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  3. Caligula: Die Senatoren warfen ihm Inzest, spontane Morde und brutale Hinrichtungen vor

Geschichte Caligulas Caesarenwahn

Er schlief mit seinen Schwestern und forderte von adligen Frauen Sexarbeit

Mit seinen Bluttaten und Perversionen gilt der römische Kaiser Caligula als Prototyp des „verrückten“ Machthabers. Aber war es wirklich Wahnsinn, der ihn nach Aussage der Quellen nach einem Jahr auf dem Thron plötzlich zum „Ungeheuer“ machte?
Freier Autor Geschichte
Malcolm Mcdowell Film: Caligula (1979) Director: Tinto Brass & Bob Guccione 14 August 1979 Date: 14 August 1979 Copyright (c) Mary Evans Picture Library 2020. Credit: Penthouse/AF Archive/Mary Evans Malcolm Mcdowell Film: Caligula (1979) Director: Tinto Brass & Bob Guccione 14 August 1979 Date: 14 August 1979 Copyright (c) Mary Evans Picture Library 2020. Credit: Penthouse/AF Archive/Mary Evans
Caligula in seinem Element: Szene aus dem gleichnamigen Film (1979) von Tinto Brass und Bob Guccione mit Malcolm McDowell in der Titelrolle
Quelle: picture alliance / Penthouse/AF Archive/Mary Evans
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Auf der Liste der verkommenen Kaiser Roms dürfte Gaius Caesar Augustus Germanicus (12–41) einen Spitzenplatz beanspruchen. Denn der Mann, der besser unter seinem Spitznamen Caligula (Soldatenstiefelchen) bekannt ist, sprengte alle Dimensionen der Perversion. Zumindest aus der Sicht seiner aristokratischen Standesgenossen, deren Berichte auf uns gekommen sind. Nicht umsonst machte Caligula als Titelheld in Tinto Brass’ Skandal-Film (1979) Karriere, während es der ähnlich veranlagte Kaiser Nero alias Peter Ustinov immerhin zum charaktervollen Bösewicht in Mervyn LeRoys Monumentalstreifen „Quo Vadis“ (1951) und zu einer Oscar-Nominierung gebracht hatte.

An Versuchen, Caligulas blutige Affären zu erklären, mangelt es nicht. Das Urteil der Zeitgenossen fasste der Historiker Sueton zusammen, indem er dem Kaiser eine „grausame Natur“ attestierte, die ihn zum widerwärtigen „Monster“ gemacht habe. Viele moderne Autoren haben sich dem angeschlossen und den Kaiser zum Erfinder des sogenannten „Caesarenwahns“ erklärt.

Eine viel beachtete Gegenargumentation hat der Althistoriker Aloys Winterling entwickelt, indem er Caligula eine zynische Rationalität unterstellt, mit der er die Aristokratie bewusst zu demütigen suchte. Jetzt hat sein Würzburger Kollege Fabian Knopf in der Zeitschrift „Antike Welt“ eine vermittelnde Position formuliert: „Todesangst“ habe aus dem „heißersehnten Fürsten“ (Sueton) erst das Ungeheuer gemacht, das uns in den antiken Zeugnissen entgegentritt.

Blick auf die Augenpartie eines Bronzeporträts des römischen Kaisers Caligula, aufgenommen im Spätsommer 2004 in Nemi, Italien. Foto: Udo Bernhart
Vom „heißersehnten Fürsten“ zum blutgierigen „Monster“: Bronzebüste des Kaisers Caligula (12–41)
Quelle: picture-alliance/ dpa

Zum Umschlag habe demnach eine schwere Erkrankung geführt, die den jungen Kaiser Anfang 38 überfiel. Bis dahin hatte sich Caligula nämlich durchaus als der lang erwartete Menschenfreund erwiesen, als den Rom den Nachfolger des zynisch-grausamen Tiberius (42 v.–37 n. Chr.) sehnlichst erwartet hatte. Dieser hatte seine letzten Lebensjahre auf Capri zugebracht und seine Anthropophobie in Verachtung der Oberschicht und Majestätsprozessen gegen sie ausgelebt.

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Dass Caligula als Sohn des hochverehrten Prinzen Germanicus und der älteren Agrippina an Tiberius’ Hof überlebt hatte, belegt zur Genüge seine Intelligenz und seinen Überlebensinstinkt. Dabei muss es dem Urenkel des Kaisers Augustus gelungen sein, gegenüber Tiberius jeglichen Verdacht zu zerstreuen, er werde nach dessen Tod die von diesem verordnete Doppelherrschaft mit des Kaisers leiblichem Enkel Gemellus gewaltsam aufkündigen. Das war nur mit äußerster Selbstbeherrschung und permanenter Verstellung möglich, die Caligulas Brüdern nicht gegeben war. Sie ließ Tiberius wie so viele andere ermorden.

