Die FDP will das Streikrecht einschränken. In Unternehmen, die für eine Grundversorgung unerlässlich sind wie Bahn, Kliniken oder Kitas sollen Arbeitsniederlegungen künftig mindestens drei Tage vorher angekündigt werden müssen. Ein Notbetrieb von mindestens 50 Prozent müsse aufrechterhalten werden, heißt es in einem Positionspapier der Bundestagsfraktion.
Eine Partei, der sonst jedwede Form von Regulierung ein Graus ist, will nun genau das: ein Grundrecht regulieren. Aber das ist nicht das eigentlich Interessante an dem Vorschlag. Spannender sind der Zeitpunkt und die Quelle des FDP-Vorstoßes.
Vor einigen Monaten hatte der Wirtschaftsflügel der Unionsparteien, die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), einen fast identischen Plan vorgelegt. Anlass war die Streikwelle der Lokführergewerkschaft bei der Bahn.
Die Liberalen haben also die Vorschläge aus Unionsreihen übernommen. So wie sie das schon bei der CDU-Idee gemacht hatten, Überstunden nicht zu besteuern. Die Union wiederum hatte im April den Zwölf-Punkte-Plan der FDP zur Wirtschaftsbelebung aufgegriffen und in einem ihrer Bundestagsanträge in Teilen kopiert.
Seit Monaten spielen sich FDP und Union besonders im Bereich Wirtschaft gut sichtbar die Bälle hin und her. Wächst da zusammen, was – noch nicht – zusammengehört? Man könnte es meinen. Denn der Vorstoß zum Streikrecht kommt daher wie der Hebel zum Koalitionsbruch.
In einer Woche höchster Nervosität in Berlin, in der die Ampel erbittert um den Haushalt ringt und keiner sagen kann oder will, ob und wie lange die Koalition noch hält, kommen die Liberalen mit einem Vorschlag „Made by Union“ daher, der SPD und Grüne bis aufs Blut reizen wird.
Erinnerungen an das Ende der sozialliberalen Koalition
Tut man das, wenn man eine Lösung im Haushaltsstreit und weiter koalieren will? Oder schafft da einer neben dem großen Brandherd Haushalt weitere Schwelbrände, um so das ganz große Feuer zu entfachen? Es scheint so.
Die Präsentation der Streikpläne ausgerechnet in dieser Woche wäre nicht nötig gewesen. Was derzeit geschieht, erinnert an das Ende der sozialliberalen Koalition 1982. Auslöser des Bruchs waren damals FDP-Pläne zur Stärkung der Wirtschaft und zum Sparen.