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  4. Israel-USA: An Ivanka Trump entzündet sich gefährlicher Streit

Ausland Treffen Trump-Netanjahu

Das Problem, das Israels Existenz mehr bedroht als jede iranische Bombe

Wird die Tochter die heimliche First Lady?

Trump-Tochter Ivanka soll weder im Umfeld des Präsidenten noch im Firmengeflecht Aufgaben übernehmen. Offiziell will sie als Hausfrau und Mutter agieren, aber über eine Rolle im Weißen Haus wird weiter gemunkelt.

Quelle: Die Welt

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Beim Treffen von Trump und Netanjahu geht es indirekt auch um die Präsidententochter. Deren Übertritt zum Judentum wird von Ultra-Orthodoxen hinterfragt. Für Israel könnte das zum existenziellen Problem werden.

Die Liste der Themen, die Israels Premier Benjamin Netanjahu bei seinem ersten Besuch im Weißen Haus mit Donald Trump am Mittwoch besprechen muss, ist lang – vom Atomvertrag mit dem Iran über den Siedlungsbau bis zu den Beziehungen zu Europa und der arabischen Welt. Doch erstmals könnte auch ein Problem auftauchen, das von den Spitzen beider Länder noch nie thematisiert wurde. Eines, dass die Existenz Israels mehr bedroht als jede iranische Bombe.

Es geht um den immer tiefer werdenden Riss zwischen Israels religiösem Establishment und dem Judentum in den USA, der bis ins Oval Office reicht. Israels Rabbinat wird immer fundamentalistischer und verprellt so die Glaubensbrüder in den USA, nicht zuletzt einen von Trumps engsten Beratern, seinen orthodoxen jüdischen Schwiegersohn Jared Kushner. An dessen Frau, der Konvertitin Ivanka Trump, entzündet sich ein für die Beziehungen zwischen den Ländern gefährlicher Streit. Denn manchen israelischen Rabbinern ist Trumps Tochter nicht koscher genug.

Die Personalie Ivanka könnte die Beziehungen zwischen Israel und den USA belasten
Die Personalie Ivanka könnte die Beziehungen zwischen Israel und den USA belasten
Quelle: AP

Dieser Vorwurf kommt zu einer Unzeit, hatte man sich doch vorgenommen, nach der achtjährigen Dauerkrise unter US-Präsident Barack Obama wieder harmonische Beziehungen zwischen den Staaten anzustreben. Doch der Angriff auf Ivanka erzürnt nicht nur ihren Vater, sondern befremdet auch die US-Gemeinde, die für den Judenstaat von höchster strategischer Bedeutung ist. Seit Staatsgründung verlässt Israel sich auf ihren politischen Einfluss. Die proisraelische AIPAC ist neben der Waffenlobby NRA eine der wichtigsten politischen Organisationen Amerikas.

Israels Rabbinat gegen die US-Diaspora

Unlängst hatte der Oberrabbiner Israels, Jitzchak Josef, zwar versucht, die Wogen zu glätten. In einer außergewöhnlichen Ansprache vor anderen Rabbinern erklärte er, Ivanka Trump sei zwar „keine klassische Ultraorthodoxe“, doch sie halte den Sabbat ein: „Sie beantwortet samstags nicht ihr Telefon und schreibt auch nichts“, versicherte Josef. Kurz nach Trumps Wahlsieg wollte er den Ärger des neuen Präsidenten so besänftigen.

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Doch für Dov Zakheim sind es deutliche Anzeichen, dass es in Zukunft schwierig wird zwischen Israels staatlichen Rabbinern und der jüdischen Diaspora in den USA – so schwierig, dass die Israel „in naher Zukunft den Rücken kehren wird“. Und seine Worte haben Gewicht: Zakheim ist Vorsitzender der Jewish Religious Equality Coalition (JREC) – ein Zusammenschluss jüdischer Organisationen verschiedenster Ausrichtungen in den USA, Kanada und Großbritannien, die zusammen über eine Million Mitglieder vertreten. Diese Vertrauenskrise „bedroht Israels nationale Sicherheit“, so Zakheim. „Die zwei größten jüdischen Gemeinden der Welt – Israel und das US-Judentum – entfernen sich voneinander.“

Hintergrund ist ein Streit darüber, wer Lizenzen zum Übertritt zum Judentum geben kann. Eine solche bekam Ivanka Trump kurz vor ihrer Hochzeit mit Jared Kushner im Jahr 2009. In Israel dürfen nur 33 Rabbiner die jährlich rund 1800 Übertritte lizensieren. Das weckt Begierden – manchmal auch Gier: Anfang Februar ging ein ehemaliger Oberrabiner ins Gefängnis, weil er Bestechungsgelder im Wert von zig tausenden Euro für die Genehmigung von Übertritten erpresste.

