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Meinung Todesfälle bei Studie

Biontech muss jetzt für Transparenz sorgen

Ressortleiterin Wissen WELT/WELT am Sonntag
Quelle: REUTERS
Eine Krebsmittel-Studie des Mainzer Unternehmens wird nach Todesfällen teilweise gestoppt. Dass Patienten während klinischer Studien sterben, ist normal – so zynisch das klingt. Was wirklich irritiert, ist die Reaktion von Biontech. Statt aufzuklären, verklausuliert man.

Biontech ist in der Realität des Pharmageschäfts angekommen. So darf man es wohl ausdrücken, wenn man es wohlwollend meint. Am Mittwoch gab die US-Arzneimittelaufsicht bekannt, dass eine Krebsmittel-Studie wegen Sicherheitsbedenken teilweise gestoppt worden sei. Drei Menschen sind tot, und es ist nicht ausgeschlossen, dass dies mit der Therapie zusammenhängt, die das Mainzer Unternehmen gemeinsam mit seinem chinesischen Partner Medilink erstmals am Menschen testete.

Dass Patienten während klinischer Studien sterben, ist normal, so zynisch das klingt. Krebsmittel werden zunächst an schwerkranken Menschen getestet. Ihre Chancen, länger zu überleben, stehen schlecht. Auch dass Studien scheitern, ist eher die Regel als die Ausnahme: Nur fünf von 100 Krebswirkstoffen erreichen die Zulassung. Doch in diesem Fall starben drei von 52 Probanden im Rahmen einer ersten klinischen Studie. Das bezeichnen selbst Experten als ungewöhnlich. Noch irritierender aber mutet es an, wie sich Biontech dazu verhält. Man spricht von „Sicherheitssignalen“ statt Todesfällen. Statt aufzuklären, verklausuliert man.

Der von den Mainzern mitentwickelte Wirkstoff soll – wenn doch noch alles gut geht – die bei Krebs üblichen Chemotherapien verbessern. Diese wirken, indem sie die Zellteilung stören. Weil Tumore gewöhnlich sehr schnell wachsen, halten sie die Wucherungen auf. Der Nachteil: Die Wirkstoffe machen auch vor gesunden Zellen nicht halt. Gewebe, die sich generell rascher erneuern – etwa die Mund-, Magen- oder Darmschleimhaut – werden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Nebenwirkungen wie Schleimhautentzündungen, Durchfall, Erbrechen, Haarausfall sind die Folge.

Die Strategie von Biontech und Medilink ist, solche Chemotherapeutika an Antikörper zu koppeln, die gezielt Krebszellen aufspüren. Die Behandlung soll so verträglicher und effektiver werden, so die Hoffnung, weil sie gesundes Gewebe verschont. Nun aber sind drei Menschen tot, und es stellt sich die Frage, ob nicht wenigstens einer der Fälle hätte vermieden werden können.

Biontech ist kein kleines Start-up mehr

Die Todesfälle traten während der in dieser Phase üblichen Dosissteigerungen auf. Damit testen Pharmaunternehmen, welche Wirkstoffmengen den besten Nutzen bei akzeptablen Nebenwirkungen erzielen. Bei zwei der Probanden kam es zu Blutvergiftungen, an deren Folgen sie starben. Weitere Patienten erhielten eine noch höhere Dosis, einer entwickelte eine Lungenentzündung, die er nicht überlebte. Längst ist nicht klar, ob die drei Patienten tatsächlich an den Folgen der Behandlung starben oder ob es nicht ohnehin dazu gekommen wäre. Zumal der Patient mit der Lungenentzündung an Covid erkrankt war. Das muss nun ermittelt werden.

Traten die Todesfälle auf, bevor die neue Dosierung verabreicht wurde? Wurden ausreichend Sicherheitsabstände vor der Steigerung der Dosis eingehalten? Doch statt zu erklären, antwortet Biontech auf Fragen zum Ablauf der Studie nicht oder verklausuliert. Man zieht sich auf die Aussage zurück, dass die klinischen Studien einem „strengen Prozess“ unterliegen und „sorgfältig konzipiert und umfassend überwacht“ werden würden. Man spricht davon, dass es „nicht ungewöhnlich“ sei, dass Sicherheitssignale während einer „Dosis-Eskalations-Phase-1-Studie“ beobachtet würden. Das alles ist richtig.

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Und auch wieder nicht, wenn es darum geht, wie Biontech kommuniziert. In der Krise – und nichts anderes ist eine Studie, die aufgrund von Todesfällen nicht weiter ausgedehnt wird – braucht es Transparenz. Gegenüber den Aufsichtsbehörden, den Versuchsteilnehmern und auch gegenüber Investoren und der Öffentlichkeit. Zu der hat sich nach den vielen Skandalen um gefälschte Studien und bestochene Ärzte die Pharmabranche verpflichtet. Die Frage ist, ob Biontech weiß, dass es längst kein kleines Start-up mehr ist, sondern ein Pharmakonzern, der sich Fragen stellen muss.

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