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„Grüne können nicht mehr machen, was sie wollen“

Berlin-Kreuzberg, 1. Mai: Besucher im Görlitzer Park Berlin-Kreuzberg, 1. Mai: Besucher im Görlitzer Park
Berlin-Kreuzberg, 1. Mai: Besucher im Görlitzer Park
Quelle: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow
Die Kreuzberger Grünen gaben zum 1. Mai Zehntausende Euro an Landesmitteln etwa für Toiletten, Mülltonnen und Parkläufer aus. Sie stellen das als „Deeskalationsprogramm“ gegen Gewalt dar. Die CDU findet das „an den Haaren herbeigezogen“ – und wirft dem Bezirk Missbrauch von Steuergeld vor.
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Oft passiert es nicht in der Berliner Landespolitik, dass Koalition und Opposition – bis auf Nuancen – gleicher Meinung sind. Nach dem diesjährigen 1. Mai, der mit 34 Festnahmen, 39 Ermittlungsverfahren und fünf verletzten Polizisten relativ ruhig verlief, war das ausnahmsweise der Fall. Regierungschef Kai Wegner (CDU) und seine Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zeigten sich zufrieden und lobten die Polizei. Doch auch der innenpolitische Sprecher der oppositionellen Grünen im Abgeordnetenhaus, Vasili Franco, konstatierte: „Der Trend zur Befriedung setzt sich fort.“

Nach Überzeugung von Francos Parteikollegin Clara Herrmann geht die Entwicklung ein gutes Stück auf den verstärkten Einsatz von WCs, Abfallbehältern und Personal vor allem im Görlitzer Park zurück. Zusätzliche „Parkläufer“ – öffentliche Angestellte, die in Grünanlagen auf die Einhaltung von Regeln weisen und Konflikten vorbeugen sollen – sowie „Mülltonnen insbesondere für die vielen Flaschen“ und Toiletten zählte die Bürgermeisterin des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg Ende April zu „unseren Maßnahmen zur Deeskalation, dass es an diesem Tag im gesamten Bezirk friedlich bleibt und die Menschen einen schönen 1. Mai-Feiertag erleben können“.

Im Einzelnen gab die Grünen-Politikerin einen Teil der zu erwartenden Kosten so an: 50.000 Euro für Parkläufer, 35.000 Euro „für verschiedene Toiletten“, 94.000 Euro für Entsorgung von Unrat und „Schwerpunktreinigungen“ sowie 40.000 Euro für das Kinder- und Jugendfest im Böcklerpark. Zusammen sind das 219.000 Euro. Insgesamt nannte Herrmann 265.000 Euro, die ihr Rathaus zur Verfügung stellen wollte. Formal stimmte das. Allerdings kam das Geld komplett von der Landesregierung. Und das wiederum ruft den CDU-Abgeordneten Timur Husein auf den Plan.

Der Christdemokrat, der in Kreuzberg wohnt, wirft Herrmann Missbrauch von Steuergeldern vor. Aus seiner Sicht hat der seit Jahren politisch von den Grünen beherrschte Bezirk gegen Haushaltsrecht verstoßen. Der Betrag ist – so steht es im Gesetz – für „Ausgaben für die Planung und Durchführung diverser kultureller Veranstaltungen im Rahmen eines Deeskalationsprogrammes zum 1. Mai“ vorgesehen. Im Gespräch mit WELT sagte Husein, von einer kulturellen Veranstaltung könne nicht die Rede sein. „Es handelt sich um ein Volksfest wie jedes andere, nur dass es am 1. Mai stattfand. Auch ein Deeskalationsprogramm existierte nicht.“

Husein begrüßte es zwar, genügend Toiletten aufzustellen und mehr Ordnungskräfte als sonst einzusetzen. „Dafür aber ist das Geld nicht vorgesehen. Wie man mit Sauberkeit und Parkläufern Gewalt verhindern will, ist mir ein Rätsel.“ Herrmanns Begründung sei „an den Haaren herbeizogen, um den Senat zur Kasse zu bitten“. Der CDU-Mann sprach von „Taschenspielertricks“, damit der Steuerzahler grüne Politik bezahle. „Die 265.000 Euro waren ja eigentlich für das MyFest vorgesehen. Das aber wollte Herrmann nicht mehr haben, weil es ihre Partei störte, da es aus deren Sicht einen zu unpolitischen Volksfestcharakter hatte.“

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Das MyFest, das seit 2003 in Kreuzberg – öffentlich unterstützt – als Privatinitiative ausgerichtet worden war, hatte nach parteiübergreifender Einschätzung maßgeblich dazu beigetragen, dass schwere Krawalle, wie Berlin sie in den 90ern Jahr für Jahr am 1. Mai erlebte, ausblieben. Herrmann unterstützte die Veranstaltung nicht, was Innensenatorin Spranger kritisierte. Die Sozialdemokratin liegt mit der Bürgermeisterin schon wegen der geplanten Einzäunung des Görlitzer Parks im Streit; die Grünen gehen mit einer Klage gegen das Vorhaben der Landesregierung vor. Herrmann lehnte das MyFest ab, da es die Bevölkerung in der alten Form nicht wolle.

