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  3. Zuckersteuer: Deutschland verzichtet – und verliert bis zu 16 Milliarden Euro

Gesundheit Zuckersteuer

Die gigantischen Kosten, die die Softdrink-Industrie verursacht

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Mit einer Zuckersteuer würden knapp 245.000 Menschen in 20 Jahren nicht oder später an Diabetes Typ 2 erkranken
Quelle: Getty Images
Etliche Länder setzen bereits darauf: die Zuckersteuer auf Getränke. Nur Deutschland glaubt an die Strategie, es den Herstellern zu überlassen, die Süße zu reduzieren. Das aber kostet das Land Unsummen, ermittelten Forscher nun. Und das ist nicht alles.
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Eine Zuckersteuer auf Erfrischungsgetränke würde einer Studie zufolge in Deutschland allein innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte bis zu 16 Milliarden Euro sparen und zahlreiche Erkrankungen vermeiden. Das bilanzieren Forscher der Technischen Universität München und der britschen University of Liverpool.

„Eine Softdrink-Steuer in Deutschland hätte deutliche positive Auswirkungen“, schreiben sie im Fachmagazin „PLOS Medicine“. Bei allen simulierten Varianten würde weniger Zucker konsumiert, Erkrankungen wären seltener. „So ließen sich volkswirtschaftliche Kosten senken und das Gesundheitssystem entlasten.“

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine Sondersteuer von mindestens 20 Prozent auf zuckerhaltige Getränke, um den Zuckerkonsum der Bevölkerung mitsamt seiner gesundheitlichen Folgen zu reduzieren. Über hundert Länder haben bereits verschiedene Arten der Zuckersteuer eingeführt. „Die Einführung einer Zuckersteuer ist wirksam und der deutschen Politik zu empfehlen“, erklärte auch Michael Stolpe vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel zu den aktuellen Ergebnissen. „Auch Werbeverbote, wie sie für Zigaretten eingeführt wurden, könnten helfen, den Zuckerkonsum zu verringern.“

Auch Falk Schwendicke von der Charité in Berlin hält die Besteuerung zuckergesüßter Getränke aus gesundheitspolitischer und ökonomischer Sicht für sehr sinnvoll. „Die berechneten Kosteneinsparungen sowie gesundheitlichen Gewinne sind beachtlich.“ Gerade sonst nicht gut erreichbare Bevölkerungsgruppen könnten damit in ihrem Verhalten positiv beeinflusst werden.

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In Großbritannien gibt es seit 2018 die sogenannte „Soft Drinks Industry Levy“, eine gestaffelte Steuer, welche die Hersteller von zuckergesüßten Getränken zahlen müssen. Ab fünf Gramm Zucker pro 100 Millilitern müssen 18 Pence (umgerechnet 21 Cent) pro Liter gezahlt werden, ab acht Gramm Zucker 24 Pence.

Deutschland setzt stattdessen auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Getränkeindustrie – Studien zufolge bislang mit mäßigem Ergebnis. Die Studie aus München zeigt nun, dass der erwünschte Effekt einer Steuer hierzulande wohl tatsächlich eintreten und das Risiko etwa für Übergewicht und Erkrankungen sinken würde.

Bei mittelalten Männern zeigt sich der größte Effekt

Allerdings mache es einen Unterschied, ob die Abgabe darauf abzielt, den Softdrink-Konsum generell zu senken oder Rezeptur-Änderungen herbeizuführen. Wenn die Abgabe unabhängig vom Zuckergehalt fällig wird, führe dies internationalen Studien zufolge vor allem zu einer verringerten Nachfrage nach Softdrinks.

Richtet sich die Steuer hingegen nach der Zuckermenge, würden zudem die Rezepturen der Getränke verändert. „Der Simulation zufolge würde bei einem pauschalen 20-prozentigen Aufschlag auf die Softdrink-Preise der Zuckerkonsum pro Tag und Person um ein Gramm sinken“, schilderten die Forschenden die potenziellen Auswirkungen in Deutschland.

