dem Holz der Traubeneiche“ (um 1800) Teil der Holzbibliothek Candid Hubers © Haus der Bayerischen Geschichte Die Holzbibliothek des Benediktinermönchs Candid Huber (1747-1813) umfasst mehrere 100 Exemplare. Tatsächlich handelt es sich nicht um Bücher, sondern um Holzschachteln jeweils befüllt mit einer Baumart und den dazugehörigen Zweigen, Blüten, Blättern, Früchten und Schädlingen. Besitzer solcher Holzbibliotheken, wie adelige Waldbesitzer, Klöster und Forstleute zeigten sich damit als Kenner der Botanik. Verwendung nur im Rahmen der Berichterstattung zur Bayerischen Landesausstellung 2018. Abdruck mit Bildnachweis honorarfrei, Beleg erbeten (Haus der Bayerischen Geschichte, Postfach 101751, 86007 Augsburg, www.hdbg.de, pressestelle@hdbg.bayern.de)
Die Holzbibliothek des Benediktinermönchs Candid Huber (1747-1813) umfasst mehrere 100 Holzschachteln, befüllt mit einer Baumart und den dazugehörigen Zweigen, Blüten, Blättern, Früchten und Schädlingen.Quelle: Haus der Bayerischen Geschichte

Da brüllt der bayerische Löwe. Die Raubkatze gehört schließlich auch zum Mythos. Zum Wappen des Freistaats Bayern, das als Installation im Kloster Ettal selbstverständlich nicht fehlt. Sozusagen zur Selbstvergewisserung eigenstaatlicher Traditionen in Bayern. Und als Zugeständnis an die Franken, Oberpfälzer und Schwaben, die in dieser Landesausstellung dem Mythos Bayern kurzerhand einverleibt werden.

Die Bayerische Landesausstellung 2018 ist bis zum 4. November täglich von 9 bis 18 Uhr im Kloster Ettal zu sehen. Weiteres unter www.hdbg.de. Das tagesaktuelle Rahmenprogramm mit Führungen, Konzerten, Vorträgen: www.landesausstellung-ettal.de