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Fashion Coldplays Guy Berryman

Noch ein Musiker mit einem Modelabel?

Guy Berryman, seines Zeichens Bassist von Coldplay, stellt die neue Kollektion seiner Modemarke „Applied Art Form“ vor Guy Berryman, seines Zeichens Bassist von Coldplay, stellt die neue Kollektion seiner Modemarke „Applied Art Form“ vor
Guy Berryman, seines Zeichens Bassist von Coldplay, stellt die neue Kollektion seiner Modemarke „Applied Art Form“ vor
Quelle: Applied Art Forms
Ja, Guy Berryman ist hauptberuflich Popstar, auf Tour jedoch immer mit seiner Nähmaschine unterwegs. Teil der überdrehten Modewelt will er trotzdem nicht sein. Mit seiner Marke „Applied Art Form“ schafft der Bassist funktionelle Bekleidung, die bis ins Detail nerdy durchdacht ist.
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Wir treffen uns Backstage – im Büro eines der Geschäfte von Andreas Murkudis in Berlin. In dem Concept Store präsentiert Guy Berryman, hauptberuflich Bassist der Band Coldplay, zusammen mit seinem Design-Partner Marcel Verheijen, seine Modemarke „Applied Art Forms“. Zu den Teilen, die sie ausgewählt haben, zählen unter anderem Jacken aus japanischen Indigo-Vintage-Stoffen, modulare Parkas und Taschen aus Fallschirmseide. Jedes Stück ist von robuster Qualität und bis ins kleinste Detail durchdacht. Nachdem ein paar versprengte Coldplay-Fans ihr Foto bekommen haben, ziehen wir uns zum Interview zurück. Der 45-Jährige ist ein kenntnisreicher und unaufgeregter Gesprächspartner, dem man anmerkt, wie sehr ihm seine Arbeit als Modemacher am Herzen liegt.

ICON: Herr Berryman, deutet der Name „Applied Art Forms“ darauf hin, dass Sie sich eher am Rande des Modebetriebs sehen?

Guy Berryman: Wir machen keine Kleidung, die modisch ist. Klar, auch wir bringen jeden Frühling und Herbst ein paar neue Sachen heraus, aber sie werden dann Teil der Gesamtkollektion. Wenn man Möbeldesigner ist und einen Stuhl entworfen hat, sagt man ja auch nicht nach sechs Monaten: ‚Oh, jetzt muss ich schnell einen neuen Stuhl entwerfen, der alte ist nichts mehr wert.‘ Es ist absurd. Unsere Parkas zum Beispiel: Wir müssen sie nicht neu entwerfen, weil sie super sind.

Ist das altmodisch oder innovativ?

Für mich ist es einfach gesunder Menschenverstand. Ich möchte niemals Teil der überdrehten Modewelt sein.

Funktionale Mode: Die schrägen Taschen sind Pilotenjacken nachempfunden, um problemlos Karten herausziehen
Funktionale Mode: Die schrägen Taschen sind Pilotenjacken nachempfunden, um problemlos Karten herausziehen
Quelle: Applied Art Forms

Eigentlich sind Sie ja Teil der Musikwelt. Wie kamen Sie zum Modedesign?

Mein Vater war Ingenieur bei der Royal Navy. Ich wuchs im Umfeld von alten Autos und Rasenmähern auf. Bevor ich Musiker wurde, studierte ich Architektur. Als ich 20 Jahre alt war, unterzeichneten wir unseren Plattenvertrag und ich musste es aufgeben. Aber auch ich habe das Gehirn eines Ingenieurs.

Was spielt sich darin ab?

Ich bin sehr analytisch. Ich bin jemand, der sich etwas anschaut und sofort das Problem erkennt. Mein Vater ist noch viel schlimmer als ich. Er würde beiläufig bemerken, dass er glaubt, dass demnächst das Dach kollabiert, weil es nicht anständig gebaut wurde.

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Wie analysiert man Bekleidung?

Auf Tournee bin ich in den verschiedenen Städten stets auf die Suche nach Vintage-Stücken gegangen. Über die Jahre habe ich ein Archiv an funktionaler Bekleidung aus der ganzen Welt zusammengestellt, zum Beispiel von der US-Armee oder der Royal Navy. Viel aus den 50er- und 60er-Jahren, aus einer Zeit als diese Sachen wunderschön verarbeitet waren. Ich mag gern Dinge, die für einen bestimmten Zweck entworfen wurden. Wenn die Tasche schräg sitzt, damit der Pilot problemlos die Karte dort herausziehen konnte. Alles hat einen Grund.

Ist das bei Ihrer Marke auch so?