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In der Gruppe der Männer zwischen 30 und 49 Jahren wären es den Abschätzungen zufolge sogar knapp drei Gramm pro Tag. „Noch stärker würde sich eine Reduktion des Zuckers in den Rezepturen um 30 Prozent auswirken, wie sie in Großbritannien nach Einführung der gestaffelten Hersteller-Abgabe verzeichnet wurde“, erklärte das Expertenteam.

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Dadurch würde der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland um täglich 2,3 Gramm reduziert, bei den 30- bis 49-jährigen Männern gar um 6,1 Gramm. Bei beiden Besteuerungsvarianten gäbe es der Rechnung des Teams zufolge deutlich weniger Fälle von Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Besonders groß seien die zu erwartenden Effekte bei Diabetes Typ 2: „Durch eine Besteuerung würden unseren Modellen zufolge innerhalb der nächsten 20 Jahre bis zu 244.100 Menschen später oder gar nicht an Typ-2-Diabetes erkranken“, erläuterte der Erstautor der Studie, Karl Emmert-Fees.

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Mit einer Abgabe auf gezuckerte Getränke würden also weniger Behandlungen nötig, die Kosten durch Krankheitstage und Arbeitsunfähigkeit sänken ebenfalls. Für den Zeitraum 2023 bis 2043 hat das Team bei einer gestaffelten Herstellerabgabe volkswirtschaftliche Einsparungen von rund 16 Milliarden Euro errechnet, davon etwa 4 Milliarden Euro an Gesundheitskosten.

„Bei einer 20-prozentigen Steuer wären es immerhin insgesamt noch etwa 9,5 Milliarden Euro.“ Hinzu kommt: Bei den Berechnungen wurden Menschen unter 30 Jahren nicht berücksichtigt, weil die meisten der modellierten Erkrankungen vor allem in der zweiten Lebenshälfte auftreten.

Allerdings sei der Softdrink-Konsum im Teenageralter am höchsten, erläuterte Emmert-Fees. „Dementsprechend wäre die durchschnittliche Reduktion des Zuckerkonsums noch drastischer und der positive gesundheitliche Effekt noch größer, wenn wir jüngere Menschen mitberücksichtigen würden.“

Erst kürzlich hatte eine im Journal „BMJ Nutrition, Prevention & Health“ vorgestellte Studie ergeben, dass die Zuckersteuer in Großbritannien positive Auswirkungen auf die Zahngesundheit des Nachwuchses hat. Demnach sank die Zahl der unter 18-Jährigen, die einen Zahn wegen Karies gezogen bekamen, nach der Einführung der Steuer 2018 binnen zwei Jahren um zwölf Prozent.

Für Sarah Forberger vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen kann eine Zuckersteuer nur ein Anfang sein. „Egal welche Steuer gewählt wird, eine Besteuerung könnte ein Puzzleteil bei der Bekämpfung von Übergewicht sein“, sagt sie dem Science Media Center.

Denn obwohl die Reduktion von 5 bis 22 Kilokalorien pro Kopf und Tag über den Zeitraum von 20 Jahren hohe Folgekosten einsparen könnte, reiche es nicht aus, um die gesundheitlichen Folgen rechtzeitig zu beeinflussen. „Hoher Zuckerkonsum und Übergewicht sind jedoch zu komplex, um sie allein mit einer Besteuerung wirkungsvoll bekämpfen zu können“, sagt sie. Ergänzend sei eine verstärkte Aufklärung unter Kindern und Jugendlichen sinnvoll, ergänzte Michael Stolpe vom IfW, der Leiter des Projektbereichs Globale Gesundheitsökonomie ist und selbst nicht an der Studie beteiligt war. „Junge Menschen, insbesondere junge Männer, konsumieren in viel größerem Maße zuckerhaltige Getränke als ältere Menschen.“ Ihre langfristige Gesundheit profitierte daher am meisten von Maßnahmen zur Verringerung des Zuckerkonsums.

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dpa/gra

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