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Medien Disneys Strategie

Wie die Streamer die Werbung lieben lernten

Medienredakteur
Der Disney-Konzern feierte gerade seinen 100. Geburtstag Der Disney-Konzern feierte gerade seinen 100. Geburtstag
Der Disney-Konzern feierte gerade seinen 100. Geburtstag
Quelle: Disney
Streamingdienste galten als die Zukunft des Fernsehens. Fantastische neue Serien, zeitunabhängig und ohne Werbung, zu einem günstigen Preis. Doch der wirtschaftliche Abschwung zwingt zu Kompromissen. Nach Netflix hat nun auch Disney reagiert.
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Streaming mit eingestreuter Werbung wird zum Standard – zumindest als optionales Angebot. Ab dem 1. November bietet jetzt auch der Streamer von Disney ein Abonnement an, bei dem Werbung läuft – und das dafür etwas günstiger als das werbefreie Abonnement ist. Maximal vier Minuten Werbung pro Stunde sollen Kunden zum Start sehen – im Privatfernsehen sind derzeit zwölf Minuten erlaubt.

Netflix hatte diesen Schritt bereits vor einem Jahr vollzogen. Das Versprechen, mit dem Bezahl-Streaming eine werbefreie Unterhaltungszone anbieten zu können, war damit zumindest teilweise gebrochen – denn allein mit dem Verkauf von Abonnements scheint das Geschäftsmodell der großen Plattformen nicht zu funktionieren, wenn die Preise nicht dramatisch steigen sollen. Die hohen Investitionen der Streamer in Filme, Serien, Shows und Dokumentationen plus gestiegene Produktionskosten erfordern eine zusätzliche Einnahmequelle.

Auch Amazon Prime Video wird ab Anfang kommenden Jahres in Deutschland nachziehen – mit Freevee gibt es bereits ein werbefinanziertes, kostenloses Streamingangebot, für das es kein Amazon Prime-Abo braucht. Der Versandhändler geht allerdings bei Prime Video etwas anders als die Mitbewerber vor, die ihre Preise für Abos mit Werbung senken. Amazon wird die bestehenden Prime-Abos dagegen mit Werbung bestücken, werbefreies Streaming ist dann gegen einen Aufpreis erhältlich.

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Der Anbieter Paramount, der als Nachzügler im Dezember vergangenen Jahres mit einer eigenen Plattform an den Start ging, soll ebenfalls ab dem kommenden Jahr ein werbefinanziertes Abo anbieten – hat aber auch mit Pluto TV wie Amazon einen Ableger, der Filme und Serien kostenlos streamt und dafür Werbespots zeigt.

Selbst bei Apple+ gab es vor rund einem Jahr Spekulationen über ein mögliches werbefinanziertes Angebot – doch bisher gibt es keine weiteren Anhaltspunkte für eine baldige Einführung. Disney dagegen stellte die neue Streaming-Strategie am Dienstag in Berlin vor. Die Einführung eines werbefinanzierten Angebots führt, das zeigt sich an diesem Beispiel, zu einer stärkeren Differenzierung der Preispalette. Die bei Disney+ jetzt von 5,99 Euro/Monat (mit Werbung) über 8,99 Euro/Monat (Standard) bis 11,99 Euro/Monat (Premium mit 4K-Qualität) reicht.

Versprochen ist, dass zunächst nur Serien mit Werbespots unterbrochen werden. Bei Filmen wie bei Serien wird es sogenannte Pre-Rolls geben, also vorgeschaltete Werbung. Ebenso versprochen ist, dass Zuschauer möglichst nicht einen Spot immer wieder zu sehen bekommen – ein auf Dauer ärgerliches Phänomen, das aber technisch gelöst werden kann – jedenfalls solange es ausreichend Werbeeinbuchungen gibt. Bei Kinderprofilen ist die Werbung je nach Alter ausgeschaltet oder nur teilweise möglich.

Eun-Kyung Park ist Deutschland-Chefin von Disney
Eun-Kyung Park ist Deutschland-Chefin von Disney
Quelle: Sven Hoppe/picture alliance/dpa

Disneys Deutschland-Chefin Eun-Kyung Park sieht die Diversifizierung des Angebots als Möglichkeit, neue Abonnenten für den Streamingdienst zu gewinnen, die bislang zögerten, weil sie vielleicht schon ein oder mehrere andere Streamer nutzen. Die Einstiegshürden sollen gesenkt werden – zumal Werbung zumindest für manche Zielgruppen nicht abschreckt, sondern als Kompromiss für ein günstigeres Abo akzeptiert ist.

