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Meinung Handelskonflikt

Das riskante Spiel mit den Ausgleichszöllen

Redakteur Wirtschaft & Innovation
Ein Mitarbeiter des Autobauers BYD prüft ein Fahrzeug Ein Mitarbeiter des Autobauers BYD prüft ein Fahrzeug
Ein Mitarbeiter des Autobauers BYD prüft ein Fahrzeug
Quelle: picture alliance/dpa/Xinhua
Die EU wird diese Woche wohl Zölle auf chinesische Elektroautos verhängen. Das darf nicht zur Abschottung vor Innovation und Preiswettbewerb führen. Das zeigt die Misere der Bundespost in den 1980er-Jahren.
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Die Videoplattform YouTube ist ein zeitgeschichtliches Archiv, auch weil Nutzer VHS-Kassetten mit uralten Aufnahmen digitalisieren. Neu dabei: eine Ausgabe der Sendung „ARD Ratgeber Technik“ von 1983. Eigentlich ist sie längst überholt – und doch indirekt hochaktuell. Es geht um Telefone, sehr teure und zugleich sehr simple Telefone. Denn wer mehr will als ein simples grünes Wählscheibentelefon, so erfuhren die Fernsehzuschauer, muss viel draufzahlen. Absoluter Luxus waren Anrufbeantworter mit Tonbandkassetten: Bis zu 6000 Mark kosteten die Geräte, nach heutiger Kaufkraft rund 6540 Euro.

Eindringlich warnt die Sendung davor, Geräte von japanischen Anbietern zu kaufen. Die verlangten zwar nur den halben Preis, hätten aber nicht die zwingend vorgeschriebene Postzulassung – anders als die Angebote deutscher Hersteller. „Die Preise fürs Telefon, die zum Teil ohne Marktkonkurrenz gestaltet werden, sollen die guten technischen Standards im Leitungsnetz sichern“, doziert eine Sprecherstimme aus dem Off.

Satte 11,80 Mark Aufschlag im Monat kostet selbst ein Telefon mit Zehn-Nummern-Speicher und Wahlwiederholung. Diese empfehlen die Ratgeber-Journalisten eindringlich: „Wer weiter mit der Hand wählt, wird bei den immer stärker überlasteten Leitungen noch weniger Chancen haben, eine Gesprächslücke zu erwischen.“

Die Bundespost als staatlicher Monopolist schottete den deutschen Telekommunikationsmarkt bis Ende der 1980er-Jahre komplett ab. Die Folgen waren übel: Das Netz war teuer, technisch zunehmend vom Weltstandard abgehängt und überlastet. Profiteure waren allein die deutschen Postzulieferer wie Siemens, die auch wenig innovative Geräte für viel Geld loswurden – geschützt vor der Konkurrenz aus dem damals als Billigstandort verschrienen Japan.

Der Angreifer auf dem Weltmarkt heißt heute China. Während die Liberalisierung der Telekommunikation niemand mehr zurückdrehen will, könnte die EU bereits am Donnerstag sogenannte Ausgleichszölle auf chinesische Elektroautos verhängen. Es geht diesmal nicht um die komplette Marktabschottung – aber eben doch um den Schutz der europäischen Autohersteller vor der einerseits hochsubventionierten, andererseits aber auch hochinnovativen Konkurrenz aus Asien.

Es ist ein riskantes Spiel. Allein schon die Drohung bringt zwar die Gespräche mit Peking über unzulässige Subventionen in Gang. Doch wer droht, muss auch bereit sein, die Drohung umzusetzen. Die Zölle könnten laut dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel die Autoexporte aus China um ein Viertel drücken und das Preisniveau für alle Elektroautos in Europa deutlich heben. Profiteur wären die europäischen Hersteller wie Volkswagen, die mehr Zeit bekämen, ihre Softwareprobleme zu lösen und überzeugendere Modelle zu bringen.

Schön für die Hersteller, schlecht für die Kunden: Sie bekommen erst einmal schlechtere Autos zum höheren Preis.

Es darf bei den Zöllen deshalb nur um ungerechtfertigte staatliche Subventionen für Chinas Autobauer gehen, nicht um Abschottung. Denn langfristig ist ein staatlicher Schutz der heimischen Wirtschaft vor Innovation und Preisvorteilen eine Illusion – selbst wenn sie unter dem modischen Schlagwort der europäischen Autonomie geführt wird. Die deutschen Telefonhersteller jedenfalls hat die unaufhaltsame Marktöffnung ab 1989 schnell hinweggefegt.

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