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ICONIST Wichteltür-Trend

„Nein, der Wichtel kennt kein Erbarmen mit müden Eltern“

Eine kleine Tür, die zum großen Stressfaktor werden kann Eine kleine Tür, die zum großen Stressfaktor werden kann
Eine kleine Tür, die zum großen Stressfaktor werden kann
Quelle: rossmann.de
An dem Trend zur Wichteltür kommen Eltern kaum noch vorbei. Liebevolle Tradition oder bloß ein weiterer Stressfaktor für Mütter und Väter? Auch bei unserer Autorin ist vor einigen Jahren ein Wichtel eingezogen. Nun zieht sie Bilanz.
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Vor einigen Jahren ist der Trend mit den Wichteltüren zu uns nach Deutschland geschwappt. Seit etwa zwei Jahren kommt wohl niemand mehr daran vorbei: Egal ob bei Aldi, Rossmann oder Tchibo – Wichteltür-Sets stehen spätestens im November überall in den Regalen.

Die Tradition kommt aus Skandinavien und gehört dort zur Weihnachtszeit wie bei uns das Plätzchenbacken oder der Adventskalender. Die fleißigen Helferlein sollen bei den Weihnachtsvorbereitungen helfen, spielen der Familie aber auch Streiche, verknoten Schnürsenkel, malen Eltern Schnurrbärte oder zaubern die Milch im Kühlschrank blau. Sie wohnen hinter der berühmten kleinen Tür (dänisch: Nissedør) und treiben ihren Schabernack nur nachts, wenn alle schlafen.

Apropos Plätzchenbacken

Die Wichteltüren und dazugehörigen Accessoires sehen zuckersüß aus. Eltern von kleinen Kindern sind entzückt ­– und stellen sich vor, wie die Kleinen mit großen Augen vor der Tür stehen, fasziniert die Botschaften vom Wichtel entdecken und laut lachen, wenn der Wichtel Streiche spielt. Ja, auch ich gehörte zu diesen Eltern.

Als ich dann das Wichtel-Set gekauft hatte und begann, mir zu überlegen, was dieser Wichtel bei uns so treiben sollte, merkte ich, dass er ziemlich viel Arbeit macht. Ich verbrachte zwei Abende am Rechner, schrieb Botschaften vor und erstellte eine Excel-Tabelle mit einer Ideensammlung. Irgendwie hatte ich mir das romantischer vorgestellt. Zugegeben: Von dieser Vorarbeit profitiere ich auch dieses Jahr. Dennoch stehe ich, genau wie vergangenes Jahr, jeden Abend im Bad und merke, dass ich schon wieder vergessen habe, den Streich vorzubereiten. Der Wichtel hat kein Erbarmen mit müden Eltern und fordert täglichen Einsatz.

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Ich dachte, dass ich eine ziemlich großartige Mutter bin, weil ich es trotzdem durchziehe. Doch dann habe ich nach neuen Ideen gesucht – und habe mich in der skurrilen Welt der Wichteltüren verloren.

Oh. Mein. Gott.

Schlitten bis Besen: Wichteltür-Accessoires
Schlitten bis Besen: Wichteltür-Accessoires
Quelle: tchibo.de

