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  4. Uhren: Die Wempe-Chefin über digitale Chancen und Risiken

Uhren Zehn Minuten Zeit

Werden Boutiquen für Luxusuhren aussterben?

Textchef ICON / Welt am Sonntag
Kim-Eva Wempe ist in vierter Generation Chefin des Luxusuhren- und Schmuckunternehmens aus Hamburg Kim-Eva Wempe ist in vierter Generation Chefin des Luxusuhren- und Schmuckunternehmens aus Hamburg
Kim-Eva Wempe ist in vierter Generation Chefin des Luxusuhren- und Schmuckunternehmens aus Hamburg
Quelle: Wempe
Die Uhrenwelt hat das Internet lange vernachlässigt. Das ändert sich nun rapide. Kim-Eva Wempe, Chefin des Luxusuhrenlabes, über die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Geschäft mit teuren Uhren.

Eine Branche erwacht – und kümmert sich mit Nachdruck um die digitale Welt: Marken wie IWC verweisen stolz auf Fans und Follower in den sozialen Medien, Anbieter wie Omega vermarkten Sondermodelle nur im Netz, andere gehen davon aus, dass der E-Commerce explodieren wird. Was das für das Geschäft beim Juwelier bedeutet, darüber sprachen wir mit Kim-Eva Wempe. Die studierte Betriebswirtin ist in vierter Generation Chefin des Luxusuhren- und Schmuckhändlers Gerhard D. Wempe.

ICONIST: Frau Wempe, bei der Luxusuhren-Messe in Genf war das Netz eines der dominierenden Themen. Inwieweit beeinflusst der Trend das Geschäft in Ihren Boutiquen?

Kim-Eva Wempe: Ganz ehrlich? Bisher noch gar nicht.

ICONIST: Trotzdem kommt da etwas auf die Branche zu. Mancher Marken-CEO spricht nicht mehr nur bei geschlossener Tür davon, dass der E-Commerce die Zukunft ist.

Wempe: Ich denke, wir müssen ganz deutlich unterscheiden: Kanäle wie soziale Medien und Onlinejournalismus sind ja etwas ganz anderes als der tatsächliche Handel im Netz. Dass die digitale Welt große Veränderungen bringen wird, ist uns klar.

ICONIST: Beginnen wir doch mit dem E-Commerce: Sehen Sie große Verschiebungen?

Wempe: Nach meiner Ansicht hängt das zunächst einmal stark mit der Region zusammen, in der der Kunde lebt. Wenn man in einer Stadt wohnt, in der viele Fachgeschäfte zu finden sind, ist man nicht so sehr auf Digitalhandel angewiesen. Muss man erst einmal ein paar Stunden mit dem Auto fahren, um an einen Verkaufspunkt zu gelangen, dann ist der Reiz, sich eine Uhr im Netz zu bestellen, natürlich wesentlich größer.

ICONIST: Ganz konkret: Warum beteiligt sich Wempe noch nicht mit einem virtuellen Shop auf der Website am E-Commerce?

Wempe: Wir nehmen das Thema sehr ernst. Es gibt allerdings momentan noch Hindernisse. Einige Marken, deren Konzession wir haben, wollen beispielsweise nicht, dass bestimmte Informationen über ihre Modelle auf unserer Website zu finden sind. Andere wie Rolex wollen online nicht verkaufen, weil sie flächendeckend erhältlich sind. Hinzu kommt, dass wir beispielsweise aufgrund limitierter Serien nicht jede Uhr aus dem Programm immer zur Verfügung stellen können. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir da bald zu Lösungen kommen.

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ICONIST: Momentan stellt sich die Lage so dar, dass im Netz ein Graumarkt für Luxusuhren entstanden ist.

Wempe: Ja, und wir sollten alle zusammen mit neuen Angeboten daran arbeiten, ihn möglichst einzudämmen.

ICONIST: Hat das Netz auch Vorteile für Sie?

