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Partnerschaft Glaube und Beziehung

Was der Ramadan für Paare bedeutet

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Yassin und Manel (links) und Sina und Hedi erleben den Fastenmonat Ramadan seit einigen Jahren als Paare zusammen
Quelle: Coco Gonser Photography/privat/Mandoline Rutkowski
Der Fastenmonat Ramadan endet – und damit eine herausfordernde Zeit für viele Paare. Was tun, wenn einer fastet, der andere nicht? Und wie ist es mit dem Verzicht auf Zärtlichkeiten? Drei Paare berichten von ihren Erfahrungen.

Für Muslime endet diese Woche der Fastenmonat Ramadan. Für den gläubigen Franzosen Hedi wird das diesjährige Fest des Fastenbrechens, das im Türkischen „Zuckerfest“ genannt wird, ein ganz besonderes. Denn zum ersten Mal wird seine Freundin Sina mitfeiern. Sie ist evangelisch und fastet nicht.

Viele Paare sind in der gleichen Situation wie Hedi und Sina: Nur eine Person in der Beziehung ist gläubig und fastet während des Ramadans. Zwar wird Fasten überall auf der Welt in unterschiedlichen Arten praktiziert, etwa um gesünder zu leben oder abzunehmen. Das religiöse Fasten, wie es etwa als Teil des muslimischen Glaubens praktiziert wird, bedeutet allerdings mehr als den Verzicht auf Essen und Trinken. Für Muslime ist der Ramadan eine Zeit, in der sie sich mit ihrem Glauben auseinandersetzen und auf die grundlegenden Werte des Islams besinnen.

Muslime, die die Geschlechtsreife erlangen, sollen während des Ramadans fasten – Schwangere, Stillende, Menstruierende, Kinder und Kranke ausgenommen. Während der 30-tägigen Fastenzeit dürfen Muslime von Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang keine Nahrung zu sich nehmen, nicht rauchen und müssen sich sexuell enthalten. Zudem sollen sie sich noch mehr als sonst von Sünde fernhalten, das heißt etwa, nicht schlecht über andere sprechen oder sündhaft handeln. Viele Muslime beten in dieser Zeit intensiv und lesen den Koran.

Muslima und Feministin Thea Thaş

Nicht nur für Muslime ist diese Zeit besonders, auch nicht fastende Partner stehen vor einer Ausnahmesituation. Gemeinsam müssen sich Paare in vielen Aspekten des Lebens neu begegnen. ICONIST hat mit drei Paaren darüber gesprochen, wie sie die Fastenzeit erleben, sich im Alltag arrangieren und inwieweit der Ramadan ihre Beziehung zueinander verändert.

Sina und Hedi

Sina und Hedi lernten sich während des Studiums in Paris kennen, seit vier Jahren sind sie ein Paar. In den ersten zwei Jahren ihrer Beziehung erlebte Sina die Fastenzeit ihres Freundes mit, momentan lebt sie allerdings wieder in Deutschland.

Obwohl Hedi immer wieder betont, dass es ihn nicht stört, versucht Sina, tagsüber nicht vor ihm zu essen oder zu trinken. „Das wäre gemein, das mache ich aus Respekt nicht.“ Allerdings habe sie ihren Vorsatz schon mal vergessen. „Als wir kürzlich telefonierten, sagte ich, dass ich auflegen müsse, weil ich so hungrig sei und etwas essen wolle“, erzählt sie. Er habe es mit Humor genommen.

Sina und Hedi haben sich während des Studiums in Paris kennengelernt
Sina und Hedi haben sich während des Studiums in Paris kennengelernt
Quelle: privat

Weil es der Glaube nicht gestattet, mussten Sina und Hedi während des Ramadans tagsüber aufs Küssen verzichten. „Natürlich ist es schwierig. Wenn etwas verboten ist, möchte man es noch mehr“, sagt Sina. Schwieriger war es für sie allerdings, als sie beobachtete, dass Hedi Gewicht verlor. „Ich weiß, dass er aus guten Gründen fastet und Erfahrung damit hat, aber natürlich möchte ich nicht, dass seine Gesundheit darunter leidet.“ Hedi wiederum kann die Sorge nachvollziehen, findet sie aber unberechtigt. „Sina ist sehr einfühlsam. Sie glaubt manchmal, dass ich leide, aber das tue ich nicht. Ich mache das für meinen Glauben und mich.“

Durch Hedi hat Sina einen Zugang zum Islam gefunden. „Bevor ich Hedi kennenlernte, wusste ich nichts über den Islam. Jetzt stelle ich ihm häufig Fragen und habe kürzlich angefangen, den Koran zu lesen“, erzählt sie. „Ich bin froh, dass ich durch Hedi diesen Berührungspunkt mit der Religion gewonnen habe.“

Als Geburtstagsgeschenk hat Sina einen Tag mit ihm gefastet. „Ich wollte ausprobieren, wie es sich anfühlt, und ihm zeigen, dass ich mich für seine Religion interessiere“, erklärt sie. „Es war wirklich schwer für mich. Ich habe großen Respekt davor, dass er das jeden Tag macht.“ „Für Sina war diese Zeit eine größere Herausforderung als für mich, weil sie ihr Verhalten ändern wollte. Ich mache das schon seit langer Zeit und bin daran gewöhnt“, sagt Hedi.

Elias und Max

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„Wir können auf eine recht lange Ramadan-Chronik zurückblicken“, sagt Elias am Telefon und lacht. Seit zehn Jahren sind er und Max ein Paar. Elias ist gläubiger Muslim und fastet seit seiner Jugend, Max ist Agnostiker. Das Paar lebt in Berlin und leitet ein Unternehmen in der Nachhaltigkeitsbranche. Aus beruflichen Gründen möchte das homosexuelle Paar nicht mit den echten Namen auftreten.