Möglich ist freilich, dass Nutzer ihre bestehenden Abos in die preisreduzierte Variante wandeln – darum bekommen sie bei Disney erst mal das Premium-Abo, das für Neukunden teurer ist. Gleichzeitig ist klar, dass die Preisgrenze auch nach oben angehoben wird – Cineasten können mehr bezahlen, wenn sie denn wollen, um eine bessere Ausspielqualität zu bekommen. Das preisgünstige Werbe-Abo wird so zum Argument, komplette Werbefreiheit teurer zu machen.

Inhaltlich will Disney+ weiter daran arbeiten, eine Plattform für alle zu werden. Familien mit Kindern und Fans von Star Wars, Marvel und Pixar haben die Amerikaner ja ohnehin schon – jetzt muss sich noch mehr herumsprechen, dass Disney in Produktionen wie die Serie „Sam – ein Sachse“ investiert, die auf einer wahren Geschichte basierte und bei der Kritik sehr gut ankam.

„Deutsches Haus“ kommt

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Ab dem 15. November ist die Serie „Deutsches Haus“ von Annette Hess (u.a. „Weissensee“) zu sehen, die mit Stars wie Iris Berben, Heiner Lauterbach, Anke Engelke und Max von der Groeben gespickt ist. Die Erzählung um den ersten Frankfurter Ausschwitz-Prozess 1963 ist an sich für das öffentlich-rechtliche Fernsehen prädestiniert – und jetzt ein Aushängeschild für Disney.

Etwas weniger als die Konkurrenz, dafür aber relevanter sollen die Eigenproduktionen sein, die Disney+ zeigt. Ein Ansatz, den auch Sky Deutschland verfolgte, doch dort hat man die lokalen Produktionen aufgrund wirtschaftlicher Probleme vorerst gestoppt. Disney hat im internationalen Vergleich den Vorteil, auf mehrere große Studios und ein riesiges Inventar zugreifen zu können.

Demnächst kommt der neue Indiana Jones auf die Plattform, die Serien „Percy Jackson“ und „Shogun“. Aber auch der Mäuse-Konzern, der gerade seinen 100. Geburtstag feierte, muss finanziell scharf rechnen. Der Börsenkurs ist in den vergangenen zwölf Monaten um 30 Prozent gesunken – auch Netflix musste einen ziemlichen Absturz an der Börse verzeichnen und berappelt sich langsam.

CEO Bob Iger, der Disney+ einst gestartet hat, kündigte bereits an, die Zahl der Produktionen zu verringern. Netflix wie Disney und andere Streamer haben jahrelang Milliarden von Dollar in neue Formate gesteckt, um ihre Reichweiten aufzubauen – in einem gigantischen und fast ruinösen Wettkampf um die besten Produktionen. Doch die Zeiten haben sich geändert – jetzt gilt es, rasch in den Profit-Modus umzuschalten und neue Erlösquellen zu erschließen.

Parallel erwägt Disney laut amerikanischen Medienberichten sogar, Beteiligungen wie den Fernsehsender ABC zu verkaufen. Der Streamingdienst gehört trotz seines jungen Alters dagegen zum Kern der digitalen Strategie, braucht aber Zeit und sehr viel Geld.

Streaming wird mit Werbung dem bekannten (Privat-)Fernsehen ähnlicher. Hier droht Gefahr, wenn das Nutzererlebnis der Abonnenten abnimmt. Ein weiterer Nebeneffekt ist übrigens, dass die Privatsender, die sich ausschließlich über Werbung refinanzieren, eine weitere Konkurrenz um Werbeerlöse bekommen.

Andererseits könnte ein günstiges Abo auch verhindern, dass Nutzer ihre Mitgliedschaft bei einem Streamingdienst gleich kündigen, wenn sie im Zuge der Inflation ihre Haushaltskosten reduzieren wollen. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Simon-Kucher sinkt die Zahlungsbereitschaft für Abos im Umfeld einer Rezession von 15 auf 10 Euro, fast ein Drittel der Streaming-Abonnenten plane demnach auch, im kommenden Jahr ein Abo zu kündigen.

Was nichts anderes heißt, als dass der Verdrängungswettbewerb im Streaming-Markt begonnen hat. Ein werbefinanziertes Abo gehört zu den Maßnahmen, die eine Kündigung verhindern können. Das entzaubert das Geschäftsmodell eines werbefreien Streaming – und führt den Zuschauern bildlich vor, dass auch die Unterhaltung ohne Konsum nicht überleben kann.

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