Wempe: Wir merken: Die Kunden wollen sich immer über ihre Wunschuhr informieren – egal, wo sie sich gerade aufhalten. Natürlich verfügen wir traditionell über bestens geschultes Personal, aber die Kenntnisse derjenigen, die zu uns kommen, haben zugenommen. Eine schöne Entwicklung.

ICONIST: Was kann der Kunde in einer Boutique finden, das es nicht im Netz gibt?

Wempe: Vor allem Beratung. Keine Website wird je bereitstellen können, was ein fachkundiger Angestellter im persönlichen Gespräch leistet. Auch die Möglichkeit, das Stück in die Hand zu nehmen, zu erfahren, wie es am Arm wirkt, lässt sich im Netz beim besten Willen nicht simulieren, das weiß jeder, der schon einmal eine Uhr am Arm hatte. Hinzu kommt der Service: Wer eine kostbare Uhr kauft, der möchte, dass sie gut gewartet wird, damit ihr Wert stabil bleibt. Und wenn ich das noch sagen darf: Wir achten sehr darauf, uns wirklich mit den Menschen zu beschäftigen, die zu uns kommen. Wer ist das? Was erwartet er? Und wir wollen für alle da sein. Vom Sammler, der seine zehnte Uhr bestellt, bis zum Studenten, der sich ein Einstiegsmodell vom Mund abspart.

ICONIST: Apropos Studenten: Speziell bei der Bekleidung hat sich das Konsumverhalten bei den Jüngeren sehr geändert. Wo man früher den ersten Marken-Trenchcoat beim Händler im Stadtkern kaufte, um hinterher ein bisschen auf dem Marktplatz damit angeben zu können, bestellt man heute im Netz. Und dann freut man sich darüber, wenn das Teil direkt an die Tür geliefert wird.

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Wempe: Diese Entwicklung hat uns bisher noch nicht wirklich erreicht.

ICONIST: Ein großer Vorteil beim Internet-Einkauf besteht darin, dass man Bekleidung, die einem nicht gefällt, einfach so zurückschicken kann und sein Geld zurückerhält. Wäre das denn so auch bei Uhren denkbar?

Wempe: Ich wüsste nicht, wie das gehen soll. Normalerweise werden die Modelle in einer Folie verschweißt ausgeliefert. In dem Moment, in dem ich sie öffne, um zu sehen, wie das Stück nun genau an mir wirkt, ist der Kauf unwiderruflich vollzogen und die Uhr ist nicht mehr im Originalzustand. Persönlich bin ich übrigens immer ein wenig enttäuscht, wenn ich im Internet etwas bestelle und an etwas wie einer geöffneten Verpackung merke, dass es schon bei einem anderen Kunden war. Themen wie der Service von Uhren werden sich leichter ins Netz transportieren lassen.

ICONIST: Sie sagen selbst, dass E-Commerce nur ein Teil der Herausforderung ist. Man hatte auf der Messe in Genf zeitweise das Gefühl, dass manche Marken in Zeiten der Krise ihr Heil deswegen in den sozialen Medien suchen, weil es sich um ein Feld handelt, worüber sie bisher noch wenig wissen – und deswegen wittern sie entsprechendes Potenzial.

Wempe: Ich glaube eher, dass der Trend direkt mit den Einbrüchen in China zusammenhängt. 30 Prozent Rückgang sind enorm – und darüber, dass es so kommen könnte, hat sich vielleicht mancher nicht genügend Gedanken gemacht. Nun müssen deshalb rasch neue Erlösmodelle her. Aber eines muss man deutlich sehen: Wenn immer mehr Sondermodelle über soziale Medien verkauft werden, wird die Exklusivität des Produkts leiden, die wir jahrelang mit aufgebaut haben. Das wäre für niemanden gut.

ICONIST: Wie wird Ihr Unternehmen denn in zehn Jahren im Internet repräsentiert sein?

Wempe: Glauben Sie mir: Wir haben sehr viel vor und wollen es so schnell wie möglich umsetzen. Aber bitte haben Sie Verständnis, dass ich hier nicht öffentlich sagen kann, was genau passieren wird (lacht). Wir wollen die Konkurrenz ja nicht auf Ideen bringen.

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Quelle: Die Welt

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