Nach der Corona-Pandemie ist die Geburtenrate in Deutschland einer neuen Analyse zufolge auf den tiefsten Stand seit 2009 eingebrochen. In Schweden, das als Vorzeigeland für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie galt, sehe es ähnlich aus, teilt das Rostocker Max-Planck-Institut für demografische Forschung in seinem aktuellen Newsletter mit.
Die monatliche Geburtenrate ist nach Ende der Pandemie deutlich gefallen – und lag demnach im Herbst 2023 bei 1,3 Kindern pro Frau in Deutschland und bei 1,4 Kindern pro Frau in Schweden. Für beide Länder bedeute das einen Rückgang um rund 13 beziehungsweise 14 Prozent im Vergleich des Jahres 2023 zu 2021, so stellte Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) mit seinem Kollegen Gunnar Andersson von der Universität Stockholm fest.
Ihre Ergebnisse wurden bereits im Januar im „European Journal of Population veröffentlicht“. Für diese Ausgabe des Newsletters haben sie die Daten bis November 2023 aktualisiert. Die beiden Forscher haben untersucht, wie sich die Geburtenraten Monat für Monat verändert hatten und schauten, ob es – mit einem Versatz von neun Monaten – einen Bezug zu bestimmten Ereignissen gab. Zum Beispiel zum Ergreifen von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie oder dem Pandemieverlauf an sich.
Es gebe es mehrere mögliche Erklärungen für diese Entwicklung, hieß es. Die Pandemie sei für viele Familien eine schwierige Zeit gewesen. Die Eltern waren gestresst, da sie unter schwierigen Pandemiebedingungen Beruf und Familie vereinbaren mussten. Bei Kindern und Jugendlichen in europäischen Ländern kam es zu einem bemerkenswerten Anstieg von Depressionen und Angststörungen. Diese Erfahrungen könnten dazu beigetragen haben, dass die Geburtenrate gesunken ist.
„Außerdem könnten der Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation zu Zukunftssorgen und einem zunehmenden Gefühl der Unsicherheit beitragen“, schreiben die Wissenschaftler.
Beide Faktoren könnten zu dem deutlichen Rückgang der Geburtenraten in den Jahren 2022 und 2023 beigetragen haben. Ob es sich primär um einen Aufschub der Geburten handelt und bald wieder mehr Kinder zur Welt kommen, sei eine spannende Zukunftsfrage.
In vielen europäischen Ländern sanken die Geburtenraten den Angaben nach zu Beginn der Corona-Pandemie massiv. „Lediglich die meisten deutschsprachigen und nordischen Länder blieben von diesem Trend verschont“, stellten die Forscher fest. Damals machte man die funktionierenden sozialen Sicherungssysteme und die Kurzarbeit als Ursache dafür aus, dass sich die Menschen trotz der Krise für Kinder entschieden.