Wir haben zum Beispiel eine Reihe, die von Rettungswesten von Piloten inspiriert sind. Komplexe Konstruktionen mit speziellen Knöpfen, die nie abgehen. Als Pilot kann man sich keine losen Knöpfe leisten. Und gleichzeitig sieht es wunderschön aus.

Vernünftig und schön: Die Jacke ist aus antikem, japanischem Indigostoff
Vernünftig und schön: Die Jacke ist aus antikem, japanischem Indigostoff
Quelle: Applied Art Forms

Nun richtet sich Ihre Marke weder an Piloten noch Feuerwehrleute. Was schätzen ihre Kunden an ihrer Kollektion?

Es gibt diese immanente Schönheit in Produkten, deren Form der Funktion folgt. Und es gibt auch eine globale Anhängerschaft für diesen Look.

Sind das vorwiegend Männer?

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Obwohl die Kleidung auf den männlichen Körper zugeschnitten sind, sehen sie toll an Frauen aus. In den kommenden Monaten wollen wir deshalb auf eine Unisex-Präsentation umstellen.

Ich sehe auch Margiela und Helmut Lang in den Entwürfen.

Auch Helmut Lang sammelte Vintage-Stücke und war beeinflusst von Militärkleidung. Bei den Männersachen bei Margiela war es ähnlich. Was Katherine Hamnnett in den 90er-Jahren gemacht hat, war ebenfalls superb. Ich habe das Glück, dass ich mir die originalen Teile aus den 40er-, 50er- und 60er-Jahren anschauen kann, aber ich weiß auch, wie sie in den 90er-Jahren von anderen Designern interpretiert wurden. Nun liegt es an uns, diese Tradition fortzusetzen.

Warum der Designer seiner Zeit weit voraus war

Man hat den Eindruck, dass immer mehr Popstars Labels gründen oder Kreativdirektoren werden – von Rihanna bis Pharrell Williams?

Auch Liam Gallagher hatte mal ein Modelabel, Pretty Green. Er war das Gesicht der Marke, denn er weiß nicht, wie man eine Jacke macht. Ich jedoch entwerfe die Kleidung zusammen mit Marcel. Wenn ich in Amsterdam bin, findet man mich auf allen Vieren, denn ich schneide Materialien zurecht. Auf Tour nehme ich eine Nähmaschine mit. Ich habe dieses Label gegründet, nicht weil ich es cool finde, ein Modelabel zu haben, sondern weil ich einst Design und Herstellung gelernt habe und das fortführen möchte.

Designpartner: Marcel Verheijen (links) und Guy Berryman
Designpartner: Marcel Verheijen (links) und Guy Berryman
Quelle: Applied Art Forms

Hat dieser Look eigentlich auch irgendetwas mit der Band Coldplay zu tun?

Auf der Bühne trage ich Applied Art Forms. Man entwirft halt auch, weil man etwas selbst tragen möchte. Die Bandmitglieder lieben, was ich mache, aber es gibt keine direkte Verbindung zwischen der Band und der Marke.

Hilft es dem Label, dass sie Mitglied von Coldplay sind?

Manchmal hilft es, eine Tür zu öffnen. Aber alles Positive, was damit einhergehen könnte, wird vom Negativen wieder ausgeglichen.

Als da wäre?

Warum sollte ich diesen Typen ernst nehmen, er ist von Coldplay? Was weiß er schon von Mode? Die Wahrheit ist: Alles, was ich mache, habe ich mir selbst beigebracht. Ob es nun Bassspielen, Modemachen oder Herausgeber eines Automagazins ist.

Modularer Parka
Modularer Parka
Quelle: Applied Art Forms

Warum der Standort Amsterdam?

Meine Frau ist Holländerin und wir haben dort über Jahre Kontakte aufgebaut. Ich bin vorrangig an lokaler Produktion interessiert, als die Dinge nach Japan oder Portugal zu schicken. Das machen wir zwar auch, aber ich habe meinem Team die Aufgabe gegeben, noch mehr Handarbeit in die Kollektion einzubringen: ‚Findet Leute, die die Skills haben, die wir brauchen. Leute, die hier leben und stricken und färben können.‘ Es gibt eine große Tradition von Strickwaren. Gerade schauen wir uns die Geschichte von holländischer Arbeiterbekleidung an: vor allem von Fischern. Kommendes Jahr im März wird eine Linie herauskommen, bei der alles in und um Amsterdam hergestellt wird.

Muss man ein Spezialist sein, um Mode so zu schätzen?

Nein, aber wir sind nerdy und ich hoffe, dass sich diese Begeisterung, die wir haben, wenn wir Sachen bis ins kleinste Detail entwickeln, überträgt.

Unver­wüstlicher Knopf inspiriert von Rettungsjacken für Piloten
Unver­wüstlicher Knopf inspiriert von Rettungsjacken für Piloten
Quelle: Applied Art Forms/RON DE WIT

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