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  4. Gescheitertes Gesetz: Das Bürokratie-Desaster der Bundesregierung

Meinung Gescheitertes Gesetz

Die Ampel lässt die Bürokratie einfach weiter brennen

Quelle: dpa
Nicht einmal auf erste Schritte zum Bürokratieabbau kann sich die Ampel einigen: Das entsprechende Gesetz ist nach jahrelanger Vorarbeit gescheitert. Bürokratie bleibt der größte Standortnachteil für Deutschland. Dabei gäbe es effektive Maßnahmen, um das Problem zu lösen, meint unser Gastautor.
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Das Bürokratieentlastungsgesetz der Bundesregierung wäre ein winziges Schrittchen gewesen. Aber es ist offenbar ein zu großer Schritt für die Ampel. Denn selbst das hat sie verstolpert. Nach eineinhalb Jahren Vorarbeit, drei Kabinettsbeschlüssen und drei Monaten Debatten im Bundestag ist das Gesetz von Justizminister Marco Buschmann (FDP) in dieser Woche vorerst gescheitert.

Alle Studien und Befragungen zeigen: Bürokratie ist inzwischen Standortnachteil und Investitionshindernis Nr. 1 – noch vor hohen Steuern, Energiepreisen und Fachkräftemangel. Dabei wäre Bürokratieabbau das einfachste Konjunkturprogramm. Denn unnötige Regeln abzuschaffen kostet kein Steuergeld und ist sofort wirksam.

Es ist wie ein böser Fluch: Alle Politiker sprechen vom dringend notwendigen Bürokratieabbau, aber sie bauen immer mehr Bürokratie auf. Während Buschmanns Gesetz, das ohnehin nur rund eine Milliarde Euro Entlastungswirkung gebracht hätte, nun erst einmal in der Schublade verschwindet, setzt der Bundestag gleichzeitig die europäische CSRD-Richtlinie um, die den Unternehmen rund 1,4 Milliarden Euro an Bürokratielasten draufsattelt. Dabei ist der laufende Erfüllungsaufwand von Regulierungen für die Wirtschaft von 2021 auf 2023 von 4,2 auf 14,4 Milliarden Euro explodiert. Die Folge: 58 Prozent der Unternehmen wollen wegen der Bürokratie nicht mehr in Deutschland investieren.

Warum scheitert dann selbst das kleine Entlastungsgesetz der Ampel? Die einen wollen die paar zaghaften Vorschläge noch einmal zusammenstreichen. Die anderen, vor allem die FDP, wollen immerhin noch etwas hinzufügen. Doch warum beschließen sie nicht schnell, was jetzt schon Konsens ist, und fangen am Tag darauf mit dem nächsten Schritt an? Die FDP selbst fordert sogar, nicht mehr wie bisher nur einmal pro Wahlperiode, sondern jährlich Bürokratieentlastungsgesetze zu beschließen. Dann sollte sie doch damit anfangen.

Wenn ein Haus brennt und sich die Feuerwehrleute nicht einigen können, ob sie mit dem großen A- oder dem kleinen C-Rohr löschen sollen, würden sie immerhin mit dem C-Rohr anfangen und nicht ohne zu löschen weiter streiten. Die Ampel lässt die Bürokratie einfach weiter brennen.

Warum kein automatisches Verfallsdatum?

Noch wichtiger als das kleinteilige Abmildern einzelner Regelungen wäre ein struktureller Ansatz, um Bürokratie spürbar und dauerhaft abzuschaffen. Warum versieht man nicht neue belastende Gesetze mit einem automatischen Verfallsdatum? Es wäre nämlich schwerer, ein umstrittenes und in der Praxis untaugliches Gesetz neu zu beschließen, als ein solches aktiv abzuschaffen.

Ein Beispiel ist das unsägliche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das den deutschen Mittelstand massiv belastet, ohne irgendetwas nachweislich Gutes für die Menschenrechte zu erreichen. Inzwischen sind Union, FDP und sogar der grüne Wirtschaftsminister Habeck für die Abschaffung. Aber solange auch nur eine Koalitionspartei für die Beibehaltung ist, bleibt es bestehen. Mit einem Verfallsdatum wäre es weg.

Dass ein solches Verfallsdatum möglich ist, dokumentiert der Justizminister selbst – er fordert es nämlich für EU-Gesetze. Warum nicht für die Gesetze, für die er mit seiner Regierung im Bund verantwortlich ist? In Hessen gibt es das seit Jahren. Und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder führt es gerade für Landesgesetze ein.

Es gäbe noch mehr Optionen. Zum Beispiel keine Verbeamtungen in der Ministerialbürokratie mehr. Diese Arbeit können auch Angestellte machen. Beamte wird man nie wieder los, selbst wenn man eine Behörde oder ein Ministerium auflöst. Oder Praxis-Checks für neue Gesetze: In Workshops spielen Mittelständler einen neuen Gesetzesvorschlag durch, bevor er im Parlament landet. Die Niederlande machen das erfolgreich – etwa die Hälfte der Gesetzentwürfe wird danach verbessert.

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Aber so langsam ist es zu spät. Die Unternehmer wählen für weniger Bürokratie nämlich nicht mehr Parteien, sondern einfach einen anderen Standort. Irgendwann gibt es dann in Deutschland nur noch Regulierungen, aber keinen mehr, der reguliert wird.

Der Autor ist Geschäftsführer der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die das Bürokratie-Museum in Berlin betreibt. Sie wird von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert.

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