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Deutschland Arbeitskräftemangel

„Hanebüchen“ – Kritik an FDP-Vorstoß zum Steuerrabatt für ausländische Fachkräfte

Quelle: Getty Images
Die FDP will Steuererleichterungen für ausländische Fachkräfte einführen – und löst mit dem Vorstoß breite Kritik aus. Auch juristisch können sich Probleme auftun, wenn einige Ausländer geringer besteuert werden als Deutsche. Ein Staatsrechtler erklärt, unter welchen Voraussetzungen das möglich wäre.
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Neben der Sprachbarriere und bürokratischen Hürden sind nach Einschätzung der FDP auch die Einkommensteuersätze dafür verantwortlich, dass nicht genügend Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland kommen. Deutschland sei aus diesem Grund im Vergleich zu anderen Industrieländern unattraktiv für hochqualifizierte Fachkräfte.

Damit die vielen unbesetzten Stellen mit den sogenannten Expats aufgefüllt werden können, soll es nach dem Willen der Liberalen Steueranreize geben. Deutschland soll das Image vom „Hochsteuerland“ verlieren. Jetzt also steht der Vorschlag in einem Beschluss des FDP-Präsidiums, dass ausländische Fachkräfte in den ersten drei Jahren einen höheren Steuerfreibetrag genießen sollen als inländische Arbeitnehmer.

Steueranreize für besonders begehrte ausländische Fachkräfte gibt es andernorts bereits. Der FDP-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Christian Lindner verwies bereits Mitte März auf europäische Nachbarn und brachte einen Einkommensteuerrabatt ins Spiel. „Warum nicht eine auf einige Jahre befristete reduzierte Steuerlast für diejenigen, die einen Arbeitsplatz in Deutschland aufnehmen“, sagte Lindner auf einer Veranstaltung der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung in Berlin.

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Wie aus seinem Ministerium zu hören ist, schaut man sich insbesondere die Regelung in den Niederlanden an. Dort kann ein Arbeitgeber bereits seit Jahren begehrte Fachkräfte mit Fähigkeiten, die er vor Ort nicht oder kaum findet, mit einer zeitbegrenzten steuerfreien Zulage des Jahresgehalts locken – 30 Prozent des Jahresgehalts bleiben 20 Monate lang steuerfrei. Für die nächsten 20 Monate wird der Anteil auf 20 Prozent reduziert, dann für die letzten 20 Monate auf zehn Prozent.

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Auch Österreich wird als mögliches Vorbild genannt. Dort können ausländische Fachkräfte, die für eine begrenzte Zeit ins Land kommen, bis zu 10.000 Euro als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Begründet wird dies mit höheren Ausgaben für die doppelte Haushaltsführung.

Juristisch ist es allerdings durchaus knifflig, Fachkräfte aus dem Ausland anders zu behandeln als den Rest der Arbeitnehmer. „Der Gleichheitssatz des Grundgesetzes ist zu wahren“, sagt Gregor Kirchhof, Professor für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Steuerrecht der Universität Augsburg. Der Bundestag bräuchte „hinreichende sachliche Gründe, die die Ungleichbehandlung auch in ihrem Maß rechtfertigen“.

Dabei kommt es „auf die Höhe der Erleichterung an, auf den Zeitraum der Gewährung und auf ihre Begründung“. Der zunehmende Fachkräftemangel ist aus Kirchhofs Sicht ein solch „hinreichend sachlicher Grund“ – zumal die Steuererleichterung nur vorübergehend gewährt werden soll. Kirchhof hält deshalb die „verfassungsrechtlichen Einwände für überwindbar“, wie er sagt. Eine abschließende Prüfung sei allerdings erst möglich, wenn die genaue Höhe des Steueranreizes feststehe.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unternimmt seit geraumer Zeit große Anstrengungen, um Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben – die sich vor allem auf die Bereiche Bürokratie-Entlastung erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und Sprachförderung konzentrieren. Die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts aus dem Innenministerium soll ebenfalls mehr Fachkräfte anlocken. Gesonderte steuerrechtliche Regelungen blieben bislang außen vor.

