Naturschutz ist populär und im Allgemeinen eine gute Idee. In Europa steht zwar bereits rund ein Fünftel der Landschaft unter Schutz, aber weiterhin bereitet besonders das Verschwinden von Tieren und Pflanzen Sorge. Ursachen sind beispielsweise das Mähen von Wiesen, Überfischung, Überdüngung und künstliche Monokulturen aus Fichten und Mais.
Am Montag hat die Europäische Union ein neues Naturschutzgesetz beschlossen, wonach die Mitgliedstaaten bis 2030 mindestens 30 Prozent der Lebensräume „wiederherstellen“ sollen, bis 2050 sogar 90 Prozent. „Nationale Sanierungspläne“ sollen garantieren, dass der dann erreichte „gute Zustand“ erhalten bleibt, was unter anderem mit diversen Indizes gemessen werden soll.
Hier fangen die Probleme an. Von wenigen größeren Tierarten abgesehen gibt es keine verlässliche Erfassung ihrer Häufigkeit, und die Schwankungen von Jahr zu Jahr sind hoch. Das Streben nach „gutem Zustand“ lässt befürchten, dass alte Fehler im Naturschutz wiederholt werden: Die nostalgisch motivierte Herstellung vermeintlicher Wildnis, die es in Deutschland seit Jahrhunderten aber nicht mehr gibt – alles ist Kulturland.
Ausgerechnet Großstädte weisen dabei die reichste Artenvielfalt auf; im Labyrinth von Straßen und Gebäuden finden Lebewesen geschützte Nischen. Und nährstoffarme Böden erzeugen pflanzliche Vielfalt mit Insekten-Diversität, derer die Sehnsucht gilt. Besonders artenreich sind: Militärübungsplätze, während zwangsbegrünte Straßenböschungen artenarm bleiben.
Die aus Brüssel verordnete „Naturierung“ der Landschaft lässt nichts Gutes ahnen. Sie sieht starre Vorgaben und Quoten für Kommunen vor wie etwa die Vergrößerung von Grünflächen und städtischer Baumkronen, während gleichzeitig der „Green Deal“ der EU nach ausgedehnten Maisfelder-Wüsten und Windkraftanlagen verlangt.
Kritiker des Gesetzes hatten gewarnt: Konflikte zwischen Wohnen, Industrie, Landwirtschaft und Natur seien nur lokal lösbar, nicht von Brüssel aus. Gerade in Deutschland, wo die meisten Großprojekte wegen Umweltbedenken lahmgelegt werden, drohen weitere Probleme. Für Politiker, Bürokratie und angeschlossene Umweltverbände indes bieten Naturschutzgesetze eine bewährte Rechtfertigung für weiteren Handlungsspielraum. Sie werden prosperieren, der Artenreichtum wohl kaum.