„Ich finde die Erfahrung des Ramadans schön und wertvoll, deshalb halte ich Elias in dieser Zeit den Rücken frei“, sagt Max. Das tut er etwa, indem er in dieser Zeit das Gros der Haus- und Handwerksarbeit übernimmt und Elias weniger beruflich einspannt. Max kocht üblicherweise für das Paar und übernimmt auch während des Ramadans die Vorbereitungen für das abendliche Fastenbrechen. „Ich will ihm ersparen, dass er etwas kochen muss, das er nicht gleich essen kann. Er hat ja bereits stundenlang gefastet“, erklärt er. Die Vorbereitungen seien eine Herausforderung, weil das Abendessen bei Sonnenuntergang angerichtet sein müsse. „Ich fühle mich manchmal unter Druck, weil ich Elias ein pünktliches und leckeres Essen liefern will, wenn er schon den ganzen Tag verzichtet“, erklärt Max.

Max hat Elias einen Kalender zum Ramadan geschenkt. Gemeinsam essen sie jeden Abend eine Dattel
Max hat Elias einen Kalender zum Ramadan geschenkt. Gemeinsam essen sie jeden Abend eine Dattel
Quelle: Privat

Nach Sonnenuntergang essen sie gemeinsam eine Dattel und trinken einen Schluck Wasser, so beginnt das Fastenbrechen. Dann gibt es Vor-, Haupt- und Nachspeise, Elias spricht seine Gebete. Dieses Jahr schenkte Max Elias einen Ramadan-Kalender, der ähnlich funktioniert wie ein Adventskalender: 30 Türchen mit Süßigkeiten und Sprüchen mit Denkanstößen wie: „Ich freue mich darauf, diese Person bald wiederzusehen.“ Manchmal beantworten sie diese Fragen gemeinsam. „Das war eine sehr liebe Geste von ihm“, sagt Elias.

Während des Ramadans stellen die beiden ihr Sozialleben um. Weil Elias durch das Fasten geschwächt ist, können sie keine Ausflüge unternehmen und treffen seltener gemeinsame Freunde. Zudem verbringt Elias viel Zeit mit seiner Familie, die auch fastet. Für Max ist das manchmal schwierig. „Mitunter fühle ich mich mit einem Fuß draußen“, sagt er.

Max berichtet, dass er beobachtet, wie sich Elias mit jedem Fastenmonat weiterentwickelt. „Er schärft seinen Geist und seine Sinne“, sagt er. „Manchmal bin ich sogar etwas neidisch auf diesen Effekt.“ Max habe schon einige Male ausprobiert, mit seinem Partner zu fasten, aber nie länger als drei Stunden ausgehalten. „Der Preis ist mir zu hoch. Um es durchzuziehen, fehlt mir vielleicht der Gottglaube.“ Elias berichtet, dass das Paar zwar über den Islam spreche, allerdings hielten sie keine religiösen Grundsatzdiskussionen. Max nimmt aus dieser Zeit trotzdem etwas mit. „Ich achte darauf, dass ich etwas von seiner Energie in meinen Alltag mitnehme. Ich versuche zum Beispiel, meine Sprache bedachter zu wählen, weniger zu fluchen.“

Yassin und Manel

Yassin und Manel sind beide gläubige Muslime. Sie sind seit sieben Jahren zusammen und haben einen kleinen Sohn. Beide haben in ihrer Jugend mit dem Fasten begonnen. Seit acht Jahren ist Manel aufgrund einer chronischen Erkrankung vom Fasten befreit, weshalb sie nur noch ab und zu für einige Tage fastet, wenn ihre Gesundheit es zulässt. „Mir tut es in der Seele weh, dass ich nicht den gesamten Ramadan über fasten kann. Es beruhigt mich zu wissen, dass Allah mich vom Fasten befreit“, erklärt sie. Das Fasten gehört zu den „fünf Säulen des Islam“. Dies sind die wichtigsten Lebensregeln der Muslime, mit deren Einhaltung sie ihren Glauben praktizieren.

Yassin und Manel sind seit sieben Jahren ein Paar
Yassin und Manel sind seit sieben Jahren ein Paar
Quelle: Coco Gonser Photography/Corinna Gonser

Abends, nachdem das Ehepaar den Sohn zu Bett gebracht hat, kocht es zusammen. „Wir bereiten uns dann auf das Fastenbrechen, den ‚Iftar‘, vor und besinnen uns auf unseren Glauben“, erklärt sie. Nach dem Sonnenuntergang essen Yassin und Manel zusammen und beten anschließend „Für mich ist es eine schöne Möglichkeit, den Ramadan trotz meiner Erkrankung zu erleben.“

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Die Kinderbetreuung teilt sich das Paar auch in der Fastenzeit miteinander. „Ich fühle mich in dieser Zeit nicht schwach und kann all meinen Aufgaben nachgehen, auch der Kinderbetreuung“, erklärt er. Auch seinem Beruf als Projekteinkäufer kommt er weiterhin nach. „In diesem Jahr wird das Fasten durch das Homeoffice erleichtert, weil man weniger unterwegs ist.“

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Für Yassin ist es wichtig, dass er sich auch während des Ramadans Zeit für Zärtlichkeiten mit seiner Frau nimmt. „Das sollte man nicht einen Monat lang vernachlässigen, der kann sich nämlich lang anfühlen“, sagt er. „Viele Paare sind nach dem Fastenbrechen etwas träge, aber ich trinke viel Wasser und bewege mich ein wenig – und dann bin ich wieder fit.“

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