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Geschichte Stinkefinger-Historie

Schon die Römer kannten den „digitus impudicus“, für den Effenberg den Rauswurf kassierte

Am 27. Juni 1994 ließ sich Nationalspieler Stefan Effenberg bei der WM zu einem „Stinkefinger“ hinreißen, weil deutsche Fans ihn provozierten. Das hatte drastische Folgen. Die Ursprünge der rüden Handbewegung reichen lange zurück.
Managing Editor Geschichte
Von Effenbergs (r.) berühmt-berüchtigtem Stinkefinger in Dallas gibt es kein Foto. Daher wird in dem Zusammenhang meist diese gut gelaunte Szene mit Jürgen Kohler aus dem Jahr 1992 gezeigt Von Effenbergs (r.) berühmt-berüchtigtem Stinkefinger in Dallas gibt es kein Foto. Daher wird in dem Zusammenhang meist diese gut gelaunte Szene mit Jürgen Kohler aus dem Jahr 1992 gezeigt
Von Effenbergs (r.) berüchtigtem Stinkefinger von 1994 gibt es kein Foto. Daher wird in dem Zusammenhang meist diese Szene mit Jürgen Kohler aus dem Jahr 1992 gezeigt
Quelle: Getty Images/Michael Kunkel
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Eine kleine Geste kann eine große Wirkung haben – im Guten wie im Schlechten. So wirkt bei einem Streit ein ausgestreckter Mittelfinger wie ein Brandbeschleuniger, der selten ohne Folgen bleibt.

Die einfache Bewegung mit der Hand sorgte beispielsweise am 27. Juni 1994 für große Schlagzeilen: Stefan Effenberg ließ sich im dritten WM-Gruppenspiel im Stadion „Cotton Bowl“ in Dallas zu jener Geste gegen deutsche Fans hinreißen, die ihn fortwährend provoziert hatten.

Das führte prompt zu seinem Rauswurf aus der Fußball-Nationalmannschaft – mitten in der WM. Der damalige DFB-Präsident Egidius Braun begründete die Maximalstrafe so: „Mit 10.000 Dollar hätten wir uns lächerlich gemacht bei den Einkommen der Spieler.“

Doch auch im Alltag, etwa an der Kasse im Supermarkt oder im Straßenverkehr, kann der „Stinkefinger“ den Urheber teuer zu stehen kommen. Einem Polizeibeamten sollte man ihn lieber nicht zeigen, auch wenn er einem gerade ein Knöllchen verpasst hat. Stichwort „strafbare, nichtsprachliche Beleidigung“.

„Der erste Mensch, der beleidigte, anstatt seinem Gegenüber wortlos den Schädel einzuschlagen, legte damit den Grundstein der Zivilisation“, sagte zwar einst der britische Neurologe John Hughlings Jackson. Aber eine Beleidigung fühlt sich oft an wie ein Schlag ins Gesicht – plötzlich, schmerzhaft und überwältigend. Zeigt man dazu noch den Mittelfinger, kann es so manch einen zur Weißglut treiben. Doch wo liegt der Ursprung der berühmt-berüchtigten Geste?

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Die Mittelfinger-Schmähung ist ein Erbe der römisch-griechischen Antike und soll bereits von bekannten Philosophen im Diskurs verwendet worden sein. So schreibt es Reinhard Krüger in seinem Buch mit dem Titel „Der Stinkefinger – Kleine Geschichte einer wirkungsvollen Geste“ (Verlag Galiani-Berlin, 176 Seiten). Vor etwa 2500 Jahren entwickelten die Griechen demnach das phallische Symbol mit der Hand, um sich gegenseitig zu beleidigen, zu verspotten und zu provozieren. Sowohl bei ihnen als auch bei den Römern stellte die Handbewegung einen erigierten Penis dar und wurde als sexuell assoziierte Drohung verstanden.

So soll der griechische Philosoph Diogenes von Sinope Besuchern Athens, die nach dem berühmten Redner Demosthenes fragten, den Mittelfinger gezeigt und dabei gerufen haben: „Hier, da habt ihr euren Demagogen.“

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Die Römer, so Krüger, kannten das Handzeichen dann in ihrer Sprache als „digitus impudicus“, also den „unverschämten Finger“. Während das Erheben des mittleren Handglieds heute eindeutig ein lautstarkes „Du kannst mich mal kreuzweise!“ ausdrückt, war die Geste in der klassischen Gesellschaft nach Ansicht von Historikern eher eine sexuelle Anzüglichkeit.

Der ausgestreckte Mittelfinger ist nicht überall auf der Welt bekannt, oder war es zumindest früher nicht, schreibt Krüger. Schon in der Antike könnten die Germanen das „Enfant terrible“ der fünf Glieder übernommen haben, falls sie nicht bereits etwas Ähnliches hatten. Mit der Expansion der griechischen und römischen Kultur hat sich auch die Bewegung weiter verbreitet.

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Briten zeigen bisweilen auch eine Zweifinger-Variante, den ausgestreckten Zeige- und Mittelfinger (nicht zu verwechseln mit dem „Victory-Zeichen“, bei dem die Hand andersherum gewandt ist). Das hat laut einer Theorie seinen Ursprung im Hundertjährigen Krieg (1337 bis 1453). Die Franzosen sollen damals gefangengenommenen englischen Bogenschützen diese zum Schießen benötigten Finger häufig abgeschnitten haben. Unversehrt entkommene Schützen zeigten die Finger, um Trotz und Kampfgeist zu demonstrieren. Andere ahmten die Kriegshelden nach.

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Quelle: N24 Doku

Mit der transatlantischen Globalisierung soll die Mittelfinger-Geste in die Neue Welt gebracht worden sein: spätestens im 19. Jahrhundert durch italienische Einwanderer nach Nordamerika und von dort zurück nach Europa. Durch globale Medien wie Kino und Musik wurde der Mittelfinger weltweit zum Symbol rebellischen Lebensstils. So ist Country-Legende Johnny Cash 1969 mit dieser Geste während seines Konzerts im amerikanischen San-Quentin-Gefängnis als Rebell weltberühmt geworden.

Anfang der 1960er-Jahre wurde der „Mittelfinger“ in den Duden aufgenommen, 1996 folgte der „Stinkefinger“. Ellen Fricke, Professorin für Germanistische Sprachwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz, spricht von einer emblematischen Geste. Das bedeute: Ähnlich wie gesprochene Wörter habe die ominöse Bewegung mit der Hand eine feste und allgemein anerkannte Bedeutung, wie etwa auch das Okay-Zeichen mit ausgestrecktem Daumen.

Und in der Tierwelt? Zwar sei das Phalluszeigen auch bei Primaten als Dominanzverhalten zu finden, erklärt Fricke. Ein Äquivalent für den Mittelfinger gebe es jedoch nicht, „da Primaten keine abbildenden Gesten ausführen, sondern vornehmlich ritualisierte, handlungsnachahmende Gesten“.

mit Serhat Koçak, dpa

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