Ich entdeckte hunderte DIY-Basteleien, perfekte Rentier-Ställe, gebastelt aus Holz-Eisstielen (mit Heu im Stall!), einen kleinen Wichtel-VW-Bus (mit Tannenbaum auf dem Dach!), ein bemaltes Schneckenhaus, das als Wichtel-Kinderwagen umgebaut wurde (mit Rädern und Griff!), ein winziges Wichtel-Klohäuschen mit Herzchen in der Tür und Mini-Klopapier (das man wirklich abrollen kann!), eine Wichtel-Küche mit Mini-Toaster, -Tassen und -Frühstücksei. Manche Wichtel wohnen nicht nur hinter Türen, sie haben ein ganzes Haus mit weihnachtlich geschmückter Veranda, inklusive Lichterketten, Adventskranz und Bank mit Kissen. Die Accessoires, Ideen und Kaufanreize sind grenzenlos. Traurig schaute ich auf mein 08/15-Wichteltür-Set, das mir plötzlich sehr banal erschien. Mir wurde bewusst: Unsere Lumi lebt in kreativer Armut.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Instagram
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Am schlimmsten sind die Postings auf Instagram, Blogs und Pinterest, die mit Worten wie „Lasst euch bloß nicht stressen“ beginnen. Denn meistens finden sich genau hier die aufwendigsten DIY-Wichtel-Projekte. Hey, lasst euch nicht stressen, für so einen DIY-Wichtel-VW-Bus braucht ihr nur fünf Stunden, eine vollausgestattete Werkstatt und unglaublich viel Geduld! Easy! Ganz ehrlich? Meine Vorweihnachtszeit ist auch so schon gut gefüllt. (Kita-)Weihnachtsfeiern, Geschenke kaufen, Karten schreiben, Plätzchen backen, Tannenbaum besorgen, Schneemann bauen, die Feiertage planen, ach, und dann noch mindestens zwei Wochen, in denen wir mit Bronchitis familiär flachliegen.

Und während ich mir die Nase putze und ungläubig durch Bilder wische, auf denen ein Wichtel-Wohnzimmer mit Miniatur-Bücherregal, winzigen (essbaren!) Plätzchen und Kamin gezeigt wird, stelle ich mir wieder einmal die Frage, die Eltern so häufig beschäftigt: Wie schaffen die anderen das nur, während ich es nicht einmal auf die Reihe bekomme, die matschigen Schnee-Reste von den Kinderstiefeln im Flur wegzuwischen?

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Es ist wie so oft: Aus einer schönen Idee wird, so gaukelt es uns zumindest Social Media vor, ein Wettbewerb. Es ist nicht nur bei den Wichteltüren so. Von der DIY-Elsa-Geburtstagstorte über das stets aufgeräumte, pastellfarbene Kinderzimmer bis zur selbst gemachten Schultüte wird das Kind zur Projektionsfläche der elterlichen Perfektionsansprüche.

Nicht alle Mütter und Väter haben Zeit für oder Lust auf so viel Aufwand. Dennoch konsumieren sie entsprechende Social-Media-Inhalte – verdammter Algorithmus! – und bekommen an schlechten Tagen das Gefühl vermittelt, dass ihre Prioritäten wohl falsch gelagert seien. Denn was gibt es Schöneres als leuchtende Kinderaugen? Ist das nicht jede Minute Aufwand wert und ein Zeichen von Liebe?

Kann natürlich alles auch selbst gebastelt werden – DIY-Wichteltür
Kann natürlich alles auch selbst gebastelt werden – DIY-Wichteltür
Quelle: rossmann.de

Stopp.

Ich habe dieses Jahr sehr bewusst entschieden, mir diesen Schuh nicht anzuziehen. Ich liebe mein Kind nicht weniger, nur weil ich nicht bereit bin, mich abends noch stundenlang mit DIY-Wichtel-Projekten auseinanderzusetzen. Dieser Fummel-Kram ist nicht mein Ding. Meine Kinder scheinen trotzdem sehr zufrieden zu sein. Sie kommen morgens mit strahlenden Augen in den Flur und kichern: „Mal sehen, was Lumi heute angestellt hat!“ Ihnen fehlt kein Rentier-Stall oder eine Mini-Küche.