Das erste Jahr seiner Herrschaft hielt der junge Kaiser denn auch, was er versprach: Caligula veranstaltete prachtvolle Spiele, senkte Steuern, gab spektakuläre Bauten in Auftrag, sorgte sich um Moral und Vermögen von Senatoren wie Rittern und setzte Verbannte wieder in ihre Rechte ein, was ihm „die schrankenlose Hingabe seiner Mitbürger“ (Sueton) eintrug. Geldgeschenke sorgten dafür, dass sich auch die Soldaten gern dieser Meinung anschlossen.

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Doch mit diesen goldenen Zeiten war es nach der Erkrankung im Jahr 38 vorbei. Da brach sich jene permanente Angst wieder Bahn, die die „blutgetränkten und lebensbedrohlichen Jahre“ bei Tiberius auf Capri „in dem heranwachsenden Caligula hinterlassen“ hatten, schreibt Knopf. Denn der mächtige Prätorianerpräfekt Macro, der als Vertrauter Caligulas bisherige Herrschaft geprägt hatte, hatte den jungen Gemellus als potenziellen Nachfolger ins Gespräch gebracht, um einen reibungslosen Regierungswechsel bei einem Tod des Herrschers zu gewährleisten.

Der wider Erwarten genesene Caligula sah das jedoch anders und witterte Verrat. Macro und Gemellus wurden beseitigt, weitere Vertraute ebenso. „Fortan kannte Caligula nur ein Ziel: die Sicherung seiner Macht und seines Lebens“, schreibt Knopf. Jetzt „waren Hinrichtungen an der Tagesordnung“, berichtet der römische Historiker Cassius Dio.

Der Kaiser war demnach von Todesangst getrieben, als er in einer programmatischen Rede den Senatoren Doppelzüngigkeit und Unterwürfigkeit vorwarf. In diesem Sinn zerstörte er das traditionelle Beziehungsgeflecht, das den „Ersten Bürger“ (Princeps) mit seinen adligen Standesgenossen verband. Nicht mehr auf Augenhöhe wollte er mit ihnen kommunizieren, sondern sie demütigen, indem er ihnen ein ums andere Mal seine Allmacht vor Augen führte. Ein schlagendes Beispiel dafür dürfte die Ernennung seines Lieblingspferdes zum Konsul gewesen sein.

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Die derart Brüskierten rächten sich, indem sie Caligula für Inzest (er schlief mit seinen Schwestern), Vergewaltigungen, spontane Morde und brutale Hinrichtungen (hochrangige Opfer wurden langsam zersägt) bis hin zu bizarren Projekten wie dem Bau schwimmender Paläste verantwortlich machten. Frauen der Senatoren soll er zur Prostitution gezwungen haben, Hochverratsprozesse dienten (angeblich) dem Einzug von Vermögen. Während Winterling hinter diesen blutigen Exzessen (die es in Teilen zweifellos gegeben hat) eine diabolische Ratio erkennt, mit der der Kaiser die Machtbalance zwischen Prinzeps und Senat demaskieren wollte, sieht Knopf irrationale „Existenzangst“ als Triebfeder, die durch mehrere aufgedeckte Verschwörungen nur noch verstärkt wurde, die bis in den Kreis seiner Familie reichten.

Der Versuch, sich durch maßlose Überhöhung seiner Person gegen Angriffe zu sichern, musste jedoch scheitern, als er auch die neue Führung der Prätorianer-Garde gegen sich aufbrachte. Bevor er zu einer Reise nach Alexandria aufbrach, wurde der Kaiser am 24. Januar 41 von einigen Offizieren umgebracht.

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„Wahnsinnig war Caligula nicht“, resümiert Knopf: „Vielmehr haben wir einen jugendlichen Kaiser, der mit seiner Rolle und seinem Leben überfordert war.“ Seine Gegner rächten sich, indem sie in ihren Berichten das Bild eines wahnsinnigen Ungeheuers zeichneten, das die überkommenen Spielregeln mit Füßen trat.

Zu einem ausgleichenden Urteil fand unlängst der Bamberger Althistoriker Hartwin Brandt in seinem Handbuch der römischen Kaiserzeit: „Allerdings dürfte Caligula durchaus rational kalkuliert und agiert und angesichts der unverkennbar schwachen aristokratischen Mit- und Gegenspieler ausgelebt haben, was in der Tat gewiss nicht als ,Verrücktheit’ missverstanden, aber vielleicht als Signum überbordender Selbstüberschätzung begriffen werden sollte.“

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