Doch meistens gehe es um Ideologie oder Politik: „Wer den Konvertierungsprozess kontrolliert, hat die Deutungshoheit darüber, wer Jude ist“, erklärt der orthodoxe Rabbiner Shaul Farber, der in Jerusalem das Jewish Information Center leitet. Denn das Judentum ist weltweit in unzählige Strömungen zersplittert: Es gibt nicht nur große Bewegungen wie das Reformjudentum oder die konservative Bewegung, die versuchen, Jahrtausende alte Bräuche an das moderne Leben anzupassen.

In Israel streiten sich Rabbiner um den Umgang mit Konvertiten
In Israel streiten sich Rabbiner um den Umgang mit Konvertiten – das betrifft auch Ivanka Trump
Quelle: dpa

Auch innerhalb der orthodoxen Richtung streiten die Anhänger um die richtige Interpretation der heiligen Schriften. Die Ultraorthodoxen, die heute an den Hebeln der Macht sitzen, wollen ihre spezifische ihre Form des Glaubens „vor anderen Strömungen schützen“. Darunter leiden vor allem Konvertiten. Religiöse Staatsbeamte annullieren deren Übertritt, wenn er vor Rabbinern anderer Parteien stattfand: „Im Jahr 2010 haben sogar Abteilungen der staatlichen Konversionsbehörde Übertritte anderer Abteilungen derselben Behörde nicht anerkannt“, sagt Farber der „Welt“.

Ein US-Rabbiner wird besonders kritisiert

Für US-Juden, von denen nur 15 Prozent orthodox sind, ein Riesenproblem: „Israels Rabbinat will zum Glaubensführer werden, die Diaspora unterordnen“, sagt Farber. Einst betraf das nur Reformgemeinden, doch inzwischen werden auch liberale orthodoxe Strömungen Opfer von Israels Hardlinern – wie Haskel Lookstein, laut „Newsweek“ der „einflussreichste Rabbiner der USA“.

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Kein israelischer Premier oder Staatspräsident lässt einen Besuch in dessen Kehilat-Yeshurun-Synagoge aus, wenn er sich in New York aufhält. Jared Kushner betet hier regelmäßig, weshalb Ivanka Trumps Übertritt wohl auch in Looksteins Synagoge begann. Doch in Israel ist der Star-Rabbiner manchen nicht streng genug: „Hier heißt es: Wenn seine Konvertitin Ivanka solche kurzen Röcke trägt, samstags mit dem Auto zur Kirche fährt und im Weißen Haus Fotos schießt, kann er kein guter Rabbiner sein“, so Farber.

Ivanka Trump mit ihren Kindern und Ehemann Jared Kushner: Für ihn konvertierte sie zum Judentum
Ivanka Trump mit ihren Kindern und Ehemann Jared Kushner: Für ihn konvertierte sie zum Judentum
Quelle: AP

Vergangenes Jahr annullierte ein Rabbinergericht den Übertritt einer anderen Konvertitin Looksteins. Das bedroht auch Ivankas Status. Sie ist kein Einzelfall: Laut Farber wurden Hunderte Konversionen im Ausland vom Rabbinat annulliert. Das will allein diktieren, welcher der schätzungsweise 10.000 Rabbiner weltweit koscher ist. Es gebe sogar Pläne, „ein internationales Judenregister anzulegen, um festzulegen, wer dazugehört und wer nicht. Ein Affront!“, beklagt Farber und schätzt: „Das ist Wasser auf die Mühlen von Antisemiten und würde 90 Prozent der jüdischen Welt ausschließen.“

Die Rede des Oberrabbiners Josef tröstet Dov Zakheim in den USA deshalb keineswegs: „Wie scheinheilig. Zuerst erkannte das Rabbinat Ivanka Trumps Konversion nicht an, und die Regierung in Jerusalem schwieg dazu. Und 24 Stunden nach Trumps Wahlsieg ist sie auf einmal koscher? Seit wann diktieren Wahlergebnisse unseren Glauben?“

Zakheim beteuert, er werde „Israel immer unterstützen. Aber bei meinen Enkeln ist es anders. Sie sind liberal, identifizieren sich eher mit den Schwächeren, also den Palästinensern.“ Dass Israels Rabbinat nun 85 Prozent der Diaspora zu „Juden zweiter Klasse“ erkläre, vertiefe diesen Bruch: „Immer öfter sagen mir junge Menschen: Wir sind stolz, Juden zu sein, aber schämen uns für Israel.“ Wenn der Trend so weitergehe, „werden eines Tages nur noch evangelikale Christen zum Judenstaat stehen“.

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