Obwohl es im Haushaltsgesetz nicht konkret festgelegt ist, waren die 265.000 Euro dieses und kommendes Jahr für das MyFest vorgesehen – darauf verwies auch Spranger. Nachdem Herrmann das Spektakel abgesagt hatte, zeigte sich die Senatorin öffentlich „verärgert“. Husein bat Finanzsenator Stefan Evers (CDU) in einer parlamentarischen Anfrage um eine Einschätzung, ob sich Friedrichshain-Kreuzberg korrekt verhalten habe.

In seiner Antwort teilte Staatssekretär Wolfgang Schyrocki für das Ressort von Evers mit: „Es wird geprüft, inwieweit die Mittel sachgerecht im Sinne des Sondertatbestandes ‚Gewaltprävention zum 1. Mai‘ vom Bezirk verwendet wurden. Da die Schlussabrechnungen noch nicht vorliegen, kann hierzu noch keine Aussage getroffen werden.“ Sollte sich Huseins Verdacht bestätigen, „kann und wird“ die Summe „vollständig oder teilweise zurückgefordert werden“.

„Nicht begriffen, dass rot-grün-rote Koalition abgewählt ist“

Herrmann weist die Anschuldigung zurück. Ihre Sprecherin teilt auf Anfrage der WELT mit, die Mittel seien sehr wohl „für die Deeskalation zum 1. Mai ausgegeben“ worden, indem der Bezirk davor gesorgt habe, „durch Sauberkeit und Ordnung ein friedliches und entspanntes Umfeld am 1. Mai in Kreuzberg zu schaffen“. Die Aufstellung der Kosten liege bislang nicht final vor. Laut Schyrocki standen noch Rechnungen von Auftragnehmern aus, die in das Tableau einbezogen werden müssen.

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Sicher ist offenbar – so lässt sich jedenfalls die Antwort des Bezirks an WELT interpretieren –, dass die Ausgaben deutlich unter dem Kostenvoranschlag lagen, den Herrmann Ende April im Lokalparlament vorgestellt hatte. Ihre Sprecherin gab bekannt: „Es wurden 49 Toiletten aufgestellt, die inklusive Betreuung zur durchgehenden Reinigung insgesamt rund 18.000 Euro kosteten.“ Das ist rund die Hälfte der vor dem 1. Mai veranschlagten Summe von 35.000 Euro.

Und für Parkläufer mussten demnach keine 50.000 Euro bezahlt werden. „29 Parkläufer (inkl. Einsatzleitung und –koordination, auch in Nachtschichten sowie mit Funktechnik und Verpflegung) kosteten mit insgesamt rund 340 Personenarbeitsstunden etwa 20.000 Euro“, teilt die Sprecherin mit.

Husein sieht darin seinen Trickserei-Verdacht bestätigt: „Dass die Bürgermeisterin beim Kostenvoranschlag so sehr daneben lag, zeigt, wie unseriös sie ist. Jetzt, wo der Vorgang zum Politikum wird, versucht Herrmann die Ausgaben für Toiletten und Parkläufer kleinzurechnen, damit der Schaden nicht so groß aussieht.“ Er sei gespannt, was der Bezirk alles aufzählen werde, um möglichst auf den Gesamtbetrag von 265.000 Euro zu kommen.

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Dass der Finanzsenator die Vorwürfe ernst nimmt, zeigt die Antwort von Staatssekretär Schyrocki auf die parlamentarische Anfrage Huseins. Wie es darin heißt, werden Friedrichshain-Kreuzberg für 2025 aufgrund der Prüfung zur rechtmäßigen Verwendung des Geldes in diesem Jahr keine Mittel für den Sondertatbestand „Gewaltprävention zum 1. Mai“ pauschal zugewiesen. „Der Bezirk hat die Möglichkeit, Mittel für den Sachverhalt im Rahmen der Basiskorrektur für das Jahr 2025 anzumelden.“

„Herrmann hat nach wie vor nicht begriffen, dass die rot-grün-rote Koalition abgewählt worden ist und jetzt CDU und SPD regieren“, sagt Husein. „Die Bürgermeisterin und ihre Grünen können nicht mehr machen, was sie wollen.“

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