Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat seine Forderungen nach steuerlichen Entlastungen für Unternehmen untermauert. „Die Unternehmenssteuern müssen baldmöglichst von rund 30 Prozent effektiver Belastung runter Richtung 25 Prozent“, sagte Lindner der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vom Mittwoch. Ein möglicher Hebel sei die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der aktuell fast nur noch von der Wirtschaft gezahlt werde.
Die Absenkung der Steuerbelastung wird laut Lindner nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. „Über zehn Jahre lang wurde die Wirtschaft belastet, reguliert, gefesselt“, kritisierte Lindner. In dieser Zeit sei Deutschland von Platz sechs der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf Platz 22 abgerutscht.
Die Forderung nach weniger Steuern für Unternehmen ist dabei nicht neu. Bereits im Wahlprogramm der FDP zur Bundestagswahl 2021 sprachen sich die Freien Demokraten für eine Senkung auf den Durchschnitt der Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) „von rund 25 Prozent“ aus. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen hatte sich im Februar für eine Reform der Unternehmenssteuer ausgesprochen und war Lindner damit entgegengekommen.
Im Zuge dessen brachte der Finanzminister auch bereits die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags ins Spiel. Darüber könne der „Bund allein entscheiden“, sagte Lindner nun der Zeitung. Zwar würden auch die CDU-Länder oft nach Entlastungen rufen, die konkrete Bereitschaft dazu sei allerdings „gering“. Daher müsse ein gemeinsames Wachstumskonzept der Regierung in den Bundeshaushalt 2025 eingepasst werden. Der Kabinettsbeschluss dafür sei für Juli geplant.
Warnung an SPD und Grüne vor Blockade beim Abbau der „kalten Progression“
Auch forderte der Finanzminister seine Koalitionspartner erneut zu einem Abbau der „kalten Progression“ auf. Die Ampel-Regierung habe den Tarif der Lohn- und Einkommensteuer für 2023 und 2024 gesenkt, um das Steuersystem an die Inflation anzugleichen, sagte Lindner der „Bild“-Zeitung. Er verstehe nicht, warum SPD und Grüne diese Übereinkunft für 2025 und 2026 wieder aufkündigten.
„Die sonst drohende ‚kalte Progression‘ wäre eine heimliche und daher feige Steuererhöhung“, betonte Lindner weiter. Er kritisierte, bei SPD und Grünen hätten „manche kein Problem, mit viel Steuergeld zu finanzieren, wenn Menschen nicht arbeiten“. Ihm fehle bei den Koalitionspartnern dagegen der „Respekt vor den Steuerzahlern.“ Er kämpfe deshalb für einen erneuten Inflationsausgleich in der Lohn- und Einkommensteuer.
Fairness verdienten nicht nur Geringverdiener, sagte Lindner. „Auch die Leistung der Fach- und Führungskräfte sowie des Mittelstands muss anerkannt werden. Diese Menschen nur als Lastesel zu behandeln, nimmt ihnen die Lust auf Leistung.“
Der Begriff „kalte Progression“ bezeichnet den Effekt, dass jemand durch eine Lohnerhöhung, die höchstens die Inflationsrate ausgleicht, in einen höheren Steuertarif rutscht, ohne dass sein Realeinkommen steigt. Üblicherweise werden zum Ausgleich etwa der Grundfreibetrag oder die Stufen für Steuersätze angepasst.