Ich wage zu behaupten, dass die detailverliebte Miniatur-Vollausstattung vielen Kindern relativ egal ist und vor allem für den Applaus anderer Eltern auf Instagram oder das eigene Entzücken kreiert wird. Wie meine Freundin sagte: „Ich habe sonst kaum Hobbys, diese Wichtel-Sache ist eher für mich. Für meine Tochter bräuchte es den ganzen Aufwand nicht.“

Warum hohe Erwartungen den Selbstwert untergraben

Wir sollten uns bewusst überlegen, was wir bereit sind, an Zeit, Geld und Kreativität zu investieren. Das Leben mit Kindern ist stressig genug. Wir kämpfen mit der Vereinbarkeit und den nie endenden To-do-Listen, mit Infekten und Wutausbrüchen, mit Terminen und unvorhergesehenen Ereignissen. Es ist okay, wenn da kein Wichtel mehr reinpasst. Es bedeutet nicht, dass uns die Kinder weniger wichtig sind. Im Gegenteil. Ich finde, dass es ein Zeichen der Liebe und Fürsorge ist, die eigenen Grenzen zu kennen. Denn nur so ist es möglich, den Kindern auch im Alltagswahnsinn genug Zeit und Geduld zu widmen, sie zu begleiten und ihnen zuzuhören, sie in Ruhe zu trösten und zu fragen, wie es ihnen geht.

Eltern, die nachts zu wenig schlafen, um nach Job, Haushalt und Treffen mit Freunden noch das perfekte Wichtelhaus zu bauen, haben am nächsten Morgen eine kurze Zündschnur und weniger Geduld. Das ist menschlich. Aber es hilft niemandem. Deshalb: Weniger ist mehr. Wichtel-Aktionen sind großartig, wenn man wirklich Lust drauf und Zeit dafür hat, sollten aber nicht zur Pflicht werden. Von einer gesunden Selbstwahrnehmung profitieren die Kinder am meisten.

Wichtel-Tipps für müde Eltern:

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Und wenn der Wichtel schon da aber die Zeit rar ist, gibt es zahlreiche Tipps, wie man die Zeit so stressfrei wie möglich gestalten kann.

  • Der Wichtel hat eine Erkältung und bleibt im Bett. Einfach ein Taschentuch zerrupfen, die kleinen Teile zerknüllen und vor der Tür verteilen. Es kann ein paar Tage dauern, bis so eine Erkältung auskuriert ist – ein Tässchen Tee hilft bestimmt.
  • Der Wichtel hat verschlafen, ups! So bleibt mehr Zeit, bis die Kinder aus Kita oder Schule wiederkommen – vielleicht konnte bis dahin dank Homeoffice eine kleine Aktion umsetzt werden.
  • Der Wichtel hat seine Stiefel / seinen Besen / … (alles im Starterset enthalten!) verlegt und die Kinder sollen beim Suchen helfen. Einfach hinter einem Sofakissen verstecken, fertig. Solche Aktionen sind mir die liebsten – schnell erledigt und die Kinder sind eine Weile mit dem Suchen beschäftigt. Und am nächsten Tag ist vielleicht etwas anderes verschwunden.
  • Fertige Wichtelbriefe und zahlreiche Vorlagen gibt es zum Ausdrucken im Internet. Man muss das Rad nicht neu erfinden, sondern kann es sich damit vereinfachen.
  • Jedes Jahr die gleichen Aktionen? Wieso nicht? Die meisten Kinder finden es toll, wenn die Clementinen wieder Gesichter haben oder die Milch wieder blau eingefärbt wurde – denn so haben sie das Gefühl, den Wichtel schon zu kennen: „Oh jaaa, das hat er/sie letztes Jahr doch auch gemacht.“
  • Die Zeit für die Wichteltür darf an anderer Stelle eingespart werden. Auch das ist Selbstfürsorge. Dann gibt es eben Vanillekipferl aus dem Supermarkt, einen gekauften Adventskalender statt eines selbst befüllten oder eine reduzierte Weihnachtsdeko im oder vor dem Haus. Alles geht nicht.
Wohnen bevorzugt über Scheuerleisten: Wichtel. Bleibt nur noch die Frage: Fertig kaufen oder basteln?
Wohnen bevorzugt über Scheuerleisten: Wichtel. Bleibt nur noch die Frage: Fertig kaufen oder basteln?
Quelle: thalia.de
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