Kritik von Koalitionspartnern

Sorgt der FDP-Vorschlag für neuen Zwist innerhalb der Ampel-Koalition? Die SPD-Bundestagsfraktion hält jedenfalls nichts von dem Vorstoß. Ihr finanzpolitischer Sprecher Michael Schrodi betont mit Verweis auf den Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit: „Eine Fachkraft aus dem Ausland, die in einem deutschen Unternehmen dieselbe Arbeit wie ihre deutschen Kollegen verrichtet und dafür denselben Lohn erhält, soll auch gleich besteuert werden.“ Eine Ungleichbehandlung führe dazu, dass Arbeitgeber ausländische Fachkräfte Deutschen vorziehen könnten, da sie einen geringeren Lohn zahlen müssten. „Am Ende wäre es auch für das Betriebsklima schädlich.“

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Auch die Grünen-Bundestagsfraktion zeigt sich skeptisch. Grundsätzlich seien „alle Vorschläge“ willkommen, die der Fachkräftegewinnung dienen, so Sascha Müller, Grünen-Obmann im Finanzausschuss. „Aus Gründen der Steuergerechtigkeit sehen wir es aber kritisch, wenn Menschen, die die gleiche Arbeit machen, unterschiedlich besteuert werden, je nach Herkunft.“

Die CDU-Finanzpolitikerin Antje Tillmann möchte lieber verhindern, dass gut ausgebildete deutsche Staatsbürger das Land verlassen – etwa damit, „Überstunden steuerlich zu begünstigen und Arbeitseinkünfte nach Renteneintritt geringer zu besteuern“. Tillmann weist gegenüber WELT zwar darauf hin, dass die FDP mit ihrer Forderung „Leistung muss sich lohnen“ bei der Union offene Türen einrenne. Sie stellt aber die „unendlich langen Genehmigungsverfahren und bürokratische Hürden“ und nicht die Steuerlast als Hürden für ausländische Fachkräfte in den Vordergrund.

René Springer, Sprecher für Arbeit und Soziales der AfD-Bundestagsfraktion, nennt ebenfalls die Fachkräfteabwanderung aufgrund hoher Steuern und Sozialabgaben als Problem. Zum FDP-Vorschlag sagt er: „Das ist nichts anderes als offene Inländerdiskriminierung und dürfte klar verfassungswidrig sein.“

Außen vor lässt die FDP dieses Thema allerdings nicht. Das Thema „Hochsteuerland Deutschland“ müsse auch für Arbeitnehmer im Inland angegangen werden, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bei der Präsentation des Präsidiumsbeschlusses. Die Partei will unter anderem Steuervorteile für geleistete Überstunden einführen und den Lohn- und Einkommensteuertarif automatisch an die Inflation anpassen. Stichwort: Kampf gegen die kalte Progression, also den Effekt, dass Gehaltserhöhungen durch die ansteigenden Steuertarife aufgezehrt werden.

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Auf der anderen Seite des politischen Spektrums geht die Linke hart mit der FDP ins Gericht. Der finanzpolitische Sprecher der parlamentarischen Gruppe im Bundestag, Christian Görke, bezeichnet die Steuervorschläge „mal wieder hanebüchen“. Er schlägt vor: „Stattdessen bräuchte es eine ehrliche Steuerreform. Steuern für die Mitte der Gesellschaft runter und Steuern für Milliardäre rauf. Damit werden die Jobs von Fachkräften automatisch attraktiver.“

Der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) legt das Augenmerk grundsätzlich eher auf den Abbau bürokratischer Hürden. Der Verband moniert die „Komplexität und Intransparenz des Zuwanderungsverfahrens“ und plädiert für eine verpflichtende elektronische Akte, die den Austausch der Behörden erleichtern soll.

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