An dieser Stelle erscheint unsere monatliche Empfehlungsliste. Medienpartner sind „Die Literarische Welt“, RBB Kultur, „NZZ“ und Radio Österreich 1. Experten einer unabhängigen Jury küren zehn Sachbücher des Monats aus Geistes-, Natur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Im Juli lohnen sich:
1. Steffen Mau:
Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt, Suhrkamp, 168 Seiten, 18 Euro.
Vielschichtig, differenziert – und ganz ohne Befindlichkeitsfuror: Dieser Soziologe zeigt, dass man nicht notwendig populistisch über den deutschen Osten nachdenken muss. Lesen Sie hier eine ausführliche Buchbesprechung.
2. Michael Hampe:
Wozu? Eine Philosophie der Zwecklosigkeit. Hanser, 224 Seiteb, 25 Euro.
Der in Zürich lehrende Philosoph Michael Hampe fragt nach dem Sinn des Lebens, bezogen auf unsere Lebensstationen von der Geburt bis zum Tod. Ein Buch zur Selbsterkundung.
3. Jonathan Haidt:
Generation Angst. Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlieren und ihre psychische Gesundheit aufs Spiel setzen. Rowohlt, 448 Seiten 26 Euro.
Dass Smartphone-Gebrauch nicht gut für Kinder und Teenager ist, ahnen wir schon lange. Der Sozialpsychologe Jonathan Haidt legt nun eine erschütternde Datenauswertung vor – und ruft dazu auf, die Gehirne unserer Kinder vor irreversiblen Schäden zu bewahren. Lesen Sie hier eine ausführliche Buchbesprechung und hier ein Interview mit dem Autor.
4. Judith Kohlenberger:
Gegen die neue Härte. dtv, 256 Seiten, 18 Euro.
Die Wiener Migrationsforscherin fragt, welchen Preis wir für unsere Abschottung zahlen. Ihr Einwurf zum Migrationsdiskurs setzt ganz auf Zugewandtheit und Empathie.
5. Jörg Später:
Adornos Erben. Eine Geschichte der Bundesrepublik. Suhrkamp, 760 Seiten, 40 Euro.
Der 100. Geburtstag des Frankfurter Instituts für Sozialforschung hat eine ganze Reihe an Publikationen hervorgebracht. Auch Jörg Später – bekannt geworden durch eine sehr gelungene Siegfried-Kracauer-Biografie – analysiert, wie Adorno und seine Schüler den geistigen Horizont der Bundesrepublik geprägt haben.
6. Wolfgang Kraushaar:
Israel: Hamas, Gaza, Palästina. Europäische Verlagsanstalt, 218 Seiten, 18 Euro.
Der Politikwissenschaftler sortiert Parolen und Stereotype, die seit dem Massaker vom 7. Oktober unter Antisemiten massenhaft in Umlauf sind. Ein Buch, das aufklären hilft.
7. Shashi Thahoor:
Zeit der Finsternis. Das Britische Empire in Indien. Die Andere Bibliothek, 480 Seiten, 48 Euro.
Dieses erzählende Sachbuch verspricht die unrühmliche Wahrheit über die britische Herrschaft in Indien – erstmals erzählt aus indischer Sicht. Der Autor ist einer der bekanntesten Publizisten seines Landes.
8. Hartmut Binder:
Franz Kafka. Ein Leben in Bildern. Vitalis, 1088 Seiten, 99,90 Euro.
Binder ist seit Jahrzehnten eine Koryphäe der Kafka-Forschung. Alles, was man über Kafkas Leben wissen kann, trägt dieses Pracht-Kompendium zusammen. Anschaulich, weil reichhaltig illustriert. Lesen Sie hier mehr über Hartmut Binders Verdienste in der Kafka-Forschung.
9. Marcel Lewandowsky:
Was Populisten wollen. Wie sie Gesellschaft herausfordern – und wie man ihnen begegnen sollte. Kiepenheuer & Witsch, 336 Seiten, 20 Euro.
Lewandowsky ist studierter Politikwissenschaftler und arbeitet als Publizist. Seine Analysen sind in der Sache nicht neu, aber sehr allgemeinverständlich aufbereitet.
10. Wolfgang Schmidbauer:
Böse Väter, kalte Mütter? Warum immer mehr Kinder sich schlechte Eltern schaffen. Reclam, 176 Seiten, 18 Euro.
Einer der bekanntesten Psychologen Deutschlands kritisiert: Immer mehr Menschen denken, nicht sie selbst, sondern ihre Eltern seien die Schmiede ihres Glücks. Welche fatalen Folgen eine solche Haltung hat, erklärt dieses Buch.
Die Extra-Empfehlung
Neben den zehn Tipps der Jury kommt jeden Monat eine zusätzliche Empfehlung von einem Gast. Diesmal von Prof. Christfried Tögel (Herausgeber der Sigmund-Freud-Gesamtausgabe – SFG, Lausanne). Er empfiehlt:
„Esti Freud war die Schwiegertochter Sigmund Freuds. Sie hatte zwei Kinder: die 2022 verstorbene Bostoner Psychoanalytikerin Sophie Freud und den 2004 verstorbenen Anton Walter Freud. Letzterer gehörte 1945 dem „War Crimes Investigation Team“ (WCIT) No. 2 an und verhörte u. a. den ehemaligen Lagerkommandanten des KZ Auschwitz, Rudolf Höß. Aber Esti Freuds Lebensweg ist auch unabhängig von dem Namen Freud eine hochspannende – manchmal auch bedrückende – Lektüre und gibt u.a. Einblick in die Odyssee einer österreichischen Jüdin, die nach dem „Anschluss“ Österreichs mit ihrer Tochter in die USA emigrierte und zur gleichen Zeit von ihrem Mann Martin, dem ältesten Sohn Sigmund Freuds, verlassen wurde.“ (Christfried Toegel)
Die Jury der Sachbücher des Monats
Tobias Becker, „Spiegel“; Eike Gebhardt, Berlin; Knud von Harbou, Publizist, Feldafing; Prof. Jochen Hörisch, Uni Mannheim; Günter Kaindlstorfer, Wien; Otto Kallscheuer, Sassari (Italien); Petra Kammann, „Feuilleton Frankfurt“; Jörg-Dieter Kogel, Bremen; Wilhelm Krull, The New Institute, Hamburg; Marianna Lieder, freie Kritikerin, Berlin; Lukas Meyer-Blankenburg, SWR 2 Wissen; Prof. Herfried Münkler, Humboldt-Uni; Gerlinde Pölsler, „Falter“; Marc Reichwein, WELT; Thomas Ribi, „NZZ“; Prof. Sandra Richter, Deutsches Literaturarchiv Marbach; Wolfgang Ritschl, ORF; Florian Rötzer, „Krass & Konkret“; Norbert Seitz, Berlin; Anne-Catherine Simon, „Die Presse“, Wien; Prof. Philipp Theisohn, Uni Zürich; Andreas Wang, Berlin; Harro Zimmermann, Bremen; Stefan Zweifel, Schweiz